Die Verschwörer von Kalare
diese Ehrlichkeit in der Stimme gehört, doch ihr Benehmen hatte sich völlig anders angefühlt. Beide Frauen hielten natürlich Wort - doch lag der Grund bei Aria in ihrer Rechtschaffenheit, während die Fürstin von Aquitania einfach nur berechnend war und die eigenen Interessen im Auge hatte. Die Fürstin von Aquitania konnte äußerst gut verhandeln, und um verhandeln zu können, musste einem der Ruf vorauseilen, dass man sich an seine Seite der Abmachung hielt. Mit eiserner Entschlossenheit zahlte sie daher, was sie schuldig war, und verlangte gleichzeitig, dass man ihr zahlte, was man ihr schuldig war. Ihre Aufrichtigkeit bezog sich eher darauf, Schulden und Guthaben aufzurechnen, es ging ihr dabei weniger um Recht und Unrecht.
Das war eins der Dinge, die die Fürstin Aquitania zu einer besonderen Gefahr werden ließen, und plötzlich wurde sich Isana bewusst, dass sie sich vor ihrer Schutzherrin fürchtete - und zwar nicht nur vor dem, was die Fürstin ihr selbst antun könnte, sondern auch denen, die ihr nahestanden. Isana hatte entsetzliche Angst vor ihr.
Das war ihr bisher nie so bewusst geworden. Oder vielleicht hatte sie es sich nur nie eingestanden. Arias einfaches Hilfsangebot hatte für die Zukunft ganz andere Aussichten eröffnet. Vielleicht brauchte Isana diese Unterstützung, um sich der Angst zu stellen, die sie verdrängt hatte. Plötzlich schöpfte sie neue Hoffnung.
Zitternd legte sie die Hände vors Gesicht. Still rannen ihr Tränen über die Wangen, und sie hielt sie nicht zurück. Sie saß in diesem friedlichen Gärtchen und ließ einen Teil der Verbitterung
mit den Tränen herausströmen, und schließlich, als sie aufhörte zu weinen, fühlte sie sich besser. Nicht in Hochstimmung, nicht in Ekstase, aber besser. Die Zukunft war nicht in Stein gemeißelt und wirkte längst nicht mehr so düster.
Isana murmelte Bächlein zu, er möge die Tränen aus ihren Augen nehmen und der geröteten Haut im Gesicht den natürlichen Ton zurückgeben, dann verließ sie den Garten und stellte sich von neuem der Welt.
11
Max grinste Tavi an. »Es heißt, wenn man durch den Mund und nicht durch die Nase atmet, kann man das Frühstück besser bei sich behalten.«
Tavi seufzte. Er blickte an sich hinunter. Seine Hose war bis über die Knie mit der ekligsten Brühe durchnässt, die man sich vorzustellen vermochte. Einiges davon war auch auf Tunika, Arme und Hals gespritzt, und bestimmt sogar in die Haare und auf das Gesicht. »Ich soll in dem Zeug mit offenem Mund herumwaten? Der Gestank ist schon schlimm genug. Ich möchte es nicht noch schmecken müssen.«
Max lümmelte sich auf einem Klapphocker am Rande des Übungsplatzes und schaute zu, wie Schultus und die Kameraden seines Speers mit echtem Stahl und in glänzenden nagelneuen Rüstungen übten. Schultus hatte die Aufsicht, während Max die neuen Rekruten beobachtete. »Schultus?«, rief Max. »Ein bisschen lockerer. Wenn du die Schultern so anspannst, kannst du nicht so schnell zustechen.«
Tavi schnaubte. »Glaubt er immer noch, dass du ihn umbringen willst?«
»Zuerst war es ganz lustig«, meinte Max. »Und sogar nützlich. Inzwischen ist ein Monat vergangen, und er sollte es begriffen haben.«
Tavi schnaubte erneut und nahm sich eine Kelle Wasser aus dem Eimer.
»Hey«, protestierte Max. »Stell dich nicht in die Windrichtung.«
Doch Tavi schleuderte das Wasser in Max’ Richtung, ehe er eine neue Kelle nahm und vorsichtig in kleinen Schlucken trank. Zu seinem Leidwesen hatte er lernen müssen, welch unangenehme Auswirkungen es auf seinen vom Gestank gebeutelten Magen haben konnte, wenn er zu schnell trank.
»Und was lässt er dich jetzt machen?«, fragte Max.
»Inspektionen«, seufzte Tavi. »Ich darf jede einzelne Latrine abmessen und prüfen, ob sie die richtige Größe hat. Danach muss ich das Fassungsvermögen berechnen und abschätzen, wie schnell sie sich füllen. Anschließend muss ich das Ausheben neuer Latrinen und das Auffüllen der alten überwachen.«
»Hast du deine Darmgrippe hinter dir?«, erkundigte sich Max.
Tavi verzog das Gesicht. »Ja, endlich. Hat vier Tage gedauert. Und der Hauptmann hat Foss gebeten, mir einen Tee zu brauen, der mir hilft, andere Krankheiten zu verhindern.«
»Und, wirkt er?«
»Ich würde lieber krank werden. Du solltest nur einmal an diesem Zeug riechen, das Foss zusammenbraut.«
Max grinste. »Und wenn du schon denkst, es würde schlimm riechen …«
»Danke. Was mir noch gefehlt hat, ist
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