Die Verschollenen
bevor die Kryptiden auch die Helfer erwischten.
Seufzend packte er seinen Speer. Das Steinmesser
hatte er während seiner Flucht verloren, nachdem er es dazu benutzt hatte, einem angreifenden Monster die Zähne einzuschlagen.
»Alles in allem«, stöhnte er, »wünschte ich, ich wäre wieder in Seattle. Eine Million ist zu wenig für diesen Scheiß hier. Ich hoffe nur, du hast deine Kleine gefunden, Jerry.«
Er suchte sich vorsichtig einen Weg an der Kante entlang, wobei er möglichst oft in Deckung blieb, falls doch noch Monster aus dem Dschungel gestürmt kämen. Er war immer noch nicht wirklich davon überzeugt, dass sie die Jagd aufgegeben hatten.
Troys Magen knurrte. Er rieb sich den Bauch und versuchte sich daran zu erinnern, wie lange seine letzte Mahlzeit zurücklag. Das war einige Zeit vor dem Sturm gewesen. Das Frühstück hatte aus Reis und ein paar Brocken getrocknetem Fisch bestanden, die er mit geschmacklosem, abgekochtem Wasser runtergespült hatte. Seitdem hatte er nichts mehr gegessen. Als ihm das bewusst wurde, fühlte er sich plötzlich völlig ausgehungert. Bis zum Morgengrauen würde es nur noch ein paar Stunden dauern. Er musste es lediglich zur Landezone schaffen und in den Helikopter steigen, dann könnte er in ein paar Stunden auf dem Schiff Pancakes mit Blaubeeren und Ahornsirup und knusprigen Bacon essen.
Und zur Krönung des Ganzen eine Zigarette.
Er erreichte eine Stelle, an der die Klippe nicht
mehr ganz so steil war. Hier fiel das Gelände in sanften Stufen zum Strand hin ab. So wie es aussah, war hier irgendwann mal Wasser geflossen, das Geröll an der Klippe angehäuft hatte. Große Felsbrocken, Schlamm, tote Bäume und anderes Treibgut schufen einen klar erkennbaren, wenn auch tückischen Pfad zum Strand. Troy musterte ihn aufmerksam. Dieser Erdrutsch war die schnellste Alternative. Er wusste nicht, wie weit er noch gehen müsste, um eine einfachere Abstiegsmöglichkeit zu finden - falls es überhaupt eine gab. Seine Gedanken wanderten wieder zu Jerry und Becka. Er konnte nur hoffen, dass es ihnen gut ging.
Vorsichtig begann er mit dem Abstieg. Unter seinen Füßen lösten sich Erdklumpen und Kieselsteinchen und rollten durch die Dunkelheit davon. Das Gefälle verstärkte die Schmerzen in seinem Rücken, doch Troy kletterte weiter. Besser ein schmerzender als ein als Leckerbissen in den Mäulern der Monster verschwindender Rücken. Der Wind zerrte an ihm. Einmal schaute er nach unten und hatte das Gefühl, zu fallen. Er lehnte sich wieder zurück, klammerte sich an einen Stein und kämpfte gegen den Schwindel an.
»Heilige Scheiße, da kann man aber verflucht tief fallen.«
Er schlängelte sich um Treibholz und Felsbrocken herum und rutschte mehrmals in der lockeren Erde aus, schaffte es aber, das Gleichgewicht zu halten.
Bei jedem dieser Manöver biss sich Troy auf die Lippe, um nicht laut aufzuschreien. Er packte einen vorstehenden Ast, um sich abzustützen, und zog dabei den Zorn eines brütenden Vogels auf sich, der sein Nest bedroht sah. Er schoss auf Troy zu und hackte mit dem Schnabel auf seine Hand ein.
»Hör auf, verdammt! Ich werde weder dir noch deinen Babys etwas tun.«
Kreischend hackte der Vogel ein weiteres Mal zu. Diesmal war die Wunde so tief, dass sie blutete. Troy riss seine Hand weg und ließ dabei den Speer fallen. Er rollte über den Abhang und schlug krachend unten auf. Der Vogel schrie immer lauter.
»Aauuu, du Mistvieh! Hör auf damit. Verpiss dich und lass mich in Ruhe!«
Seine Flüche wurden mit einem leisen Knurren über seinem Kopf beantwortet. Mit einem klagenden Schrei hob der wütende Vogel ab und ließ seine Eier im Stich. Oben auf der Klippe verwandelte sich das Knurren in ein quietschendes Bellen. Ganz langsam hob Troy den Kopf. An der Kante zum Abgrund zeichnete sich vor dem Mond die Silhouette eines einzelnen Kryptiden ab. Grinsend schob er sich auf den Abhang und kam mit weiten, hopsenden Schritten auf Troy zu. Troy wich zurück, während das Monster sich ihm näherte. Als es wieder ins Licht trat, konnte er sehen, dass es eines der missgestalteten war. Zwischen seinen Beinen hing ein bleicher, spitzer Penis. Troy vermutete, dass das Organ
nicht zu gebrauchen war. Das Mondlicht tauchte es in einen kränklich blassen Schein. Das dunkle Fell des Monsters war schmutzverklebt, von Insekten zerfressen und an einigen Stellen ganz ausgefallen. An den kahlen Stellen wölbten sich aufgeblähte Beulen unter der Haut. Wahrscheinlich Tumore,
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