Die Verschwörung
»Rusty« genannt. Und er konnte sich lange zurückerinnern, denn sie waren zusammen aufgewachsen. Als Vorsitzender des Senatsausschusses zur Überwachung der Nachrichtendienste hatte Ward großen Einfluß auf das Wohlergehen - oder Nicht-Wohlergehen - sämtlicher Geheimdienste des Landes. Er war klug, politisch ausgebufft, ehrlich, arbeitete hart und stammte aus einer reichen Familie aus dem Nordosten, die ihr Vermögen jedoch verloren hatte, als Ward noch ein junger Mann gewesen war. Ward war nach Süden gegangen, nach Raleigh, und hatte sich methodisch eine Laufbahn im öffentlichen Dienst aufgebaut. Er war Senator von North Carolina und urde in seinem Staat angebetet. Nach Buchanans Klassifikationssystem konnte man Rusty Ward als festen »Gläubigen« etikettieren. Er war mit jedem politischen Spielchen vertraut, das man je gespielt hatte. Er kannte die Stärken aller Menschen, und was noch wichtiger war, auch ihre Schwächen. Körperlich war er, wie Buchanan wußte, ein Wrack; seine Probleme reichten von Diabetes bis Prostata. Doch geistig war Ward so fit wie immer. Wer den gewaltigen Intellekt dieses Mannes seiner körperlichen Gebrechen wegen unterschätzte, würde es bitter bereuen.
Ward schaute von der Speisekarte auf. »Host’ irgendwos Intressantes auf der Pfanne, Danny?«
Seine Stimme war tief und dröhnend und klang so, wie man es von einem Südstaatler erwartete. Seinen harten YankeeAkzent hatte er längst verloren. Buchanan konnte stundenlang mit ihm zusammensitzen und ihm zuhören. Und er hatte es bei zahlreichen Gelegenheiten auch getan.
»Immer der gleiche Käse«, erwiderte er. »Und bei dir?«
»Hatte heute morgen a intressante Anhörung. Im Ausschuß. Es ging um die CIA.«
»Tatsächlich?«
»Host scho’ amol von einem Gentleman namens Thornhill gehört? Robert Thornhill?«
Buchanan setzte eine neutrale Miene auf. »Kann nicht behaupten, daß ich ihn kenne. Erzähl doch mal.«
»Er gehört zu den alten Mächten bei der CIA. Einer der leitenden Direktoren. Klug, gerissen, und lügt wie gedruckt. Ich traue ihm nicht.«
»Hört sich an, als sollte man ihm auch nicht trauen.«
»Eins muß ich ihm allerdings lassen. Er hat hervorragende Arbeit geleistet und viele andere CIA-Direktoren überlebt. Hat seinem Land wirklich außerordentlich gut gedient. Er ist in dem Laden eine echte Legende. Deshalb kann er mehr oder weniger machen, was er will. Aber so was ist gefährlich.«
»Auch bei dem Burschen? Klingt, als wäre er ein echter Patriot.«
»Das macht mich ja so besorgt. Menschen, die sich für echte Patrioten halten, sind nicht selten Fanatiker. Und meiner Meinung nach sind Fanatiker nur einen Schritt vom Wahnsinn entfernt. Dafür hat es in der Geschichte genügend Beispiele gegeben.« Ward grinste. »Er kam heute zu uns und hat den üblichen Stuß bei uns abgeladen. Er hat so selbstgefällig dreingeschaut, daß ich beschlossen habe, ihn ein bißchen zu reizen.«
Buchanan blickte Ward interessiert an. »Und wie?«
»Ich habe ihn nach den Todesschwadronen befragt.« Ward hielt inne und schaute sich kurz um. »Wegen dieses Themas hatten wir früher Probleme mit der CIA. Sie finanziert kleine aufständische Gruppen, rüstet und bildet sie aus und hetzt sie auf Menschen - wie Hunde, die auf Waschbären dressiert sind. Aber im Gegensatz zu einem braven Waschbärenhund tun diese Leute Dinge, die sie nicht tun sollten. Zumindest nicht nach den offiziellen Regeln.«
»Und was hat er geantwortet?«
»Tja, darüber stand leider nichts in seinem kleinen Manuskript. Er hat seine Unterlagen durchgeblättert, als würde er gleich ‘ne bewaffnete Bande daraus hervorschütteln.« Ward lachte dumpf. »Dann hat er mir irgendein Geschwafel an den Kopf geworfen, das weder Hand noch Fuß hatte. Er sagte, die neue CIA sei nur dazu da, Informationen zu sammeln und auszuwerten. Als ich ihn fragte, ob er damit sagen wolle, mit der alten CIA sei irgendwas nicht in Ordnung gewesen, hab’ ich fast geglaubt, daß der Bursche mir über den Tisch an die Gurgel fährt.« Ward lachte erneut. »Immer der gleiche alte Käse.«
»Was hat er denn vor, das dich so gegen ihn eingenommen hat?«
Ward lächelte. »Willste mich etwa dazu verführen, daß ich vertrauliche Dinge erzähle?«
»Natürlich.«
Ward schaute sich noch einmal um; dann beugte er sich vor und sprach leise weiter. »Er hat Informationen zurückgehalten, was sonst? Du kennst doch die Schlapphüte, Danny. Sie schreien immer nur nach mehr Geld, und
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