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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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schüttelnd, sagte er: »Außer sie hat Geld oder dergleichen – dagegen hat ja wohl keiner was, oder?« Seiner Stimme war anzuhören, was er davon hielt.
    Tellman war gekränkt. »Ich würde nie für Geld heiraten!«, sagte er aufgebracht. »Ich halte es einfach für wichtig, dass jemand einen Sinn für Recht und Unrecht hat. Wenn man sein ganzes Leben mit einem Menschen zubringen und Kinder mit ihm aufziehen will, muss man in solchen Dingen schon derselben Meinung sein.«
    Der Tabakhändler seufzte tief auf. Sein Lächeln verschwand. »Sie könnten Recht haben. Sich verlieben kann weiß Gott für reichlich Kummer sorgen, wenn man nich dieselbe Überzeugung hat und aus verschiedenen Gesellschaftsschichten stammt.«
    Als die Ladentür hinter ihm aufging, steckte Tellman ein Pfefferminzbonbon in den Mund und sah sich automatisch um. Er kannte den Mann, der da hereinkam, konnte ihn aber nicht unterbringen.
    Mit den Worten »Guten Tag, Sir«, wandte sich der Tabakhändler dem neuen Kunden zu. »Sie wünschen?«
    Der Mann zögerte, sah auf Tellman, dann wieder auf den Tabakhändler. »Der Herr war vor mir da«, sagte er höflich.
    »Ich habe ihn schon bedient«, gab der Tabakhändler zurück. »Was kann ich für Sie tun?«
    Mit einem erneuten Blick auf Tellman sagte der Mann: »Nun ja. Ein halbes Pfund Tabak …«
    Der Tabakhändler riss die Augen weit auf. »Ein halbes
Pfund? Gern, Sir. Welche Sorte? Ich hab alles da – Virginia, Orient – «
    »Virginia«, fiel ihm der Mann ins Wort und nahm Geld aus der Tasche.
    Tellman wusste, dass er die Stimme schon einmal gehört hatte. Es dauerte eine Weile, bis ihm einfiel, wo das gewesen war. Der Mann war Lyndon Remus, ein Journalist, der Pitt im Fall des Mordes am Bedford Square nicht von den Fersen gewichen war und ihm unablässig Fragen gestellt hatte. Er hatte in einem Artikel auf einen möglichen Skandal hingewiesen und damit viel Schaden angerichtet.
    Was der hier in Mile End wollte? Bestimmt keinen Tabak kaufen, und schon gar nicht ein halbes Pfund. Der Mann konnte Virginia nicht von Orient unterscheiden. Offenbar hatte er etwas anderes gewollt und war bei Tellmans Anblick auf diesen Ausweg verfallen.
    »Danke«, sagte Tellman zu dem Tabakhändler. »Auf Wiedersehen.« Er trat auf die Straße hinaus und ging knapp fünfzig Meter weiter. Dort stellte er sich in eine Toreinfahrt, von wo aus er Remus herauskommen sehen konnte, ohne selbst entdeckt zu werden.
    Nach etwa zehn Minuten fragte er sich, ob der Tabakladen womöglich einen Hinterausgang hatte. Was konnte Remus so lange dort wollen? Auf diese Frage gab es nur eine annähernd sinnvolle Antwort – er war aus demselben Grund da wie er. Er witterte eine Geschichte, einen Skandal, vielleicht eine Erklärung für einen Mord. Es musste mit John Adinett zu tun haben, denn es war unwahrscheinlich, dass in diesem kleinen Tabakladen zwei Mörder ein und aus gegangen waren.
    Die Zeit verging. Nach weiteren zehn Minuten kam Remus endlich heraus. Er sicherte vorsichtig nach links und rechts, überquerte dann die Straße und ging in Richtung Süden. Er kam auf Armeslänge an Tellman vorbei und blieb mit einem Mal stehen, als ihm aufging, wen er vor sich hatte.
    Tellman lächelte. »Na, einer guten Geschichte auf der Spur, Mr. Remus? «, fragte er.
    Auf Remus’ sommersprossiges Gesicht trat der Ausdruck blanken Unverständnisses. Dann gewann er seine Fassung
zurück. »Weiß nicht«, sagte er lässig. »Ich habe viele Ideen, doch sind die im Augenblick noch unausgereift. Aber wenn Sie hier sind, hat das vielleicht etwas zu bedeuten.«
    »Leck-«, setzte Tellman an.
    »Na, hören Sie mal!«, begehrte Remus auf.
    »Leckereien«, fuhr Tellman unbeirrt fort. »Ich hab in dem Laden Pfefferminzbonbons gekauft.«
    Remus’ Gesichtsausdruck glättete sich.
    »Ach so.«
    »Besser als Tabak«, fuhr Tellman fort. »Ich kann keine zwei Tabaksorten auseinander halten – und Sie auch nicht.«
    »Ist das eigentlich Ihr Bezirk?«, wich Remus einer Antwort aus. »Sie arbeiten wohl immer noch am Fall Adinett? Ein interessanter Mann.« Seine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. »Aber warum der ganze Ärger? Er ist doch verurteilt. Was wollen Sie da noch?«
    »Ich?«, tat Tellman erstaunt. »Nichts. Wieso? Gibt es Ihrer Ansicht nach etwas aufzuklären?«
    »Das Motiv«, sagte Remus. »War Fetters hier?«
    »Wie kommen Sie darauf? Hat Ihnen der Tabakhändler etwas in der Richtung gesagt?«
    Remus hob die Brauen. »Danach habe ich ihn

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