Die Verschwörung
Schließlich waren sie nicht auf der Hochzeitsreise, sondern wurden im ganzen Land gejagt.
Er öffnete einen kleinen eingebauten Weinkühler neben dem Kühlschrank und wählte eine Flasche Weißwein aus. Als er die beiden Gläser füllte, kam Faith die Treppe herunter. Sie trug ein offenes Jeanshemd mit einem weißen T-Shirt darunter, eine lose fallende weiße Hose und rote Sandalen. Ihm fiel auf, daß sie noch immer nicht geschminkt war; zumindest konnte er kein Make-up an ihr entdecken. An ihrem Handgelenk baumelte ein silberner Armreif. Außerdem trug sie Türkisohrringe im geschwungenen Stil des Südwestens.
Lees Aktivitäten in der Küche schienen sie zu überraschen. »Ein Mann, der schießen, das FBI abhängen und auch noch kochen kann. Du erstaunst mich immer wieder.«
Er reichte ihr ein Weinglas. »Eine gute Mahlzeit und ein ruhiger Abend - und dann nehmen wir uns die ernsthaften Dinge vor.«
Sie musterte ihn kühl, als er mit ihr anstieß. »Du verstehst es auch, hinter dir aufzuräumen«, sagte sie.
»Noch eins meiner Talente.« Lee schaute nach dem Fisch, während Faith ans Fenster trat und hinausblickte.
Sie aßen schweigend. Nun, da sie am Ziel angelangt waren, fühlten sie sich beide anscheinend ein wenig gehemmt. Hierherzukommen war offenbar der leichtere Teil gewesen.
Faith bestand darauf, den Tisch abzuräumen. Lee schaltete den Fernseher ein.
»Sind wir in den Nachrichten?« fragte sie.
»Ich kann nichts finden. Aber es muß Meldungen über den toten FBI-Mann geben. Ein ermordeter Bundesagent ist sogar heutzutage noch eine Seltenheit - Gott sei es gedankt! Morgen kaufe ich ‘ne Zeitung.«
Faith beendete ihre Aufräumarbeit, schenkte sich noch ein Glas Wein ein und gesellte sich zu Lee.
»Okay«, sagte er, »unsere Bäuche sind voll, und der Wein hat uns entspannt. Also haben wir jetzt Zeit zum Reden. Ich muß die ganze Geschichte hören, Faith. So einfach ist das.«
»Du fütterst also ein Mädchen ab, füllst es mit Wein und glaubst, du könntest alles mit ihm machen, was?« Sie lächelte gespielt schüchtern.
Lee runzelte die Stirn. »Ich meine es ernst, Faith.«
Ihr Lächeln verschwand zusammen mit ihrer gespielten Schüchternheit. »Laß uns am Strand Spazierengehen.«
Lee wollte protestieren, ließ es dann aber. »Na gut. Du bist hier zu Hause, also gelten deine Regeln.« Er stieg die Treppe hinauf.
»Wo gehst du hin?«
»Bin gleich zurück.«
Als er herunterkam, hatte er eine Windjacke an.
»Du brauchst keine Jacke. Es ist ganz schön warm.«
Er öffnete die Jacke und enthüllte das Klemmhalfter und die Smith & Wesson, die darin steckte. »Ich hab’ keine Lust, die Sandkrabben zu erschrecken, die uns über den Weg laufen.«
»Waffen jagen mir schreckliche Angst ein.«
»Sie können einen aber auch das Leben retten, wenn man sie richtig benützt.«
»Es kann uns niemand gefolgt sein. Niemand weiß, daß wir hier sind.«
Seine Antwort ließ sie frösteln.
»Ich hoffe bei Gott, daß du recht hast.«
KAPITEL 30
Brooke setzte das Blaulicht, das sie mitführte, zwar nicht ein, hätte es aber getan, hätte ein Streifenwagen sie anzuhalten versucht. Auf den wenigen geraden Stellen des Beltway überschritt sie nämlich die Geschwindigkeitsbegrenzung um mehr als dreißig Kilometer, bevor sie in einem Meer aus roten Bremslichtern langsamer werden mußte. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr. Es war 18 Uhr 30. Wann gab es in dieser verfluchten Gegend eigentlich keinen Berufsverkehr? Um dem Verkehrsgewühl zu entgehen, fuhren die einen immer früher zur Arbeit, und die anderen blieben immer länger im Büro, bevor sie sich nach Hause wagten. Bald würden die beiden Gruppen aufeinanderprallen, und dann gab es endlich den offiziellen Rund-um-die-Uhr-Highway-Parkplatz. Glücklicherweise war Anne Newmans Haus nur noch wenige Abfahrten entfernt.
Während der Fahrt dachte Brooke an ihren Besuch in Lee Adams’ Wohnung. Sie hatte bisher angenommen, schon alles gesehen und gehört zu haben, doch die Aussage der Hausbewohnerin über das FBI war ein Schock gewesen und hatte Connie und sie in hektische Aktivität versetzt. Als erstes hatten sie ihre Vorgesetzten informiert und rasch herausgefunden, daß es an Lee Adams’ Adresse keinen FBI-Einsatz gegeben hatte. Dann war die Hölle losgebrochen. Wenn jemand sich als FBI-Mann ausgab, zog er die Aufmerksamkeit des Direktors höchstpersönlich auf sich; deswegen hatte er auch für diesen Fall persönlich Anweisungen erteilt. Obwohl die
Weitere Kostenlose Bücher