Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
hinein. Sie sollen leiden, diese diätseligen Weiber, diese ewigen Auf-der-Waage-Steherinnen! Huch – wer spricht da gerade? Constanze oder Paula?
Paula jedenfalls begibt sich gegen eins beschwingt ins Café Meier. Sofort huhut es vom Ecktisch, Thea vor einem Ungetüm von Schinkenbaguette, einen Alibisalat daneben sowie ein großes Glas Orangensaft.
»Schön, dass du kommen konntest! Das Schinkenbaguette ist sehr zu empfehlen, aber auch das mit Edamer überbackene Tomaten-Büffelmozzarella-Sandwich!« Bevor ich etwas sagen kann, hat Thea auch schon Elvira, die gerade am Nebentisch serviert, hergerufen. »Also Schinkenbaguette oder Sandwich? Du bist eingeladen! Sandwich, oder?«
Warum nicke ich gerade? Oder besser: Wer nickt da gerade? Elvira jedenfalls schaut mich überrascht an, den Tag wird sie sich rot im Kalender anstreichen. Paula Pfaff bestellt ein Tomaten-Büffelmozzarella-Sandwich!Mit Edamer überbacken!
»Und sonst? Was macht Constanze, die Diätfurie?«
Ich beiße vorsichtig in mein Sandwich. Die Tomate wäre okay, aber die Mozzarella... Den Edamer verdränge ich lieber vollständig.
»Sie hat sich abgeregt, glaube ich. Aber wie gesagt, ich sehe sie ja nicht so oft.«
»Also ich finde das wirklich mutig von dir, wie du für die fetten Frauen eintrittst. Jede andere hätte doch Schiss gehabt in deiner Situation!«
»Na ja«, antworte ich, »ich klicke ja nur auf den Gefällt-mir-Button. Bei Kommentaren halte ich mich lieber zurück.«
Kommentare? Welche Kommentare? Thea macht »hm« und überlegt. Ich hätte das Schinken-Baguette nehmen sollen. Wie das riecht!
»Du solltest dir ein Fakeprofil zulegen«, sagt sie schließlich und gabelt eine Olive aus ihrem Salat.
»Ein was?«
»Ein Fakeprofil. Geht ganz einfach. Du suchst dir einen x-beliebigen Namen aus und meldest dich damit bei Facebook an. Ohne Profilbild, natürlich, oder etwas Unverfängliches, eine gähnende Katze zum Beispiel. Dann weiß niemand, wer du bist und du kannst nach Herzenslust kommentieren.«
»Constanze Corzelli«, sage ich spontan, »ich könnte mich Constanze Corzelli nennen.« Ich war auch schon mal witziger. Aber Thea quittiert meinen Einfall mit einem herzlichen Lachen.
»Wäre natürlich obergeil! Aber nee, lass mal, das könnte Ärger geben. Ist auch nicht so wichtig. Diese Tussie hat uns eh schon den Gefallen getan, sich öffentlich zu mokieren. Du glaubst gar nicht, wie populär wir inzwischen sind. 659 Fans!«
Ich nicke flüchtig, der Kampf mit den Fäden des geschmolzenen Käses nimmt meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
»Und wie geht’s dir sonst so?« kommt Thea dankenswerterweise auf ein anderes Thema. »Liebesleben?« Sie legt sich sofort die Hand auf den noch leicht kauenden Mund. »Oh, sorry, ich bin immer so direkt.«
»Nein, schon in Ordnung«, sagte ich. »Kein Liebesleben. Selber?«
»Dito, bis auf den obligatorischen ehelichen Beischlaf, also nicht weiter erwähnenswert«, gesteht Thea. »Wenn man den ganzen Tag mit Lehrern zusammen ist, verkümmert die Libido automatisch. Zweimal im Monat hab ich Weiberabend. Wir nehmen uns vor, die Stadt zu rocken, die heißesten Typen aufzureißen, die Clubs abzufischen – und was haben wir am Ende im Netz? Ein paar Silberfischchen, die uns ihre Rentenbescheide präsentieren und ab und zu einen halbtoten Räucheraal. Willste nicht mal mitkommen?«
Warum nicht? Früher habe ich gerne Räucheraal gegessen, bis ich seine Kalorienzahl nachgeschlagen habe. »Wo geht ihr so hin?«
»Erst mal schick essen, Italiener oder Franzose, dann abtanzen und Cocktails trinken. Nächste Woche am Freitag wieder. Wäre echt super, wenn du mitkommen würdest.«
Italiener. Franzose. Cocktails. So viel kann ich gar nicht abtanzen, wie mir da an Fettgewebe an die Oberschenkel getackert wird.
»Ich schau mal«, bleibe ich vage.
»Okay und... huch!«
Thea springt auf, als säße eine Spinne vor ihr auf dem Teller. »Die neue Eiskarte!« Sie tippelt zum Nebentisch (Was für High Heels die trägt!) und greift nach einer bunten Pappe, kommt zurück, schwenkt das Ding wie eine Trophäe.
»Das Eis hier ist herrlich! Der Krokantbecher! Und erst das Rhabarbereis!«
»Rhabarbereis?« frage ich perplex.
»Jaaaaaa«, antwortet Thea begeistert, »Ich hasse Rhabarber, aber Rhabarber eis ! Dafür würde ich sogar meinen Vibrator eintauschen!«
Und es passiert, was passieren muss. Rhabarbereis. Mit Sahne. Schmeckt nur süß, wie nicht anders zu erwarten. Macht fett, wie auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher