Die Verschwörung
sie alle paar Minuten das Gefühl, sie müsse sich die Kleider vom Leib reißen und sich mit der Seife aus dem Spender und den Papierhandtüchern von dem Stapel auf dem schmutzigen Waschbecken abschrubben.
Als Faith wieder in den Wagen stieg, sagte Lees Blick, was sein Mund ihr verschwieg.
»Jetzt geht’s mir wieder besser«, sagte sie.
»Übrigens, ich heiße Lee. Lee Adams.«
Faith erwiderte nichts. Er ließ den Wagen an und fuhr weiter.
»Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie Sie heißen«, sagte er.
»Man hat mich beauftragt, Sie zu beschatten, Miss Lockhart.«
Sie beäugte ihn argwöhnisch. »Wer hat Sie beauftragt?«
»Weiß ich nicht.«
»Sie wissen nicht, wer Ihr Auftraggeber ist?«
»Das ist ziemlich ungewöhnlich, zugegeben, kommt aber schon mal vor. Manchen Leuten ist es peinlich, einen Privatschnüffler zu engagieren.«
»Dann sind Sie also Privatdetektiv?« Ihr Stimme klang ein wenig geringschätzig.
»Es gibt schlimmere Methoden, sich seine Kohle zu verdienen. Und ich arbeite so legal, wie es eben geht.«
»Wie ist Ihr Auftraggeber darauf gekommen, gerade Sie zu engagieren?«
»Wenn man davon absieht, daß ich eine tolle Anzeige im Branchenverzeichnis habe ... ich hab’ nicht die leiseste Ahnung.«
»Haben Sie irgendeine Vorstellung, auf was Sie sich da eingelassen haben, Mr. Adams?«
»Sagen wir mal so. Wenn ich daran denke, was hinter uns liegt, mache ich mir so meine Gedanken. Jemand, der auf mich schießt, kann sich meiner ungeteilten Aufmerksamkeit ziemlich sicher sein.«
»Und wer hat auf Sie geschossen?«
»Der gleiche Kerl, der auch Ihren Freund auf dem Gewissen hat. Ich glaube, ich habe ihm eine verpaßt, aber er ist entkommen.«
Faith rieb sich die Schläfen und schaute hinaus in die Finsternis. Lees nächste Worte überraschten sie.
»Wer sind Sie? Eine wichtige Zeugin?« Als Faith nicht antwortete, fuhr er fort: »Als Sie damit beschäftigt waren, den Wagen abzuwürgen, hab’ ich mir Ihren Freund kurz angeschaut. Er hatte eine Neun-Millimeter Glock bei sich und trug eine Kevlar-Weste, auch wenn sie ihm nichts genützt hat. Auf dem Abzeichen an seinem Gürtel stand FBI. Ich hatte keine
Zeit, einen Blick in seinen Ausweis zu werfen. Wie hieß er?«
»Ist das von Bedeutung?«
»Schon möglich.«
»Wie kommen Sie darauf, daß ich eine Zeugin sein könnte?« fragte Faith.
»Das Cottage. Spezielle Schlösser, Alarmanlage. Das Haus ist eine Art Schlupfwinkel. Daß da niemand wohnt, steht fest.«
»Sie waren also drinnen.«
Er nickte. »Zuerst hielt ich es für ‘ne Art Liebesnest, aber als ich mich ein paar Minuten umgeschaut hatte, wußte ich, daß ich damit falsch lag. Ist ‘ne eigenartige Bude. Versteckte Kameras, Recorder, die alles aufzeichnen . Wußten Sie eigentlich, daß Sie da drin ständig auf der Bühne standen?«
Ihr erstaunter Blick war ihm Antwort genug.
»Wenn Sie schon nicht wissen, wer Sie engagiert hat ... wie hat man Ihnen erklärt, aufweiche Weise Sie mir folgen können?«
»Ganz einfach. Ein Anrufer sagte mir, ich bekäme Informationen über Sie und einen Vorschuß ins Büro geschickt. So war’s dann auch. Ich bekam eine Akte über Sie und ein dickes Bündel Bargeld. Ich wurde angewiesen, mich an Sie dranzuhängen, und das habe ich getan.«
»Mir hat man erzählt, ich würde nicht verfolgt.«
»Tja, auf dem Gebiet bin ich ziemlich gut.«
»Sieht so aus.«
»Nachdem ich herausgefunden hatte, wohin Sie gehen, brauchte ich bloß vor Ihnen dazusein. Ganz einfach.«
»Wer hat Sie angerufen? Ein Mann oder eine Frau?«
»Keine Ahnung. Die Stimme war verzerrt.«
»Hat Sie das nicht mißtrauisch gemacht?«
»Mich macht alles mißtrauisch. Eins steht fest: Wer hinter Ihnen her ist, meint es verdammt ernst. Mit der Munition, die der Bursche benützt hat, hätte man einen Elefanten erledigen können. Ich weiß, wovon ich rede, und zwar aus Erfahrung.«
Er verfiel in Schweigen, und Faith konnte sich nicht überwinden, irgend etwas zu sagen. Sie hatte mehrere Kreditkarten in der Handtasche, aber sie waren nutzlos: Sobald die Nummer der Karte in irgendeinem Computer erschien, kannte man ihren Aufenthaltsort. Sie schob die Hand in die Tasche und berührte den Tiffany-Ring, an dem die Schlüssel ihrer wunderschönen Wohnung und ihres luxuriösen Wagens hingen. Auch diese Schlüssel waren nutzlos. In ihrer Geldbörse befand sich die ungeheure Summe von 55 Dollar und ein paar Cent. Man hatte sie völlig entblößt - bis auf die paar Kröten und die
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