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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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schützen.
    Porter sagt, es wäre keine Schande, ihnen zu sagen, wie sehr sie in unserer Schuld stehen, aber Chendar und ich konnten ihn vom Gegenteil überzeugen. Wir müssten zu viel erklären, damit sie es begreifen. Und wer weiß, wie sie dann reagieren.
    Wobei – eine Frau aus dem Clan könnte man eventuell ins Vertrauen ziehen. Sie heißt Glenna und ich halte sie für außerordentlich intelligent. Sie hilft mir sehr dabei, die anderen Clanleute auf unsere Seite zu bringen und das Misstrauen zu bekämpfen. Man hört auf sie.
    Von ihr habe ich auch erfahren, wie dieser Clan sich nennt: Totenwächter. Sie leben zwischen den Knochen ihrer Urahnen und legen sich einfach zu ihnen, wenn sie fühlen, dass das Ende nah ist.
    Ein Name wie dieser kann keinen Mut geben. Es wird Zeit, dass …
    Wieder endet die Seite mitten im Satz und ich lasse meine Hand mit dem Zettel sinken.
    Totenwächter. Haben diese Menschen in den Katakomben überlebt, tief unter der Erde, wo sie vor Unwettern geschützt waren? Wo die Kälte nicht so schneidend war?
    Wenn man Jordans Bericht glauben darf, dann war es vermutlich so. Kein Wunder, dass sie sich Totenwächter nannten, wenn sie ihr Leben zwischen alten Schädeln und Knochen verbringen mussten.
    Jetzt ist Tomma eine von ihnen.
    Ich schüttle den Gedanken ab. Unsinn. Tomma ist eine von uns und wird es immer bleiben. Ich will das Architekturbuch gerade auf einen meiner Stapel legen, da bemerke ich, dass ich um ein Haar eine zweite Chronik-Seite übersehen hätte. Sie ist in viel schlechterem Zustand. Stärker verfärbt, außerdem fehlt unten ein Stück. Die Schrift ist verwischt, manche Worte ganz unter Flecken verborgen. Trotzdem rekonstruiere ich mit einiger Mühe einen sinnvollen Text.
    18, 19, 20, die magischen Zahlen. Es war meine Idee, diese Grenze einzuziehen, obwohl unsere Vorgesetzten es nicht billigten. Meine Freundschaft mit Chendar beruht darauf, dass er meine Gründe sofort verstanden hat und sie für richtig befand.
    Es geht ihm hier nicht gut. Der Totenschädel, den er nun ständig mit sich trägt, ist der eines Mannes, und er nennt ihn Melchart. Mit Melchart führt Chendar ausführliche Gespräche, überhäuft ihn mit Beschimpfungen und gelegentlich übt er Zielspucken in die leeren Augenhöhlen. Ich mache mir Sorgen um ihn. Die Umgebung, die Finsternis und der Mangel an Beschäftigung machen ihm mehr zu schaffen als mir und Porter. Er trauert seiner Karriere nach und ich habe den Eindruck, er bedauert seinen Schritt. Richtig gut geht es keinem von uns. Was wir begriffen haben, was wir wissen, drückt uns allen aufs Gemüt, es presst die Hoffnung aus uns heraus und lässt uns kraftlos zurück.
    Dunkelheit, Kälte und Angst müssen den Männern furchtbar zugesetzt haben. Ich möchte gern mehr wissen, weiterlesen, doch obwohl ich mindestens dreißig Kunstbücher durchblättere, findet sich keine weitere von Jordans Aufzeichnungen. Aber es ist nur eine Frage von Beharrlichkeit und Geduld. Ich werde morgen weitersuchen.
    Das Zeichen für Gefahr. Für Feind. Für Gewässer. Für Wolf.
    »Und jetzt zeig mir, dass in vierzig Metern Entfernung ein achtköpfiger Trupp Sentinel auf der Lauer liegt. Vier von ihnen sind bewaffnet.« Sandor verschränkt abwartend die Arme vor der Brust.
    Die Aufgabe ist deshalb nicht ganz leicht, weil ich die Acht und die Vier unmissverständlich zuordnen muss. Acht Sentinel insgesamt, vier bewaffnete. Ich denke kurz nach, bevor ich beginne, setze winzige Pausen wie Kommas zwischen die Zeichen.
    »Das war gut.«
    Der Morgen graut und es schüttet. Richtiger Regen, der sich nicht einmal besonders kalt anfühlt. Ich habe mich ein paar Minuten unter den auf mich einstürzenden Tropfen gedreht, bevor Sandor mich am Arm in den Keller der Ruine gezogen hat, durch die wir gekommen sind.
    Jetzt sitzen wir in einer trockenen Ecke, der Wind pfeift von oben herein und an uns vorbei. Die Zeit mit dem Erlernen der Zeichensprache zu verbringen, war mein Vorschlag. Insgeheim betrachte ich sie als meine sechzehnte Sprache, auch wenn ich bisher höchstens die Grundzüge beherrsche.
    »Jetzt versuch mal: Ich glaube, hinter dem Hügel brennt ein Feuer.«
    Brennen, gibt es dafür ein eigenes Zeichen? Oder genügt das für Feuer? Ich zeige Hügel und krümme Zeige- und Mittelfinger für die Geste, die dahinter bedeutet. Für Feuer brauche ich beide Hände. Am Ende lege ich drei Finger gegen meine rechte Schläfe, was sowohl denken als auch glauben heißen kann.
    »Hinter

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