Die Verschollenen
ist lecker, und zwar mit großem L«, schaltete sich Shonette wieder ein.
»Jerry ist auch nicht schlecht«, meinte Roberta. »Und er ist richtig nett. Nur dumm, dass er jung genug ist, um mein Sohn sein zu können.«
Ryan blinzelte ein paar Regentropfen weg. »Ich glaube, der steht auf Becka.«
»Stimmt schon«, nickte Shonette, »das sieht selbst ein Blinder.«
»Tja«, fuhr Ryan fort, »ihr wisst ja, wer für mich das heißeste Törtchen im Ofen ist.«
»Jeff«, stellten Shonette und Roberta im Chor fest.
Grinsend nickte Ryan voller Begeisterung.
»Du solltest es wenigstens versuchen«, fand Shonette. »Mach dich doch mal an ihn ran.«
»Nö.« Ryan winkte ab. »Er ist hoffnungslos hetero. Redet die ganze Zeit nur von seiner Frau und seinen Kindern daheim.«
Roberta stieg über einen dicken Ast. »Armer Ryan. Machte diesen wundervollen Urlaub im Südseeparadies und wurde nicht flachgelegt.«
Ryan runzelte die Stirn. »Ich würde das nicht gerade einen Urlaub nennen.«
»Kann sein«, lenkte Roberta ein, »aber trotzdem …«
»Dieser Troy ist auch irgendwie süß«, gab Ryan zu, »wenn auch auf diese psychotische Böser-Bube-Art.«
»Psychotisch?« Roberta strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. »Ich glaube, das passt besser auf Matthew.«
»Allerdings«, nickte Ryan. »Der ist echt allen unheimlich - selbst den Leuten von der Crew. Man fragt sich schon, wie der es in die Endrunde geschafft hat. In dem Onlinebewerbungsformular für Castaways heißt es doch, die Kandidaten müssten in erstklassiger körperlicher und geistiger Verfassung sein, und er muss dasselbe Auswahlverfahren durchlaufen haben wie wir. Also, wie hat er das geschafft?«
»Ganz einfach«, sagte Shonette. »Die Untersuchung hat in Los Angeles stattgefunden, und das medizinische Personal wurde von den Produzenten ausgesucht. Er könnte es also ganz einfach manipuliert haben.«
»Und außerdem heißt es in der Bewerbung auch, die Kandidaten sollten offen, abenteuerlustig und anpassungsfähig sein und interessante Lebensläufe, Hintergrundgeschichten und Persönlichkeiten haben. Ich entspreche keinem dieser Kriterien.«
»Tust du wohl«, widersprach Ryan.
»Nein, tue ich nicht. Hey, ich bin Bibliothekarin!«
Shonette blieb abrupt mitten auf dem Pfad stehen, so dass Ryan fast in sie reingelaufen wäre, bevor er schwankend zum Stehen kam.
Roberta fragte von hinten: »Was ist los?«
Shonette legte einen Finger an die Lippen.
Alle drei lauschten schweigend. Shonette legte den Kopf schief und schirmte mit der Hand ein Ohr ab. Der Wind heulte zwischen den Bäumen und rauschte in den Blättern. Weiter entfernt hörten
sie die Wellen, die an den Strand schlugen. Dann ertönte, wesentlich näher, direkt neben dem Pfad, ein durchdringendes Summen, das beinahe im zunehmenden Lärm des Sturms unterging.
»Was ist das?« Shonette verließ den Pfad und schlug mit einem Ast auf das Unterholz ein. Ryan und Roberta sahen sich an, zuckten mit den Schultern und folgten ihr. Roberta schnüffelte und rümpfte die Nase.
»Riecht ihr das auch?«
»Ich rieche nur den Sturm«, meinte Ryan. »Du weißt schon, dieser elektrisch aufgeladene Geruch?«
»Das meine ich nicht. Hier ist noch was anderes.«
»Was denn?«
Achselzuckend erwiderte sie: »Keine Ahnung. Der Geruch kommt mir bekannt vor, aber ich kann ihn nicht zuordnen.«
Shonette drang tiefer ins Unterholz vor, und widerwillig folgten sie ihr. Das Summen wurde lauter. Ein paar Farne bogen sich zur Seite und gaben den Blick auf etwas Rotes frei. Dann noch mehr Rot. Leuchtende Flecken auf den Blättern und auf dem Boden. Über dem Platz hing ein säuerlicher Gestank, der durch den Regen zwar abgeschwächt, aber immer noch wahrnehmbar war.
»Oh, mein Gott«, keuchte Shonette.
Am Fuß eines Baumes lag Richards Badehose. Die drei Kandidaten erkannten das hellgrüne Kleidungsstück sofort. Die Shorts waren zerfetzt und blutig.
Fliegen krochen über den zerrissenen Stoff und ließen sich von dem rauen Wetter nicht stören. Ein weiterer wuselnder Fliegenhaufen bedeckte ein Ding, das ein Stückchen weiter weg lag. Shonette stach mit ihrem Stock in das Ding, und die Insekten flogen davon. Es war der Teil einer menschlichen Hand. Sie war am Gelenk vom Arm abgetrennt und dann in der Mitte durchgeschnitten worden. Nur Ringfinger und kleiner Finger waren noch übrig, sie hingen an einem zerfledderten Stück der Handfläche. Aus dem Fleisch ragten Knochen und Sehnen hervor.
Shonette krümmte sich
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