Die Verschwörung
Nur auf der Straße war ich immer die Wildeste. Ich hab’ dann ein gutes College besucht und bin in Washington gelandet, weil mich der Gedanke an diese Konzentration absoluter Macht nicht losließ. Ich hatte zwar nicht die blasseste Ahnung, was ich anfangen sollte, aber ich wußte ganz genau, daß ich bei dem Spiel mitmachen wollte. Eine kurze Zeit habe ich für einen frischgebackenen Abgeordneten als Assistentin gearbeitet und bin dabei Danny Buchanan aufgefallen. Er hat mich abgeworben. Hat irgendwas in mir gesehen, vermute ich. Ich glaube, ihm gefiel meine Einstellung. Ich habe dann seine Geschäfte geführt, obwohl ich gerade mal zwei Monate Erfahrung hatte. Es hat ihm gefallen, daß ich nicht vor den Leuten gekuscht habe, nicht mal vor dem Parlamentspräsidenten.«
»Ich nehme an, für jemanden, der gerade vom College kommt, muß so was schwer beeindruckend sein.«
»Nach meinen Erlebnissen mit den Nonnen waren Politiker keine große Herausforderung mehr für mich.«
Lee grinste. »Jetzt freut’s mich, daß ich nur auf der Hauptschule war.« Er schaute eine Sekunde lang weg. »Dreh dich nicht um. Das FBI schleicht hier rum.«
»Was?« Ihr Kopf flog herum, und sie schaute in alle Richtungen.
Lee verdrehte die Augen. »Oh, das war gut.«
»Wo sind sie?«
Er klopfte leise auf die Tischplatte. »Nirgends. Und doch überall. Die Leute vom FBI latschen nicht mit der Dienstmarke auf der Stirn durch die Gegend. Du würdest sie nicht erkennen.«
»Warum sagst du dann, sie schleichen hier herum, verdammt?«
»Es war ein kleiner Test. Du hast ihn nicht bestanden. Ich kann sie manchmal erkennen, aber nicht immer. Wenn ich es noch mal sage, meine ich es ernst. Dann sind sie da, und wehe, du reagierst so wie gerade eben. Normale, langsame Bewegungen, kapiert? Du bist bloß ‘ne hübsche Frau, die mit ihrem Freund einen Ausflug macht.«
»Na schön. Aber tu so was bloß nicht noch mal. Innerlich bin ich auf achtzig.«
»Wie bezahlst du die Flugscheine?«
»Wie soll ich sie bezahlen?«
»Mit deiner Kreditkarte. Mit dem anderen Namen. Ist nicht gut, ‘ne Menge Bargeld herumzuzeigen. Wenn du gerade heute ein Ticket ohne Rückflug kaufst und bar bezahlst, könnte man sich daran erinnern. Im Moment brauchen wir so wenig Beachtung wie möglich. Wie lautet er übrigens? Dein Name, meine ich.«
»Suzanne Blake.«
»Hübscher Name.«
»Meine Mutter hieß Suzanne.«
»Hieß? Ist sie tot?«
»Ja. Mein Vater auch. Meine Mutter starb, als ich elf war. Mein Vater sechs Jahre später. Ich habe keine Geschwister. Ich war mit siebzehn Jahren Waise.«
»Muß ganz schön hart gewesen sein.«
Faith schwieg längere Zeit. Es fiel ihr immer schwer, von ihrer Vergangenheit zu erzählen. Außerdem kannte sie diesen Mann kaum. Trotzdem war an Lee Adams irgend etwas, das sie beruhigte. Seine Charakterfestigkeit. »Ich hatte meine Mutter wirklich gern«, sagte sie schließlich. »Sie war eine liebe Frau und hat wegen meines Vaters lange gelitten. Er war zwar kein schlechter Kerl, aber einer von den Burschen, die es nie lange irgendwo hält. Dad wollte immer mit irgendwelchen verrückten Ideen ein Vermögen verdienen. Und wenn seine Pläne schiefgingen - und die gingen immer schief -, mußten wir packen und weiterziehen.«
»Warum?«
»Weil es immer Leute gab, mit deren Geld Dad gearbeitet hatte. Die waren dann natürlich ziemlich sauer. Vor dem Tod meiner Mutter sind wir viermal umgezogen. Danach noch fünfmal. Mutter und ich haben jeden Tag für Dad gebetet. Kurz vor ihrem Tod hat sie mich gebeten, daß ich mich um ihn kümmere. Ich - obwohl ich erst elf war.«
Lee schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir gar nicht richtig vorstellen. Meine Eltern haben fünfzig Jahre im gleichen Haus gewohnt. Wie ist es dir gelungen, nach dem Tod deiner Mutter alles zusammenzuhalten?«
Nun fiel Faith das Reden leichter. »So zäh, wie du glaubst, war ich gar nicht. Mutter hat Dad geliebt. Sie haßte nur seine Lebensweise, seine verrückten Pläne, seine Unstetigkeit. Und sie wußte, daß er sich niemals ändern würde; deshalb waren sie nicht gerade die glücklichsten Menschen. Manchmal habe ich wirklich geglaubt, sie bringt ihn um. Als sie dann starb, hieß es mehr oder weniger >Dad und ich gegen den Rest der Welte. Er hat mich in mein schönstes Kleid gesteckt und bei allen möglichen Geschäftspartnern mit seiner süßen Tochter angegeben. Ich nehme an, die Leute haben gedacht, wenn dieser Bursche ein so liebes kleines Mädchen hat, kann
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