Die Verschwörung
Fersen und sorge dafür, daß dir nichts passiert.«
Sie streckte die Hand aus und nahm seinen Arm. »Lee, ich kann dir niemals für alles danken, was du für mich getan hast.«
»Tu einfach so, als wäre ich der große Bruder, den du nie gehabt hast.«
Der Blick, den sie tauschten, zeigte allerdings mehr als nur geschwisterliche Zuneigung. Lee schaute auf den Sand und bemühte sich, den Kopf geradezuhalten. Faith nahm wieder das Meer in Augenschein. Als Lee sie einige Zeit später anschaute, wiegte Faith lächelnd den Kopf.
»Was denkst du gerade?« fragte er.
Sie stand auf und schaute auf ihn hinunter. »Ich glaube, ich möchte gern tanzen.«
Er starrte sie verblüfft an. »Tanzen? Soviel hat du doch gar nicht getrunken.«
»Wie viele Abende bleiben uns hier noch? Zwei? Drei? Sind wir dann für den Rest unseres Lebens auf der Flucht? Komm schon, Lee, das ist die letzte Gelegenheit, ein Fest zu feiern.« Sie zog ihren Pullover aus und ließ ihn in den Sand fallen. Ihr weißes Kleid hatte Spaghettiträger. Sie ließ die Träger von den Schultern gleiten, zwinkerte Lee zu, daß ihm heiß wurde, und streckte beide Hände aus, damit er sie ergriff. »Komm schon, mein Junge.«
»Du bist wirklich verrückt.« Lee nahm ihre Hände und stand auf. »Aber ich muß dich warnen - es ist lange her, daß ich das letzte Mal getanzt hab’.«
»Aber du hast geboxt, nicht wahr? Dann ist deine Beinarbeit vielleicht besser als meine. Zuerst führe ich, dann übernimmst du.«
Lee machte ein paar holperige Schritte, dann ließ er die Arme sinken. »Das ist doch albern, Faith. Stell dir vor, uns sieht jemand. Die glauben doch, wir hätten nicht alle Tassen im Schrank.«
Faith schaute ihn ungerührt an. »Ich habe die letzten fünfzehn Jahre meines Lebens damit verbracht, mich zu fragen, was die Leute denken. Deshalb schert es mich jetzt einen Dreck.«
»Aber wir haben nicht mal Musik.«
»Dann summ ein Lied. Hör dem Wind zu, und die Musik kommt von ganz allein.«
Erstaunlicherweise hatte Faith recht. Sie begannen langsam, zögernd. Lee kam sich schwerfällig vor, und Faith war nicht an das Führen eines Partners gewöhnt. Doch als die Bewegungen ihnen vertrauter wurden, tanzten sie in weiten Kreisen über den Sand. Nach zehn Minuten ruhte Lees rechte Hand locker auf Faiths Hüfte, die ihre lag um seine Taille, und ihre linken Arme waren in Brusthöhe ineinander verhakt.
Dann wurden sie zunehmend mutiger und tanzten Schritte, als würde irgendwo Big-Band-Swing und Lindy-Hop gespielt. Es war schwierig, sogar auf dem festgetretenen Sand, aber sie gaben sich alle Mühe. Hätte jemand sie beobachtet, hätte er sie vermutlich für betrunken gehalten. Oder für ein Paar, das sich an seine Jugend erinnerte und einen Heidenspaß dabei hatte. Und irgendwie hätte beides gestimmt.
»Das hab’ ich seit der High School nicht mehr getan«, sagte Lee lächelnd. »Auch wenn damals Three Dog Night angesagt waren und nicht Benny Goodman.«
Faith schwieg, während sie um ihn herumwirbelte und ihre Bewegungen immer gewagter und verführerischer wurden: eine Flamencotänzerin in leidenschaftlicher Erregung.
Sie schob den Rock hoch, um sich mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, und beim Anblick ihrer nackten Schenkel beschleunigte sich Lees Puls.
Sie tanzten in den ausrollenden Brandungswogen, daß das Wasser spritzte, während sie immer kompliziertere Schritte versuchten. Ein paarmal stolperten sie, stürzten in den Sand oder ins kalte Salzwasser, rappelten sich lachend wieder auf und tanzten weiter. Hin und wieder, wenn ihnen eine komplizierte Schrittkombination gelang, grinsten sie wie Schüler auf dem Abschlußball.
Schließlich gelangten sie an einen Punkt, da sie beide verstummten; ihr Lächeln verblaßte, und sie tanzten immer enger zusammen. Die Drehungen und Schwünge endeten; ihr Atem beruhigte sich und sie stellten fest, daß ihre Körper sich berührten, während ihre Tanzschritte langsamer und kleiner wurden. Schließlich hielten sie gänzlich inne und standen einfach da, wippten leicht von einer Seite zur anderen, der letzte Tanz des Abends, die Arme umeinander gelegt, Gesicht an Gesicht. Sie schauten sich in die Augen, während der Wind um sie pfiff, die Wellen rauschend an den Strand rollten und Mond und Sterne sie vom Himmel beobachteten.
Schließlich trat Faith einen Schritt zurück. Ihre Lider waren schwer, und sie bewegte sich wieder verführerisch und erotisch zu einer unhörbaren Melodie.
Lee griff nach ihr und
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