Die verschwundene Frau
einem Knäuel aus Menschen, Hund und Leine zu Boden. Peppy gesellte sich jammernd zu uns.
»Das war's, Warshki«, keuchte Lemour auf dem Boden liegend. »Jetzt müssen Sie sich auch noch wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt verantworten. Sie können von Glück sagen, wenn Sie Weihnachten wieder daheim sind. Und den Hund da lasse ich einschläfern, weil er mich angegriffen hat.«
Inzwischen hatte sich eine Gruppe von Schaulustigen versammelt. Eine junge Frau sagte, es sei doch ein starkes Stück, einen Hund zuerst zu schlagen und dann damit zu drohen, dass man ihn einschläfern lassen wolle.
»Man sieht doch, dass er ganz friedlich ist, und außerdem ist er angeleint«, meinte sie und beugte sich zu Mitch herunter.
»Halten Sie den Mund, wenn Sie nicht auch noch verhaftet werden wollen«, sagte Lemour voller Zorn.
Die junge Frau wich zurück, und der Deputy Sheriff versuchte ein zweites Mal einzugreifen - erfolglos.
Wegen der Handschellen hatte ich den Sturz nicht mit den Händen abmildern können und lag nun, nach Luft schnappend und die rechte Wange von dem Aufprall auf dem Beton schmerzend, auf dem Gehsteig. Mitch rappelte sich hoch und schüttelte sich wie ein Preisboxer, der gerade einen harten Schlag einstecken hat müssen, aber bereit ist, wieder in den Ring zu gehen. Peppy leckte ihm voller Sorge übers Fell. Mitch ist ein ziemlich großer und nicht gerade schöner Hund, halb schwarzer Labrador, halb Golden Retriever wie Peppy, und er ist mir nie so wichtig gewesen wie sie, aber im Augenblick musste ich fast weinen, als ich ihn mit dem Schwanz wedeln sah.
Ich rollte mich auf die Knie. Mr. Contreras half mir auf die Füße und ließ dabei Lemour nicht aus den Augen, der sich den Schmutz von seinem Anzug wischte, den Blick voller Zorn. Als er wieder auf den Beinen war, machten die Hunde Anstalten, auf ihn loszugehen.
»Mitch, Peppy! Sitz!« keuchte ich, und ausnahmsweise gehorchten die Hunde mir. »Bringen Sie sie rein, bevor Lemour völlig ausrastet und auf sie schießt«, sagte ich zu Mr. Contreras. »Und bitte nehmen Sie auch meine Handtasche mit, bevor er sich meine Brieftasche unter den Nagel reißt. Könnten Sie bitte Freeman für mich anrufen? Und Morrell? Mit dem bin ich morgen zu einem Picknick verabredet. Könnten Sie ihm Bescheid sagen, wenn ich nicht rechtzeitig wieder freikomme? Seine Nummer steht in meinem elektronischen Notizbuch, und das ist in meiner Handtasche.«
Mr. Contreras schaute mich so verwirrt an, dass ich nicht sicher war, ob er mich gehört hatte, aber er nahm die Handtasche vom Boden. Ich wollte gerade noch einmal alles, was ich gesagt hatte, wiederholen, doch Lemour packte, nachdem er wütend versucht hatte, seine Krawatte geradezuziehen, meinen Arm und schob mich den Gehsteig hinunter. Als wir beim Streifenwagen angekommen waren, wollte er mich auf den Rücksitz stoßen, schaffte es aber nicht, weil er aufgrund seiner geringen Größe nicht die richtige Hebelwirkung hatte. Der Deputy Sheriff von Du Page County nahm mich am linken Arm und murmelte eine Entschuldigung, während er mich auf den Rücksitz schob.
»Ah, Doug, können Sie mir den Schlüssel geben? Ich muss sie am Sitz festkeilen - mit den Armen hinter dem Körper kann sie nicht fahren.«
Lemour kletterte hinter das Steuer des Wagens, ohne ihm Beachtung zu schenken. Der Deputy Sheriff sah mich unsicher an, doch als Lemour den Wagen anließ, schloss er hastig die Tür und setzte sich auf den Beifahrersitz. Lemour fuhr so schnell an, dass ich mit dem Kopf gegen das Metallgitter prallte, das den vorderen Teil des Innenraums vom hinteren trennte.
Wut stieg in mir auf, doch ich wusste, dass ich sie unterdrücken musste, weil ich im Moment nichts gegen Lemour ausrichten konnte. Als er an der Ampel Ecke Addison Street anhielt, rappelte ich mich so weit hoch, dass ich seitlich saß und die Beine auf dem Beifahrersitz ausstrecken konnte. Meine Schultern begannen allmählich höllisch zu schmerzen.
Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Als ich vom Schwimmen mit den Hunden zurückgekommen war, hatte Robbie bereits ausgeschlafen und machte erste vorsichtige Annäherungsversuche mit Peppy. Mr. Contreras hatte seine Frühstücksspezialität French Toast zubereitet, und Robbie entspannte sich sichtlich, als er ihm noch eine zweite Portion aufdrängte: Vermutlich war dies das erste Mal in seinem Leben, dass er nicht für jeden Bissen, den er aß, kritisiert wurde.
Später war ich zu Morrell nach Evanston gefahren. Ganz
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