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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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gehen davon aus, dass es Menschen – Ungläubige, Christen und Juden – gibt, die wissen, wo diese Aron ha’brit verborgen ist. Charles Bahri, der nun tot ist, besaß Dokumente, die uns zu diesem heiligsten aller heiligen Zeichen hätte führen können. Leider besitzen andere Ungläubige jetzt diese Unterlagen. Du hast die ehrenvolle Aufgabe, ebendiese Dokumente für uns, für das Heil aller Muslime dieser Welt, zu beschaffen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln! Du wirst noch heute Informationen erhalten über die Menschen, die im Besitz der Dokumente sind und die danach trachten, des heiligen Zeichens der Wiederkehr des Imams Mahdi habhaft zu werden. Du, der Statthalter des Schwertes, musst dir im Klaren darüber sein, dass du, wenn nötig, als Märtyrer sterben musst, um die Muslime der Welt in den Besitz dieses Gegenstandes zu bringen. Dein Weg wird dich dabei nach Äthiopien führen. Alah yisallimak – Allah möge dich unversehrt halten.«

3.
     
    P eter war enttäuscht, wütend und traurig. Was soeben passiert war, hatte ihn aus der Fassung gebracht. Seine Nerven lagen wegen der Geschehnisse der letzten Tage ohnehin blank. Und nun auch noch das! Er entschied sich, bei einer Tasse Kaffee über seine weitere Vorgehensweise nachzudenken.
    Nur wenige Touristen schlenderten durch die Gassen des Stadtteils San Polo. Er setzte sich vor eine Eisdiele und bestellte sich einen Cappuccino. Seine Gedanken überschlugen sich. Zwischen ihm und Yvonne war es zu einem Eklat gekommen. Wieder einmal. Seit vier Jahren war er mit ihr zusammen. Kennen gelernt hatte er sie hier in Venedig. Yvonne arbeitete damals als Restauratorin für mittelalterliche Handschriften in der Biblioteca Nazionale Marciana. Zum ersten Mal begegneten sie sich vor der Vitrine, in der das Testament Marco Polos ausgestellt war und weswegen er nach Venedig gereist war. Am Tage seines Museumsbesuchs war Yvonne gerade damit beschäftigt, die handschriftlichen Aufzeichnungen des berühmten Forschungsreisenden aus der Vitrine zu nehmen, um sie zu restaurieren. Aus den wenigen Sätzen, die sie gewechselt hatten, war schnell gegenseitige Begeisterung geworden. Sie kam aus München, er auch; sie liebte alte Bücher und hatte ihre Passion zu ihrem Beruf gemacht, er sammelte alte Bücher; sie war schüchtern, er nicht; er hasste das Alleinsein – und Yvonne gab beim ersten gemeinsamen Mittagessen in einer kleinen Trattoria in der Nähe des Palazzo Tiepolo zu, dass sie einsam sei. Es ging schnell mit ihnen: Sie aßen zusammen, lachten, verloren sich in ihrer Begeisterung für alte Bücher, tranken ein wenig zu viel, vergaßen die Zeit – und verbrachten eine sehr turbulente Nacht miteinander.
    Aus dem lodernden Feuer der ersten Tage und Nächte entwickelte sich nach wenigen Monaten eine tiefe Freundschaft, eine, die auch Spielraum für Sex ließ. Vieles verband sie. Einiges jedoch schien dagegen zu sprechen, dass aus ihrer Freundschaft mehr werden würde. Zumindest er war sich dessen ziemlich sicher und sagte ihr das auch deutlich. Bei Yvonne hatte er, trotz ihrer verbalen Bekenntnisse, hin und wieder Zweifel. Er hielt es nicht für ausgeschlossen, dass sie insgeheim hoffte oder sich danach sehnte, dass sich aus der Freundschaft vielleicht doch noch Liebe entwickeln würde. Sie gab das zwar nicht zu, aber wenn es bei ihnen einmal kriselte, dann beruhte das fast immer auf Yvonnes Eifersuchtsszenen.
    Eine entscheidende Rolle spielte dabei, seine noch immer währende Liebe zu seiner Frau Nicole zu akzeptieren. Nicole war vor sechs Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Doch in seiner Erinnerung lebte sie unauslöschlich. Genau das war Yvonnes Problem. In ihrem tiefsten Inneren sehnte sich Yvonne nach derselben Liebe, die er für Nicole empfand und aus der er auch nie einen Hehl machte. Aber diese tiefen Gefühle konnte er Yvonne nicht geben. Erinnerungen an Nicole lähmten ihn. Sieben Jahre war er mit ihr verheiratet gewesen, und es war die glücklichste Zeit seines Lebens gewesen. Er hatte sie grenzenlos geliebt. Und er vermisste sie noch immer. Es hatte ihn in eine schwere Depression gestürzt, dass sie bei diesem unverschuldeten Verkehrsunfall auf der Autobahn bei Konstanz ums Leben gekommen worden war. Mit Nicole war nicht nur die größte Liebe seines Lebens, sondern auch das Kind in ihrem Bauch gestorben. Sie war im sechsten Monat schwanger gewesen. Ihr gemeinsamer Traum von Kindern – zerstört durch einen betrunkenen Autofahrer. Er

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