Die Verschwörung
festem Blick. Es fiel ihm leicht, ihre Gedanken zu lesen. »Auch Familien haben ihre Probleme,
Faith. Scheidungen, Krankheiten, Depressionen, schwere Zeiten. Wir haben alles mitgemacht. Manchmal würde ich gern sagen, es wäre mir lieber gewesen, ein Einzelkind zu sein.«
»Nein, würdest du nicht«, erwiderte sie mit Bestimmtheit. »Das meinst du vielleicht, aber sagen würdest du es nicht, auch wenn du mir vielleicht nicht glaubst.«
»O doch.«
Sie schaute verwirrt auf. »Was - doch?«
»Ich glaube dir.«
Faith sagte langsam: »Weißt du, für einen Privatdetektiv, der an Verfolgungswahn leidet, findest du wirklich schnell Freunde. Ich könnte doch eine Massenmörderin sein.«
»Wenn du wirklich eine Bestie wärst, hätte das FBI dich in den Knast gesteckt.«
Sie stellte ihre Kaffeetasse ab und beugte sich vor. Ihr Gesicht war sehr ernst. »Deine Einschätzung freut mich. Aber damit wir uns richtig verstehen: Ich habe in meinem ganzen Leben noch keiner Ameise was zuleide getan. Ich halte mich auch nicht für eine Kriminelle, aber ich glaube, das FBI würde mich gern in eine Zelle stecken, wenn das möglich wäre. Nur damit du es weißt.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Willst du immer noch mit mir in ein Flugzeug steigen?«
»Aber sicher. Jetzt hast du mich erst richtig neugierig gemacht.«
Faith setzte sich mit einem Seufzer zurück und warf einen Blick in die Abflughalle. »Schau jetzt nicht hin, aber da kommen zwei Typen, die verdammt nach FBI aussehen.«
»Im Ernst?«
»Im Unterscheid zu dir würde ich nicht mal den Versuch machen, mit so was Scherze zu treiben.« Sie beugte sich vor und kramte in ihrer Reisetasche herum. Einige ängstliche Sekunden später, als die beiden Männer vorbeigegangen waren, ohne Faith oder Lee zu beachten, richtete sie sich wieder auf.
»Lee, je nachdem, was sie in Erfahrung gebracht haben, suchen sie möglicherweise nach einem Mann und einer Frau. Bleib lieber hier, ich gehe schon mal die Tickets kaufen. Wir treffen uns dann an der Sicherheitskontrolle.«
Lee schaute unsicher drein. »Darüber muß ich erst nachdenken.«
»Ich dachte, du glaubst mir.«
»Tu ich auch.« Eine Sekunde lang stellte er sich Faiths Daddy vor, der ihn um Geld anhaute. Es war nicht zu fassen, aber Lee hätte wahrscheinlich seine Brieftasche gezückt.
»Aber auch das Vertrauen hat seine Grenzen, was? Hör zu: Du behältst die Reisetaschen. Ich brauche nur meine Handtasche. Wenn du dir wirklich Sorgen machst - von hier aus hast du einen guten Blick auf die Kontrolle. Sollte ich versuchen, dir zu entwischen, hast du mich in null Komma nichts eingeholt. Ich wette, du kannst viel schneller laufen als ich.« Sie stand auf. »Daß ich das FBI nicht anrufen kann, ist doch wohl klar, oder?«
Sie schaute ihn eine ganze Weile an, als wolle sie, daß er ihr logisches Argument zerpflückte.
»Na schön.«
»Wie heißt du denn jetzt? Ich brauche den Namen für dein Ticket.«
»Charles Wright.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Und deine Freunde nennen dich Chuck?«
Er bedachte Faith mit einem unbehaglichen Lächeln, und sie drehte sich um und verschwand in der Menge.
Kaum war sie fort, bedauerte Lee seine Entscheidung. Sicher, sie hatte ihre Reisetasche zurückgelassen, aber es waren nur die paar Klamotten darin, die er ihr gegeben hatte. Die Handtasche aber hatte sie mitgenommen - und somit alles, was sie wirklich brauchte: den falschen Ausweis und ihr Geld. Ja, er konnte die Sicherheitskontrolle von hier aus sehen, aber angenommen, Faith marschierte einfach zum Ausgang raus? Angenommen, sie hatte genau das vor? Ohne sie hatte er nichts in der Hand. Und hier gab es ein paar wirklich gefährliche Leute, die wußten, wo er wohnte.
Leute, denen es großen Spaß machen würde, ihm einen Knochen nach dem anderen zu brechen, bis er ihnen erzählte, was er wußte. Nämlich nichts. Es würde diese Leute nicht gerade freuen, das zu hören. Und die nächste - und letzte - Station war dann irgendein tiefes Loch im Wald.
Es war genug. Lee sprang auf, schnappte sich die beiden Taschen und eilte hinter Faith her.
KAPITEL 20
Jemand klopfte an Brooke Reynolds’ Tür. Connie steckte den Kopf ins Zimmer. Brooke telefonierte gerade, winkte ihn aber herein.
Connie hatte zwei Tassen Kaffee mitgebracht. Eine stellte er zusammen mit zwei Windbeuteln, Zucker und einem Rührstäbchen vor Brooke ab. Sie dankte ihm mit einem Lächeln. Er setzte sich und nippte am Kaffee, bis Brooke das Telefongespräch
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