Die Verschwörung
hinab und hielt sich an ihm fest, bis ihre Füße das Dach des Nebenhauses berührten. Kaum war Lee bei ihr, hörten sie Schreie von unten, das aus Lees Haus kam.
»Okay, jetzt sind sie alle wach. Sie werden die Tür aufbrechen und den Alarm auslösen. Da ich keine RückrufVereinbarung mit der Wachgesellschaft abgeschlossen habe, werden sie sofort die Bullen verständigen. In ein paar Minuten ist hier die Hölle los.«
»Und was machen wir bis dahin?« fragte Faith.
»Wir gehen über drei weitere Dächer und dann eine Feuerleiter runter. Bewegung!«
Fünf Minuten später rannten sie durch eine Hintergasse auf eine andere stille Vorortstraße, die von niedrigen Wohnhäusern gesäumt wurde; an beiden Straßenrändern parkten Fahrzeuge. Im Hintergrund hörte Faith das Knallen eines Tennisballs. Dann sah sie auch den Tennisplatz; er war von hohen Fichten umgeben und lag in einem Park, den Wohnhäusern gegenüber.
Sie beobachtete Lee, der eine Reihe geparkter Wagen am
Bordstein beäugte. Dann lief er zum Park hinüber und bückte sich. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen Tennisball in der Hand - einen von vielen, die im Lauf der Jahre außerhalb des Platzes gelandet waren. Er kam zu Faith zurück. Sie sah, daß er mit einem Taschenmesser ein Loch in den Ball bohrte.
»Was tust du da?« fragte sie.
»Geh über den Bürgersteig. Geh so ruhig du kannst. Und halte die Augen offen.«
»Lee ...«
»Mach schon, Faith!«
Faith drehte sich um und schlenderte über den Gehsteig, machte die gleichen Bewegungen wie Lee, der auf der anderen Straßenseite neben den geparkten Wagen ging und jeden einzelnen eingehend musterte. Schließlich blieb er vor einem neu aussehenden Luxusschlitten stehen.
»Beobachtet uns jemand?« fragte Lee.
Faith schüttelte den Kopf.
Er trat an den Wagen heran und legte den Tennisball an das Türschloß, wobei er das Loch im Ball auf das Schlüsselloch drückte.
Faith schaute ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Was soll das denn?«
Statt einer Antwort schlug er mit der Faust auf den Tennisball. Die Luft im Ball schoß mit Hochdruck in das Schlüsselloch der Autotür. Faith schaute erstaunt auf, als alle vier Türen aufsprangen.
»Wie hast du das gemacht?«
»Steig ein.«
Lee schwang sich auf den Fahrersitz, Faith setzte sich auf die Beifahrerseite.
Lee schob den Kopf unter die Lenksäule und fand die Drähte, die er suchte.
»Die Autos von heute kann man nicht kurzschließen, Lee«, sagte Faith. »Die moderne Technik ...« Der Wagen sprang an.
Faith hielt den Mund.
Lee setzte sich aufrecht, legte den Gang ein und lenkte das Fahrzeug vom Bordstein. Er schaute Faith an. »Was hast du gesagt?«
»Schon gut. Aber wie hast du mit dem Tennisball das Schloß geknackt?«
»Ich hab’ so meine Berufsgeheimnisse.«
Während Lee im Wagen wartete, wobei seinem Blick nichts entging, betrat Faith die Bank und erklärte dem stellvertretenden Filialleiter, was sie wollte. Es gelang ihr sogar, ihren Namen zu schreiben, ohne auf der Stelle in Ohnmacht zu fallen. Beruhige dich, Mädchen, eins nach dem anderen. Zum Glück kannte sie den Mann.
Der stellvertretende Filialleiter beäugte neugierig Faiths neues Erscheinungsbild.
»Midlife-crisis«, sagte sie als Antwort auf sein Starren. »Ich habe beschlossen, ein bißchen jugendlicher und stromlinienförmiger zu werden.«
»Steht Ihnen gut, Miss Lockhart«, sagte er artig.
Sie beobachtete ihn genau, als er ihren Schlüssel und den Zweitschlüssel der Bank nahm, beide in die Schlösser schob und das Fach herauszog. Dann verließen sie den Tresorraum, und der Mann stellte das metallene Fach in der Nische gegenüber jener ab, die den Wertpapierkunden diente. Faith ließ ihn nicht aus den Augen, als er davonging.
Gehörte er dazu? Schlich er sich jetzt davon und rief die Polizei, das FBI oder sonstwen an, der irgendwo herumrannte und Menschen umbrachte? Doch der Mann setzte sich an seinen Schreibtisch, öffnete eine weiße Tüte, nahm einen Donut mit Zuckerguß heraus und fiel darüber her.
Faith, für den Moment beruhigt, machte die Tür zu, schloß sie ab, öffnete das Fach und schaute sich für einen Moment den Inhalt an. Dann schüttete sie alles in ihre Reisetasche und verschloß das Fach wieder. Der junge Mann kam zurück und schob das Fach wieder in die Wand. Faith verließ die Bank, so gelassen sie konnte.
Als sie wieder im Wagen saß, fuhr Lee auf die Interstate 395. bog am GW Parkway ab und nahm die südliche Richtung
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