Die Verschwörung
Truppe - du eingeschlossen - ganz oben auf der Liste. Und danach wirst du eben beurteilt.«
Sobald er ihr Büro verlassen hatte, hatte Brooke einen Schuh gegen die geschlossene Tür geschleudert. Dann auch den anderen, um sicherzugehen, daß ihm klar war, wie unbeliebt er sich gemacht hatte. Damit war Paul Fisher aus der Liste ihrer sexuellen Phantasien gestrichen.
Nun raste sie die Ausfahrt hinunter, hielt sich an der Braddock Road links, kämpfte sich durch einen letzten Verkehrsstau, bog dann ab und gelangte in das stille Anliegerviertel, wo die Witwe des ermordeten FBI-Agenten wohnte. Als sie Newmans Straße erreichte, wurde sie langsamer. Das Haus war finster. Ein einzelner Wagen stand in der Einfahrt. Brooke stellte ihre Dienstlimousine am Gehsteig ab, stieg aus und eilte zur Tür.
Anne Newman schien auf sie gewartet zu haben, denn die Tür wurde geöffnet, bevor Brooke die Klingel betätigen konnte.
Anne machte keinen Versuch, irgendwelche Floskeln von sich zu geben. Sie erkundigte sich auch nicht, ob Brooke etwas zu trinken haben wollte. Sie führte sie sofort in ein kleines, büromäßig eingerichtetes Hinterzimmer, in dem ein Schreibtisch, ein metallener Aktenschrank, ein Computer und ein Faxgerät standen. Eingerahmte Fotos von Baseballspielern und andere Sportsouvenirs zierten die Wände. Auf dem Schreibtisch lagen Stapel von Silberdollars, die in Hartplastik verpackt und sauber etikettiert waren.
»Ich habe mich in Kens Büro umgeschaut. Ich weiß auch nicht, warum. Mir schien nur ...«
»Du brauchst nichts zu erklären, Anne. Für das, was du jetzt durchmachst, gibt es keine Vorschriften.«
Anne wischte sich eine Träne ab. Brooke musterte sie. Die Frau stand eindeutig vor einem Zusammenbruch, und zwar in jeglicher Hinsicht. Sie trug ein altes Kleid, ihr Haar war ungewaschen, und ihre Augen waren rot und verquollen. Gestern nachmittag hatte ihre wichtigste Entscheidung vermutlich noch darin bestanden, darüber nachzudenken, was es zum Abendessen geben sollte. Gott, wie die Dinge sich ändern konnten. Ken Newman war nicht der einzige, dessen Leben gewaltsam geendet hatte. Auch für Anne war von einem Tag auf den anderen die Welt untergegangen. Bloß mußte sie weiterleben.
»Ich habe ein paar Fotoalben gefunden. Ich wußte gar nicht, daß sie hier sind. Sie waren zusammen mit ein paar anderen Sachen in einem Karton. Ich weiß, daß es vielleicht Ken in ein schlechtes Licht rückt, aber . falls es hilft, herauszufinden, wer dahinter steckt . « Sie brach ab. Ihre Tränen topften auf das Album mit seinem abgewetzten, im psychedelischen Stil der siebziger Jahre gestalteten Umschlag.
»Dich anzurufen war das einzig Richtige«, sagte Anne schließlich mit einer Unverblümtheit, die in Brookes Ohren schmerzlich und erfreulich zugleich klang.
»Ich weiß, daß es dir furchtbar schwerfallen muß.« Brooke beäugte das Album. Sie wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen. »Kann ich mir mal anschauen, was du gefunden hast?«
Anne Newman nahm auf einem kleinen Sofa Platz, schlug das Album auf und zog die durchsichtige Folie hoch, von der die Fotos geschützt wurden. Die aufgeschlagene Seite zeigte das großformatige Bild einer Männergruppe in Jagdkleidung. Sie trugen Gewehre. Einer von ihnen war Ken Newman.
Anne nahm das Foto aus der Hülle. Dahinter steckten ein Zettel und ein kleiner Schlüssel, der sich in die Seite gedrückt hatte. Sie reichte beides Brooke und schaute genau zu, als sie die Gegenstände untersuchte.
Der Zettel war eine Mietbestätigung für ein Schließfach bei einer örtlichen Bank. Der Schlüssel gehörte vermutlich dazu.
Brooke schaute Anne an. »Du hast nichts davon gewußt?«
Anne schüttelte den Kopf. »Wir haben ein Schließfach. Aber nicht bei dieser Bank. Und natürlich ist das noch nicht alles.«
Brooke schaute sich den Zettel an und zuckte unwillkürlich zusammen. Der Schließfachhalter war nicht Ken Newman. Die Rechnungsadresse war auch nicht die des Hauses, in dem sie sich gerade aufhielt. »Wer ist Frank Andrews?«
Anne sah aus, als würde sie erneut in Tränen ausbrechen. »Du lieber Gott, ich habe keine Ahnung.«
»Hat Ken den Namen denn nie erwähnt?«
Anne schüttelte den Kopf.
Brooke atmete tief ein. Wenn Newman ein Schließfach unter einem falschen Namen unterhielt, hatte er dafür irgendeinen Ausweis vorweisen müssen. Sie setzte sich neben Anne aufs Sofa und nahm die Hand der Frau. »Hast du hier irgend etwas gefunden, das auf den
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