Die Verschwörung
vor, daß sie und er nackt unter freiem Himmel lagen. Gebräunte Haut, feuchtes Haar, die Glieder umeinander geschlungen. Sie wünschte sich, die Kluft mit den langen Reißverschlüssen nicht tragen zu müssen, wenn sie mit neunzig Sachen über den harten Asphalt fegten.
»Ja?«
»Falls du auch nur daran denkst, mich noch mal so zu verarschen wie am Flughafen, drehe ich dir eigenhändig den Hals um, kapiert?«
Sie lehnte sich zurück, drückte sich an die Rückenlehne und versank noch tiefer im Leder. Fort von ihm. Ihrem strahlenden weißen Ritter mit den verhexenden blauen Augen.
Soviel zum Thema Erinnerungen. Und zum Thema Träume.
KAPITEL 26
Danny Buchanans Blick schweifte über eine vertraute Szenerie. Die Veranstaltung war typisch für Washington: ein Dinner in Politikerkreisen mit dem Ziel, Spendengelder zu beschaffen. Das Essen fand in einem Hotel im Stadtzentrum statt. Das Hähnchenfleisch war faserig und kalt, der Wein billig, die Gespräche engagiert, die Risiken hoch, das Protokoll verzwickt, das Selbstbewußtsein oftmals unglaublich. Die Teilnehmer an diesem Essen waren entweder reich und/oder hatten gute Beziehungen, oder es waren unterbezahlte politische Assistenten, die tagsüber schwer schufteten und für ihre ungeheuren Anstrengungen belohnt wurden, indem man sie dazu zwang, am Abend auch noch bei Veranstaltungen dieser Art tätig zu sein. Angeblich hatten der Finanzminister und einige andere politische Größen teilnehmen wollen. Seit er mit einer bekannten Hollywood-Schauspielerin verlobt war, die sich gern in den Ausschnitt blicken ließ, sobald irgendwo ein Fotoapparat klickte, war der Minister gefragter denn je. In letzter Minute hatte er ein besseres Angebot erhalten, eine Rede zu schwingen, doch so etwas kam in dem endlosen Spiel »Wäscht du meine Hand, so wasch ich deine« oft vor. An Stelle des Ministers war irgendein Bursche aus der dritten Garnitur gekommen, ein unbeholfener, nervöser Knabe, den eigentlich niemand kannte und für den sich auch niemand interessierte.
Die Veranstaltung war eine von vielen Gelegenheiten, zu sehen und gesehen zu werden und sich dabei zugleich ein Bild über den augenblicklichen Stand der Hackordnung einer bestimmten Untergruppe der Polithierarchie zu machen. Die meisten nahmen nicht mal Platz, um zu essen. Sie lieferten nur ihren Scheck ab und eilten weiter zum nächsten Event. Auch für Gerüchte war eine Veranstaltung wie diese eine sprudelnde Quelle. Oder eine schwärende Wunde, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man es sah.
An wie vielen Essen dieser Art hatte Buchanan im Lauf der Jahre teilgenommen? In der hektischen Geldbeschaffungsära, als er noch Großunternehmen vertreten hatte, hatte er wochenlang pausenlos an Frühstücken, Mittagessen, Abendessen und Partys teilgenommen. Manchmal war er vor Erschöpfung bei den falschen Veranstaltungen aufgekreuzt - bei einem Empfang für einen Senator aus North Dakota statt bei einem Abendessen für einen Abgeordneten aus South Dakota. Seit er für die Armen der Welt arbeitete, hatte er diese Probleme nicht mehr, allein aufgrund der schlichten Tatsache, daß er nun kein Geld mehr verteilte. Eins wußte Buchanan jedoch sehr genau: Wenn es bei der Spendengeldbeschaffung eine Binsenweisheit gab, dann die, daß nie genug Geld da war. Was wiederum bedeutete, daß es immer eine Gelegenheit gab, hier und da Verantwortliche zu beeinflussen. Immer.
Nach der Rückkehr aus Philadelphia hatte sein Tag ohne Faith erst richtig angefangen. Er hatte sich aus zahllosen unterschiedlichen Gründen mit einem halben Dutzend verschiedener Leute aus dem Kapitol und deren Mitarbeitern getroffen, um Termine für zukünftige Gespräche zu vereinbaren. Die Assistenten der Politiker waren wichtig, besonders jene, die für die Vorbereitung von Ausschußsitzungen zuständig waren. Die Politiker kamen und gingen, die Assistenten blieben meist ewig und kannten sämtliche Probleme und Vorgänge aus dem Effeff. Danny wußte, daß man Politikern nicht überraschend auf die Bude rücken durfte. Man durfte auch nicht den Versuch machen, ihre Assistenten zu übergehen. Einmal hatte man vielleicht Glück dabei, aber danach war man erledigt: Erboste Assistenten rächten sich, indem sie den Übeltäter am ausgestreckten Arm verhungern ließen.
Anschließend hatte Buchanan ein verspätetes Mittagessen mit einem zahlenden Klienten eingenommen, den normalerweise Faith übernahm. Buchanan hatte sich für ihre Abwesenheit entschuldigen müssen -
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