Die Verschwörer von Kalare
meinte Amara. »So wie ich die Lage im Senat sehe, würde jede Gesetzeseingabe zur Abschaffung der Sklaverei an den Senatoren aus dem Süden scheitern. Rhodos und Kalare verfügen über ausreichend Stimmen, um alle Bemühungen in dieser Richtung zu Fall zu bringen.«
Isana runzelte die Stirn. Amaras Kenntnisse beruhten auf dem, was die Spione der Krone herausgefunden hatten. Wenn sie die Verschiebung in den Machtverhältnissen nicht bemerkt hatte, so mochte das auf den Ersten Fürsten ebenfalls zutreffen. »Die Senatoren von Rhodos haben den Gegnern der Sklaverei ihre Unterstützung zugesagt.«
Amara erstarrte. » Alle ?«
»Ja«, sagte Isana. »Ich dachte, das hättest du längst gewusst.«
Die Kursorin schüttelte den Kopf und presste die Lippen
zusammen. Isana spürte, wie Amara innerlich unruhig wurde. »Wann ist das geschehen?«
»Ich weiß nicht genau«, meinte Isana. »Während der Reise der Fürstin von Aquitania habe ich zwei Angehörige der Liga gehört, die sich darüber unterhielten. Vielleicht vor drei Wochen?«
Amara erhob sich unvermittelt und sagte scharf: »Bernard, ich muss mich sofort beim Ersten Fürsten melden.«
Bernard betrachtete sie voller Sorge. »Warum? Amara, was ist denn los?«
»Das ist zu viel«, sagte Amara und blickte ins Leere. Sie sprach in knappen Sätzen, ganz wie ihre wilden Gedanken kamen. »Kalare wird in die Ecke gedrängt. Er wird jetzt nicht stillhalten. Das kann er nicht. Zwischen dem Abschaffungsgesetz und dem Brief … Wir sind noch nicht so weit. Oh, gute Krähen, wir sind noch nicht so weit.«
Isana fühlte, dass sich die Sorge der Kursorin zu Angst steigerte. »Was meinst du damit?«
Amara schüttelte rasch den Kopf. »Tut mir leid. Mehr wage ich nicht zu sagen. Nicht hier.« Sie blickte sich rasch um. »Bernard, ich muss sofort zum Fluss. Isana, tut mir leid, dass ich das Essen unterbreche …«
»Nein, nein«, erwiderte Isana leise. »Ist schon in Ordnung.«
»Bernard«, sagte Amara.
Isana schaute über den Tisch zu ihrem Bruder, auf dessen Stirn sich ebenfalls tiefe Falten gebildet hatten und der in den Himmel starrte, der in der Grottenöffnung zu sehen war.
»Warum«, flüsterte er, »färben sich die Sterne rot?«
Isana blickte hinauf in den Himmel. Die volle Pracht der Sterne war hier inmitten der Elementarlichter der Stadt nicht zu sehen, doch die hellsten Himmelskörper stachen noch hervor. Im Westen sah sie rote Punkte. Sie konnte dabei zuschauen, wie dieser rote Schimmer sich wie eine Seuche immer weiter nach Osten ausbreitete, langsam zwar, aber stetig. »Ist das elementargewirkt?«, fragte sie.
In der Grotte um sie herum verstummten die Sänger einer nach dem anderen, und die Musik hörte auf zu spielen. Schweigend starrten alle in den Himmel und zeigten nach oben. Eine wirre Welle von Emotionen schwappte über Isanas Sinne hinweg.
Amara blickte sich um. »Ich glaube nicht. So etwas habe ich noch nie gesehen. Bernard, du?«
Isanas Bruder schüttelte den Kopf. »Nein, ich auch nicht.« Er wandte sich Giraldi zu, doch der Veteran schüttelte ebenfalls den Kopf.
Das Durcheinander um Isana nahm immer mehr zu, wurde fast mit Händen greifbar und vermischte sich stärker und stärker mit Angst. Während der nächsten Sekunden schwoll die Woge der Emotionen an und lenkte sie immer mehr ab. Kurz darauf stürmten die Gefühle so heftig auf Isanas Gedanken ein, dass sie kaum mehr zwischen fremden und ihren eigenen unterscheiden konnte. Es war eine Folter ganz eigener Art, und plötzlich musste sie darum ringen, überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hielt sich die Hände an den Kopf.
»Isana?«, sagte Bernard. Seine Stimme klang, als würde sie aus weiter Ferne kommen. »Geht es dir gut?«
»Z-zu viele Menschen«, keuchte Isana. »Angst. Sie haben Angst. Sind verwirrt. Angst. Ich kann mich nicht dagegen wehren.«
»Wir müssen hier raus«, bestimmte Bernard. Er ging um den Tisch und nahm Isana auf die Arme. Sie wollte protestieren, aber der Druck auf ihren Kopf war zu stark, um sich zu wehren. »Giraldi«, sagte er, »hol den Wagen.«
»Sofort«, sagte Giraldi.
»Amara, achte auf die beiden, die uns beschatten. Und halt dich bereit, jemanden niederzuschlagen, wenn es sein muss.«
Isana hörte, dass Amaras Stimme angespannt klang. »Denkst du, das ist ein Überfall?«
»Ich denke, wir sind unbewaffnet und verwundbar«, erwiderte Bernard. »Los.«
Isana spürte, wie ihr Bruder ging, und sie öffnete die Augen und sah den Teich der
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