Die Verschwörung
Namen Frank Andrews paßt?«
Anne schoß das Wasser in die Augen. Brooke empfand echtes Mitleid mit ihr.
»Meinst du irgendeinen Ausweis mit Kens Bild? Etwas, das beweist, daß er Frank Andrews ist?«
»Ja«, sagte Brooke leise.
Anne schob eine Hand in ihr Kleid und nahm einen in Virginia ausgestellten Führerschein aus der Tasche. Der Name lautete Frank Andrews. Die Führerscheinnummer - in Virginia mit der jeweiligen Sozialversicherungsnummer identisch - war ebenfalls darauf zu lesen. Auf dem kleinen dazugehörigen Foto schaute Ken Newman sie an.
»Ich habe überlegt, ob ich selbst zu dem Schließfach gehen soll, aber dann wurde mir klar, daß man mich nicht heranlassen würde. Mein Name steht nicht auf dem Zettel. Ich könnte auch nicht erklären, daß Ken mein Mann war, wenn auch unter falschem Namen.«
»Ich weiß, Anne, ich weiß. Es war richtig, daß du es mir gesagt hast. Wo genau hast du den gefälschten Führerschein gefunden?«
»In einem anderen Fotoalbum. Es war natürlich kein Familienalbum. Die verwahre ich. Ich habe sie mir unzählige Male angeschaut. In den Alben hier sind nur Fotos von Ken und seinen Jäger- und Anglerfreunden. Sie haben jedes Jahr eine Reise gemacht. Ken war ein guter Fotograf. Ich wußte nicht mal, daß er die Fotos in Alben aufbewahrt. Ich hatte auch kein Interesse daran, sie mir anzuschauen.« Wehmütig blickte sie an die gegenüberliegende Wand. »Manchmal hatte ich den Eindruck, als wäre er mit seinen Freunden, mit seiner Münzsammlung und der Sammlung Baseballfotos glücklicher als zu Hause.« Sie holte schnell Luft, hielt sich die Hand vor den Mund und schaute zu Boden.
Brooke spürte, daß Anne nicht vorgehabt hatte, über so persönliche Dinge zu sprechen. Immerhin war sie, Brooke, nur eine Arbeitskollegin ihres Mannes. Brooke sagte nichts. Sie wußte aus Erfahrung, daß sie Anne Zeit geben mußte, dies alles zu verarbeiten. Kurz darauf sprach Anne weiter.
»Ich glaube, ich hätte die Sachen vermutlich nie gefunden, wenn . wäre Ken nicht erschossen worden. Das Leben ist manchmal wirklich komisch.«
Oder schrecklich grausam. »Anne, ich muß die Angelegenheit überprüfen. Ich nehme die Sachen mit. Ich möchte aber, daß du die Angelegenheit niemandem gegenüber erwähnst. Auch nicht vor deinen Freunden oder der Familie .« Sie hielt inne und wägte ihre Worte so sorgfältig wie möglich ab. »Sag auch nichts den Leuten vom FBI. Zuerst muß ich mehr wissen.«
Anne schaute sie mit einem furchtsamen Blick an. »Was meinst du, Brooke? In was für eine Sache war Ken verwickelt?«
»Ich weiß es noch nicht. Laß uns keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Vielleicht ist das Schließfach leer. Vielleicht hat er es vor langer Zeit gemietet und dann vergessen.«
»Und der gefälschte Führerschein?«
Brooke befeuchtete ihre trockenen Lippen. »Ken hat im Lauf der Jahre auch verdeckt ermittelt. Vielleicht ist er ein Andenken an vergangene Zeiten.« Sie wußte, daß es eine Lüge war. Anne Newman wußte es vermutlich auch. Das Datum auf dem Führerschein war zu neu. Und wer beim FBI verdeckt ermittelte, nahm die dazu nötigen Requisiten normalerweise nicht mit nach Hause, wenn seine Aufgabe erledigt war. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, das war ihr klar, hatte der gefälschte Führerschein nichts mit Kens Dienstpflichten zu tun. Nun war es ihre Aufgabe, in Erfahrung zu bringen, womit er zu tun hatte.
»Kein Wort, Anne, zu niemandem. Nicht zuletzt auch zu deiner eigenen Sicherheit.«
Als sie aufstand, klammerte Anne sich an ihren Arm. »Brooke, ich habe drei Kinder. Wenn Ken in irgendeine schmutzige Sache verwickelt war ...«
»Ich lass’ das Haus rund um die Uhr bewachen. Wenn du etwas siehst, das dir auch nur ansatzweise seltsam vorkommt, ruf mich an.« Sie gab ihr eine Karte, auf der ihre Privatnummern standen. »Tag und Nacht.«
»Ich wußte nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte. Ken hat dich wirklich sehr geschätzt.«
»Er war ein verdammt tüchtiger Agent und hat unheimlich gute Arbeit geleistet.« Doch falls sie entdeckte, daß Ken sie verraten hatte, würde das FBI die Erinnerung an ihn, seinen Ruf und alles über sein Berufsleben auslöschen. Das würde natürlich auch die private Seite seines Lebens beinhalten - und das der Frau, die Brooke gerade anschaute, und der Kinder. Aber so war das Leben. Sie hatte die Regeln nicht gemacht. Sie war auch nicht immer damit einverstanden, aber sie mußte danach leben. Sie hatte allerdings vor,
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