Die Verschworenen
ein seltsamer Auftrag. Dafür bringst du mir vier Flaschen medizinischen Alkohol und drei Packungen von diesen antiseptischen Wundverbänden, da sind jeweils zehn Stück drin.«
Ich nicke mit einer Zuversicht, die ich nicht empfinde. Vier Flaschen Alkohol aus der Sphäre zu schmuggeln, ist kein Kinderspiel. Aber mir ist klar, dass das eine Ware ist, die ihm jeder Clan aus den Händen reißen wird. Es ist schwierig, Schnaps zu brennen, wenn man kein Obst und kein Getreide zur Verfügung hat. »Wann sehen wir uns wieder?«
»In zwei Wochen. Ich habe viel zu erledigen, aber am übernächsten Ruhetag werde ich wieder da sein.«
Wir schütteln einander die Hände, wobei Krunno mich mit einem forschenden Blick betrachtet, als hätte er plötzlich ein neues Bild von mir, das es einzuordnen gilt.
Zurück an der Schleuse bin ich besonders freundlich zu dem großen Sentinel und hoffe, er wird auch in zwei Wochen wieder Dienst haben.
31
Mein neuer Posten bringt mehr Veränderungen mit sich, als ich zu Beginn vermutet hätte. Solange ich in der Kantine gearbeitet habe, konnte ich dort auch essen; jetzt muss ich mich dreimal täglich bei der Essensausgabe für Arbeiter anstellen. Das ist mühsam, die Sitten sind rau und das Essen ist deutlich schlechter.
Außerdem vermisse ich die immer gleichen Arbeitszeiten in der Kantine ein wenig. Jetzt variieren meine Dienste von Tag zu Tag, je nachdem, wann Albina eingeteilt ist. Oft arbeitet sie auch länger als vorgesehen, und ich mit ihr. Dadurch verpasse ich häufiger, als mir lieb ist, die Treffen mit Aureljo bei unserer Pilzbank. Trotzdem kommt er jeden Abend dorthin. Sein Plan, ein Belüftungsrohr zu verstopfen und so Zutritt zum Raum der drei farblosen Sentinel zu bekommen, ist bisher nicht allzu weit fortgeschritten. Im Moment arbeitet er mit zwei Männern zusammen, die beide auf eine baldige Beförderung hoffen und daher ihre Kollegen genau im Auge behalten. »Sie würden mich sofort anschwärzen, wenn ich ohne Grund für ein paar Minuten verschwinde. Vielleicht würden sie mir sogar folgen, um zu sehen, was ich tue.«
Dantorian nickt bestätigend. »So sind viele von ihnen.« Er hat aus der Agrarkuppel Birnen mitgebracht und drückt mir zwei davon in die Hand. »Neue Züchtung, sagen sie. Besonders vitaminreich.«
Falls er sie auch gelegentlich isst, sieht man ihm das nicht an. Ich habe den Eindruck, er fühlt sich nicht wohl in seiner Haut, die blasser ist als zuletzt. Auf meine Nachfrage hin zuckt er die Schultern.
»Bei den Dornen konnte ich wenigstens ab und zu mit Kohle zeichnen«, antwortet er zögernd. »Und an der großen Skizze der Sphäre arbeiten. Aber seit wir hier sind, habe ich keinen Stift mehr in der Hand gehabt. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so fehlen würde.«
Ich biete ihm an, ein wenig Neupapier und einen Faserstift im Medpoint für ihn zu klauen, doch er winkt ab.
»Das wäre viel zu auffällig. Du glaubst ja nicht, wie abgestumpft die anderen Arbeiter in der Agrarkuppel sind, Ria. Die interessieren sich für nichts als die nächste Mahlzeit. Na ja, und für manche der Mädchen, die dort arbeiten. Außerdem schimpfen sie ständig auf die Prims und wünschen ihnen alles Mögliche an den Hals, als ob das ihr Leben irgendwie schöner machen würde.« Er schüttelt den Kopf. »Die mit Familien sind ein bisschen besser dran, glaube ich, sie sprechen vor allem über ihre Kinder. Aber sonst … Niemand dort käme auf die Idee, etwas zu malen oder ein Gedicht zu schreiben. Ich würde auffallen und das will ich nicht.«
So viel am Stück spricht Dantorian nur selten; ihm muss der Austausch mit seinesgleichen wirklich fehlen. Ich nehme mir vor, bei nächster Gelegenheit trotzdem Papier für ihn mitzubringen. Er kann ja die Zeit auf der Bank nutzen, um zu zeichnen. Es beunruhigt mich, dass er so unglücklich aussieht.
»Wir sind bisher keinen Schritt weitergekommen, oder?«, murmelt er, als wir uns an diesem Abend verabschieden. »Gut, wir haben jetzt die Bestätigung, dass wir offiziell tot sind, aber sonst?« Er wirft einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Aureljo, der bereits ein paar Schritte vorausgegangen ist, ihn nicht hören kann. »Denkst du, es war ein Fehler, herzukommen?«
»Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt glaube ich mittlerweile, dass es keine so schlechte Idee war, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Auch wenn wir nichts herausfinden, wir wissen jetzt immerhin, dass uns nicht jeder Sphärenbewohner auf
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