Die Verschwörer von Kalare
verschwindest von hier.«
Ehren schwieg.
»Es ist deine Pflicht«, sagte Tavi leise. »Der Erste Fürst muss erfahren, wozu die Ritualisten fähig sind. Und er muss über diese Bolzenwerfer Bescheid wissen, die die Canim einsetzen. Und …« Er schüttelte den Kopf. »Sag ihm, wir würden eine Möglichkeit finden, die Brücke zum Einsturz zu bringen. Irgendwie. Und richte ihm mein Bedauern aus, dass ich sie nicht halten konnte.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Dann sagte Ehren: »Ich kann doch nicht einfach losgehen und meine Freunde zurücklassen.«
»Du sollst nicht gehen, sondern reiten. So schnell du kannst.« Tavi erhob sich und setzte den Helm wieder auf. Er legte Ehren die Hand auf die Schulter und blickte ihm in die Augen. »Wenn Gaius nicht wenigstens einen Augenzeugenbericht über die Ereignisse hier bekommt, war alles vergeblich. Tu uns das nicht an.«
Dem kleinen Kursor klebte das regennasse Haar am Kopf. Er nickte resigniert. »Also gut.«
Dankbar drückte Tavi seine Schulter. Zumindest einen Freund würde er lebend aus dieser Katastrophe bringen. »Na los, ab mit dir.«
Ehren lächelte ihn schwach an und salutierte lässig, ehe er sich umdrehte und davoneilte.
Aus der Dunkelheit sprach plötzlich Max: »Er hat recht, weißt du.«
Tavi erschrak und starrte in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. »Bei den Krähen, Max. Du hast mich gerade zehn Jahre meines Lebens gekostet.«
Max schnaubte. »Sieht so aus, als würdest du glauben, du brauchst sie sowieso nicht mehr.«
»Du solltest etwas essen«, erwiderte Tavi. »Dich ausruhen. Wir brauchen deine Elementarkräfte bald.«
Zur Antwort holte Max eine Keramikschüssel unter dem Mantel hervor und reichte sie Tavi. Sie war so heiß, dass er es selbst durch die Handschuhe spürte, und als ihm der Duft des kräftigen Eintopfs in die Nase stieg, übernahm sein Magen den Befehl, und er schlang das heiße Essen rücksichtslos hinunter und zerkaute dabei kaum das Fleisch. Max hatte eine zweite Schüssel und leistete Tavi Gesellschaft.
»Also gut«, meinte Tavi. »Vermutlich sollte ich …«
»Marcus kümmert sich darum«, sagte Max. »Du sollst essen. Eine Minute sitzen. Also lehn dich zurück.«
Tavi schüttelte den Kopf und wollte widersprechen, doch angesichts der Schmerzen überall im Körper lehnte er sich einfach an die Mauer.
»Es sieht ziemlich übel aus, nicht wahr?«, fragte Tavi leise. Max nickte. »So schlimm habe ich es noch nie erlebt.«
Aus erschreckender Nähe hörte man das hektische Fauchen eines wütenden Cane und wildes Platschen im Wasser. Max hatte das Schwert gezogen, ehe das Geräusch wieder aufgehört hatte, und sein Blick schweifte in alle Richtungen. »Was, bei den Krähen …«
Tavi hatte sich nicht gerührt. »Das war im Fluss unter uns.«
Max zog eine Augenbraue hoch. »Sollte uns das nicht Sorgen machen, wenn sie Krieger ans andere Ufer schicken?«
»Nicht besonders. Das geht schon seit Einbruch der Dunkelheit so. Bislang hat es allerdings keiner bis zu dieser Seite geschafft.«
Max runzelte die Stirn. »Wasserelementare?«
»Glaubst du, die Heiler würden ihre Zeit damit verschwenden?«, fragte Tavi.
»Du bist schlauer, als gesund für dich ist, Calderon«, grollte Max.
»Haie«, erwiderte Tavi.
»Wie bitte?«
»Haie. Große Fische mit großen Zähnen.«
Max legte die Stirn kraus. »Fische?«
»Hm-mm. Werden von Blut im Wasser angezogen. Tribuna Cymnea hat von allen Metzgern im Lager und in der Stadt Blut gesammelt und in den Fluss gegossen. Die Haie sind der Spur vom Meer bis hierher gefolgt. Zu Hunderten. Jetzt schnappen sie sich alles, was im Wasser schwimmt.« Er deutete vage zum Fluss. »Ein alter Fischer, der den Fluss kennt, hat mir erzählt, es sei sogar ein junger Leviathan gekommen. Ein kleines Tier, nur ungefähr vierzig Fuß lang.«
Max knurrte. »Fische. Früher oder später werden sie satt sein, und dann bringen die Canim einen Sturmtrupp auf diese Seite des Flusses. Du solltest mir erlauben, meine Reiter hinauszuschicken, damit sie das Ufer bewachen.«
»Nicht notwendig«, antwortete Tavi. »Kitai wird jeden Cane entdecken, der es auf unsere Seite schafft.«
»Ach?«, sagte Max. »Sie ist nur eine, Calderon. Was kann sie, wozu fünfzig meiner Männer nicht in der Lage sind?«
»Im Dunkeln sehen«, erwiderte Tavi.
Max fiel die Kinnlade herunter. »Oh.« Er schloss den Mund wieder.
»Außerdem«, meinte Tavi, »wäre sie hier, wenn sie nicht dort wäre.«
Max
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