Die Verschwörer von Kalare
Gewohnheiten auskenne. Manchmal trinkt er sogar mit Branntwein versetzten Wein. Aber er … er lässt sich davon nicht beherrschen.«
»Es hat gar nichts damit zu tun, ob er sich beherrschen lässt oder nicht«, erwiderte Magnus. »Es wäre viel zu leicht, dort einen Unfall herbeizuführen, wenn er voll Drogen und Wein in einer
Lusthöhle liegt, statt aufzupassen, ob ihm jemand ein Messer in den Rücken stoßen will.«
»Seine Stiefmutter?«
»Vorsicht«, sagte Magnus und blickte sich um. »Hat Max dir jemals etwas über seine Familie erzählt?«
»Nein«, antwortete Tavi. »Aber ich habe immer gedacht, die Narben auf seinem Rücken würden für sich selbst sprechen.«
Magnus schüttelte den Kopf. »Max ist der uneheliche, aber anerkannte Sohn des Hohen Fürsten von Antillus. Der Hohe Fürst hat drei Jahre nach Maximus’ Geburt geheiratet, eine Eheschließung mit politischem Hintergrund.«
»Die Fürstin von Antillus«, sagte Tavi.
»Und Crassus ist aus dieser Verbindung hervorgegangen«, erklärte Magnus.
Tavi runzelte die Stirn. »Glaubt sie, Max könnte eine Bedrohung für Crassus darstellen?«
»Maximus ist in den Legionen des Nordens sehr beliebt, und auch bei zumindest einem anderen Hohen Fürsten. Er ist ein mächtiger Elementarwirker, und eines Tages könnte er der beste Schwertkämpfer in der Geschichte von Alera werden. Außerdem hat er an der Akademie viele neue Freunde gefunden.«
»Na ja«, meinte Tavi. »Ich weiß nicht, ob ich die meisten derjenigen, mit denen er Zeit verbracht hat, als ›Freunde‹ bezeichnen würde.«
»Du wärest überrascht, wie viele Bündnisse auf einstmaligen flüchtigen Liebschaften gründen«, erwiderte Magnus. »Besser gesagt: Man weiß, dass er unter anderem ein guter Freund des Pagen des Ersten Fürsten ist, und seine Aufsässigkeit gegenüber Befehlen ist ebenfalls bekannt.«
»Max will gar nicht Hoher Fürst werden«, meinte Tavi. »Er würde binnen einer halben Stunde schreiend davonlaufen. Das weiß er.«
»Trotzdem«, sagte Magnus, »hat er Verbündete gefunden. Er verfügt über einigen Einfluss in mehreren Legionen und bei so
manchem Fürsten, darunter auch beim persönlichen Gefolge von Gaius. Vergiss für einen Moment deine Freundschaft mit ihm und betrachte es einmal ganz nüchtern, Bursche. Wenn er sich nun doch entschließen würde, Hoher Fürst werden zu wollen?«
Tavi wollte etwas einwenden, doch er ging die Sache im Kopf durch und spielte sie in verschiedenen Varianten durch, die ihm Logik, Instinkt und Beispiele aus der Geschichte vorgaben, ganz so, wie er es von den Kursoren gelernt hatte.
»Er könnte es tun«, sagte er schließlich leise. »Wenn Crassus etwas zustößt, wäre er die einzig vernünftige Wahl. Und selbst wenn nicht: Falls die Legionen von Antillus ihn dem kleinen Bruder gegenüber vorziehen und ihn andere Hohe Fürsten sowie der Erste Fürst unterstützen würden, wäre die Sache besiegelt. Es würde ihn nicht einmal viel Mühe kosten.«
»Genau.«
»Aber er will nicht, Maestro, ich kenne ihn doch.«
»Du kennst ihn«, meinte Magnus, »seine Stiefmutter hingegen nicht. Und es ist ja nicht der erste Unfall des jungen Antillar.« Sie hatten nur eine kurze Runde um das Innere des Übungsplatzes gedreht und kamen wieder am Lazarett an, und zwar gerade rechtzeitig, um zu beobachten, wie die Fürstin von Antillus und Crassus die Marschbahn überquerten und auf das Zelt von Max zugingen.
»Max hat Angst vor ihr«, murmelte Tavi.
»Sie hat auch alles dafür getan, damit er sich vor ihr fürchtet«, sagte Magnus. »Und sie ist tödlich in ihrer Schlauheit, Junge. Mächtig, verschlagen, böswillig. Ihre Feinde sterben auf beunruhigende Weise, und doch führt nicht die kleinste Spur in ihre Richtung. An ihren schmutzigen Händen klebt nicht der winzigste Tropfen Blut. Wenige im Reich sind so gefährlich wie sie.«
»Sie kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Tavi leise. »Wie jemand, den ich eigentlich kennen sollte.«
Magnus nickte. »Viele meinen, ihr Neffe Brencis sei beinahe ein Spiegelbild von ihr.«
Tavi biss die Zähne zusammen. »Kalarus.«
»Hm-mm«, machte Magnus. »Die jüngere Schwester des Fürsten von Kalare - und das einzige Geschwisterkind, das noch lebt.«
Tavi schüttelte den Kopf. »Und Max’ Vater hat sie geheiratet?«
»Wie ich schon sagte, politische Gründe.« Magnus schaute zu, wie die beiden herankamen. »Ich nehme an, der Fürst von Antillus hat kaum mehr für sie übrig als Max. Und jetzt,
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