Die Verschwörer von Kalare
Felsengrotte und war offensichtlich aus den Bäumen und Ranken gebaut, die in die Grotte gepflanzt worden waren und hier
wie lebendige Trennwände, Brücken und Treppen wuchsen. Die Tische standen auf Felspodesten unterschiedlicher Höhe um das Becken. Einige befanden sich sogar auf kleinen Steininseln mitten im Wasser, und dorthin wurden die Gäste von den Dienern in grazilen und von Elementaren angetriebenen Booten gebracht.
Elementarlampen über den Tischen verbreiteten bunten Lichtschein, dessen Farben sich in einem langsamen, aber stetigen Kreislauf veränderten. Aus der Ferne sah es aus, als würden Leuchtkäfer über dem Wasser schweben. Auch im Teich selbst brannten Lichter, die ebenfalls die Farben wechselten und Schatten an den Wänden der Grotte erzeugten.
Sänger, meist junge Frauen, standen auf erhöhten Felsen oder saßen auf niedrigen Ästen der Bäume. Mit ihren klaren Stimmen sangen sie wunderschöne und traurige Lieder. Instrumente begleiteten die Stimmen und hallten ohne erkennbare Quelle durch den Saal.
Ein Bediensteter führte Isana zu einem Tisch, der auf einem Felssims über dem Teich stand und von den kräftigen Wurzeln eines Baumes, der von hier in die Höhe wuchs, eingerahmt wurde. Sie hatte gerade erst Platz genommen, als auch Bernard und Amara eintrafen, und hinter ihnen folgte Giraldi.
Isana erhob sich, ließ sich von ihrem kleinen Bruder wie von einem Bären liebevoll umarmen und spürte sofort, dass etwas Besonderes geschehen sein musste. Diese Aufregung und diese Fröhlichkeit hatte sie bei ihm nicht mehr gefühlt, seit … Isana holte tief Luft. Seit er geheiratet hatte. Sie blickte ihm kurz in die Augen, und sein Glück ließ sie lächeln, ehe sie Amara ansah.
Die Gräfin wirkte wie immer - unnahbar, golden und schwierig zu deuten. Sie hatte die honigfarbene Haut, wie sie unter den Menschen im sonnigen Parcia unten im Süden so verbreitet war, und ihr glattes feines Haar besaß fast die gleiche Farbe, was ihr, wenn sie sich nicht bewegte, das Aussehen einer Statue gab, der Steinfigur einer schlanken, wachsamen und gefährlichen Jägerin. Isana hatte allerdings inzwischen festgestellt, dass dies nur eine
Facette ihrer Persönlichkeit war. Ihre Schönheit war am besten in der Bewegung erkennbar, wenn sie ging oder flog.
Isana wandte sich Amara zu, doch die Gräfin wich ihrem Blick aus. Amaras Wangen röteten sich, und ihre für gewöhnlich zurückhaltende Miene veränderte sich und nahm einen mädchenhaft verzückten Ausdruck an. Sie zappelte nervös und griff, ohne es zu bemerken, nach Bernards Hand, ehe sie wieder ruhig wurde.
»Nun«, sagte Isana zu ihrem Bruder. »Soll ich uns eine Flasche zum Feiern bestellen?«
»Warum fragst du?«, meinte Bernard selbstgefällig.
»Weil sie nicht dumm ist«, knurrte Giraldi. Der alte Zenturio mit dem grauen Haar war trotz seines Hinkens immer noch ein kräftiger Mann. Er trat an Bernard vorbei und verneigte sich höflich vor Isana. Sie lachte und umarmte ihn. Giraldi lächelte, offensichtlich zufrieden. »Aber für mich brauchst du nichts Besonderes zum Trinken bestellen. Nur etwas, damit das Essen schmeckt, wenn ich genug davon trinke.«
»Dann brauchst du so gut wie gar nichts«, meinte Amara. »Das Essen hier ist wunderbar - nur die Schlemmer aus meiner Heimatstadt schätzen es nicht. Sie mögen es nicht, wenn irgendein Koch sie dazu verleitet, zu viel zu essen, indem er ihre Erwartungen übertrifft, schätze ich.«
Giraldi brummte und blickte sich um. »Ich weiß nicht. Eine Menge feiner Leute hier.« Er deutete mit dem Kopf auf einen Tisch über ihnen. »Dort speist die Hohe Fürstin von Parcia mit der Tochter der Hohen Fürstin von Attica. Ein paar Senatoren dort drüben. Und da ist Fürst Mandus aus Rhodos. Er ist Flottentribun in deren Marine. Das ist nicht gerade die Sorte Leute, die anständiges Essen bevorzugt.«
Amara lachte. »Wenn die Speisen nicht nach deinem Geschmack sein sollten, Zenturio, werde ich jemandem Geld geben, damit er dir ein ordentliches Stück Fleisch und einen Krug Bier holt.«
Giraldi grinste. »Na ja, dann …«
Isana betrachtete Amara. In ihrer Stimme lag eine Wärme, eine ganz besondere Art, wie sie sie bei der Kursorin noch nie zuvor gespürt hatte. Isana respektierte Amara durchaus, aber als sie nun sah, wie glücklich Bernard mit ihr war, fiel es ihr schwer, die Zuneigung, die ihr Bruder für sie empfand, nicht zu teilen. Außerdem trug sie sogar ein Kleid, was eigentlich ungewöhnlich für
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