Die Verschwörung
mit der ihm angeborenen Sicherheit und seinem üblichen Humor. »Tut mir leid, daß Sie heute nur die zweite Geige zu sehen kriegen«, hatte er gesagt. »Aber ich werde mir alle Mühe geben, es kurz und schmerzlos zu machen.«
Auch wenn es überflüssig war, Faiths ausgezeichneten Ruf zu kräftigen, hatte Buchanan dem Klienten die Geschichte erzählt, wie sie einst sämtlichen 535 Kongreßabgeordneten - in einer Geschenkpackung mit roter Schleife - höchstpersönlich detaillierte Umfrageergebnisse übergeben hatte, die besagten, daß die amerikanische Öffentlichkeit die weltweite Impfung von Kindern zu hundert Prozent unterstützte. Sie hatte dieser Geschenkpackung Informationsmaterial und Fotos von Kindern aus fernen Ländern vor und nach einer Impfung beigelegt. Manchmal waren Fotos für sie die wichtigste Waffe gewesen. Dann wieder hatte sie sechsunddreißig Stunden lang ohne Pause am Telefon gesessen, um in- und ausländische Unterstützung einzuholen, und über einen Zeitraum von zwei Wochen mit einigen internationalen Wohltätigkeitsorganisationen umfangreiche Präsentationen auf drei Kontinenten veranstaltet, um zu zeigen, wie man solche Ziele erreichte. Und wie wichtig sie waren. Mit dem Ergebnis, daß das Parlament einen Antrag gebilligt hatte, eine Studie zu erstellen, um zu klären, inwiefern solche Bemühungen Aussicht auf Erfolg hätten. Gutachter hatten Millionen Dollar an Honoraren eingestrichen, und mehrere Wälder waren abgeholzt worden - für das Papier, auf dem man die Studie druckte, um die enormen Gutachterhonorare zu rechtfertigen. Und ohne die Zusage, daß auch nur ein Kind geimpft wurde.
»Ein kleiner Erfolg, gewiß, aber immerhin ein Schritt nach vorn«, hatte Buchanan zu seinem Klienten gesagt. »Wenn Faith sich etwas ins Visier nimmt, geht man ihr lieber aus dem Weg.« Der Klient hatte es längst gewußt, und das wußte auch Buchanan. Vielleicht hatte er es nur gesagt, damit seine Stimmung sich besserte. Vielleicht hatte er auch nur über Faith reden wollen. Er war im letzten Jahr ziemlich übel mit ihr umgesprungen, ziemlich grob. Die Vorstellung, sie könnte in seinen Thornhill-Alptraum hineingezogen werden, hatte ihn erschreckt. Nur deswegen hatte er sie auflaufen lassen. Tja, es war ihm offenbar gelungen, sie in die Arme des FBI zu treiben. Tut mir leid, Faith.
Nach dem Essen war Buchanan ins Kapitol zurückgekehrt und hatte mehrere Abstimmungen im Plenarsaal abgewartet. Er hatte seine Visitenkarten ins Plenum bringen lassen und einige Abgeordnete um ein kurzes Gespräch gebeten. Die anderen wollte er sich schnappen, wenn sie aus dem Aufzug kamen.
»Für bestimmte Nationen ist ein Schuldenerlaß die Kernfrage, Herr Senator«, hatte er zu mehr als einem Dutzend Politikern gesagt, als er neben ihnen und ihrem überaus wachsamen Gefolge her marschiert war. »Diese Länder geben mehr für Tilgungszinsen aus als für Gesundheit und Bildung. Was haben sie von einer guten Handelsbilanz, wenn Jahr für Jahr zehn Prozent der Bevölkerung sterben? Dann haben sie zwar einen tollen Kredit, aber keinen mehr, der etwas davon hat. Wir müssen den Reichtum dort verteilen.« Nur eine Person konnte solche Appelle besser abgeben, aber Faith war nicht da.
»Richtig, Danny, richtig. Wir kommen noch mal darauf zurück. Schicken Sie mir Material.« Wie die Blüten einer Blume, die sich abends schließt, scharte sich das Gefolge um den Politiker, und das Bienchen Danny machte sich vom Acker, um anderswo Nektar zu sammeln.
Das Parlament war ein Ökosystem, dessen Zusammenspiel so kompliziert war wie das in den Weltmeeren. Wenn Danny durch die Gänge schlenderte, beobachtete er, was sich ringsum tat. Ihrem Spitznamen gemäß waren die »Einpeitscher« überall, um dafür zur sorgen, daß die Abgeordneten nicht von der Parteilinie abwichen. Buchanan wußte, daß die Telefone in ihren Büros nicht still standen, mit dem gleiche Ziel. Boten eilten durch die Gänge und suchten Leute, die wichtiger waren als sie. In den breiten Korridoren versammelten sich Grüppchen und besprachen mit ernster, gewichtiger Miene weltbewegende Dinge. Männer und Frauen drängten sich zu den überfüllten Aufzügen, in der Hoffnung, für ein paar kostbare Sekunden mit einem Abgeordneten reden zu können, ohne dessen Unterstützung sie nicht weiterkamen. Abgeordnete unterhielten sich, legten Grundsteine für künftige Abmachungen oder bestätigten bereits getroffene Vereinbarungen. Es ging durchweg chaotisch zu, und dennoch gab
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