Die Verschwörer von Kalare
blies in die Luft. »Ja. Gescheit wie immer.«
»Nicht immer«, entgegnete Tavi. Er hörte selbst die Verbitterung in seiner Stimme. »Nasaug hat mich zum Narren gehalten.«
»Wie?«
»Ich habe tatsächlich geglaubt, er würde den Angriff verzögern, weil er sich gegen Sarl auflehnt. Das war aber überhaupt nicht der Fall. Sarl war dumm genug, den Großangriff zu befehlen, als es noch eine Stunde Tageslicht gab. Nasaug hat dies bis zum Einbruch der Nacht verzögert, denn damit hatten die Canim einen entscheidenden Vorteil. Er hat das Tor aufgebrochen und daraufhin die Truppen vorgeschickt, die er am ehesten entbehren konnte, damit sie die Verluste tragen, die er durch
unsere Falle erleiden musste.« Tavi schüttelte den Kopf. »Ich hätte durchschauen müssen, was er vorhatte.«
»Selbst wenn«, wandte Max ein, »hätte es keinen Unterschied ausgemacht.«
»Und diese Bolzenschleudern.« Tavi wurde flau im Magen, als er an die vielen Männer dachte, die ihnen zum Opfer gefallen waren. »Warum habe ich herumgesessen und mir eingebildet, sie würden nur von Hand geworfene Geschosse benutzen?«
»Weil sie nie zuvor andere Waffen benutzt haben«, sagte Max. »Niemand konnte das ahnen. Ich habe überhaupt zum ersten Mal davon gehört.«
»Trotzdem«, sagte Tavi.
»Nichts da«, erwiderte Max. »Sollen es die Krähen holen, Calderon. Du hast eine Menge mehr geleistet, als je irgendwer von dir erwartet hätte. Vermutlich mehr, als überhaupt in deiner Macht steht. Mach dir keine Vorwürfe. Du hast die Canim nicht hergeschickt.«
Im Dunkeln hallte der Schrei eines Cane vom Fluss herauf.
Tavi lachte müde. »Weißt du, was mich am meisten beschäftigt?«
»Was?«
»Als ich am Ufer war und diese Canim auf mich zuliefen und diese Löwen sich erhoben, da habe ich für eine Sekunde …« Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich hätte sie vielleicht selbst gerufen. Dass es meine Elementare wären. Vielleicht habe ich nicht …« Ihm schnürte sich die Kehle zu.
Max sagte leise aus der Dunkelheit: »Vater hat mir nie gestattet, einen Elementar in seiner Gestalt erscheinen zu lassen. Als Wesen, weißt du? Wie der Steinhund deines Onkels oder der Feuerfalke von Fürstin Placida. Aber er hat mir auch nie etwas über Wasser beigebracht, und in der Bibliothek habe ich dieses alte Buch mit Geschichten gefunden. Darin kam so ein Wasserlöwe vor. Also … das Wasserwirken habe ich mir zum größten Teil selbst beigebracht. Und da er nicht dabei war, ist dieser
Löwe herausgekommen. Ich habe ihn Androkles genannt.« Tavi glaubte, Max sei errötet, war sich aber im Dunkeln nicht sicher. »Ich war ziemlich einsam nach dem Tod meiner Mutter.«
»Crassus muss das gleiche Buch gelesen haben«, sagte Tavi.
»Ja. Lustig. Hätte nie gedacht, dass ich irgendetwas mit ihm gemeinsam habe.« Unruhig rutschte er hin und her. »Tut mir leid. Weil es nicht das war, worauf du gehofft hattest.«
Tavi zuckte mit den Schultern. »Ist schon in Ordnung, Max. Vielleicht wird es Zeit, dass ich aufhöre, von eigenen Elementaren zu träumen, und mich mit der Wirklichkeit abfinde. Ich habe mich so lange danach gesehnt, aber … eigentlich machen Elementare keinen Unterschied, oder?«
»Jedenfalls keinen, der wichtig wäre«, erwiderte Max. »Nicht im Inneren. Mein Vater hat mir immer gesagt, die Elementarkräfte würden einen Mann nur mehr zu dem machen, was er bereits ist. Ein Narr mit Elementaren bleibt immer noch ein Narr. Ein guter Mann mit Elementaren bleibt ein guter Mann.«
»Der alte Killian hat mir das auch so ähnlich erklärt«, sagte Tavi. »Am Tag unserer Prüfung im Kampf. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, er hat versucht, mir begreiflich zu machen, dass die Welt nicht nur aus Elementaren besteht. Dass das Leben nicht darauf beschränkt ist, was ich mit ihnen tun kann.«
»Er war ja auch nicht dumm«, meinte Max. »Calderon, ich weiß, wozu du in der Lage bist. Ich verdanke dir mein Leben, trotz all meiner Elementarkräfte. Du warst derjenige, der am Ende noch aufrecht gestanden hat. Und das gilt doppelt, was Gaius betrifft. Du hast Meuchelmörder und Ungeheuer getötet, ganz allein. Du bist einem Kriegsmeister der Canim gegenübergetreten, ohne Waffen und ohne Elementarkräfte, mit denen du dich verteidigen könntest, und ich kenne niemanden sonst, der das gewagt hätte. In dieser Falle im Süden der Brücke sind in einer Stunde mehr Canim gestorben als durch die Legionen in den letzten zehn Jahren. Und mir
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