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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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fragte sie mich, ob Freeman nun veranlassen sollte, dass ich auf Kaution freigelassen wurde. Es fiel mir schwer, nein zu sagen, aber ich wollte unbedingt selbst noch einen Blick in die Näherei werfen. Also erklärte ich ihr, ich werde mir noch eine Woche Zelt nehmen, bevor ich endgültig das Handtuch werfen würde.
    Ich war mir ziemlich sicher, dass mindestens einer der Aufseher in die Zellen in unserem Block kam, sobald das Licht ausgemacht wurde - das war die einzige Erklärung, die ich für das Türenschlagen und die Schreie hatte, die mich manchmal in der Nacht weckten. Aber keine der Frauen sagte je etwas. Allerdings waren etliche der Frauen, die schon mehr als ein Jahr - in einem Fall sogar sechs Jahre - einsaßen, schwanger.
    Wenn ich die Frauen, die sich Briefe von mir schreiben ließen, danach fragte, wurden sie schweigsam. Eine von ihnen flüsterte mir in der Warteschlange vor der Essensausgabe zu, eine Frau namens Cynthia habe ein ganzes Jahr in Einzelhaft verbringen müssen, weil sie nach einer Vergewaltigung durch einen Aufseher Beschwerde eingereicht hatte. Die Gefängnisleitung hatte erklärt, sie habe sich die Sache mit der Vergewaltigung nur ausgedacht, um schneller aus dem Gefängnis herauszukommen. Danach seien die Frauen mit ihren Beschwerden noch zurückhaltender gewesen. Wenn man in Coolis schwanger wurde, bekam man normalerweise Medikamente. »Sie sagen: >Soso, dein Zyklus ist ein bisschen durcheinander. Dann nimm mal das da. Hinterher bist du drei Tage, vielleicht auch 'ne Woche, krank, und das Baby geht ab.<«
    Durch Arzneien herbeigeführte Abgänge, und das in einem Land, in dem die Pille danach verboten war. Wirklich einfallsreich. Ich fragte mich, wer die Diagnose stellte und die Mittel verabreichte, aber mittlerweile waren wir an der Essensausgabe angekommen, und die Frau trennte sich von mir, um sich zu ihren Freundinnen zu gesellen.
    Was würde ich machen, wenn es Polsen einfiel, nach dem Verlöschen der Lichter zu mir in die Zelle zu kommen? Der Gedanke daran ließ mich in jener und den folgenden Nachten kaum Schlaf finden.

Audienz bei Miss Ruby
    Am Anfang der dritten Woche wurde ich dem Küchendienst zugewiesen, eine furchtbare Arbeit, besonders im Sommer. Wir hievten Fünfzig-Pfund-Töpfe mit Essen zwischen Herd und Warmhalteplatten hin und her, trugen riesige Säcke mit Abfällen, rutschten auf dem schmierigen Boden aus und holten uns Verbrennungen von Fettspritzern. Für die Arbeit bekamen wir sechzig Cents die Stunde. Meine Mitarbeiterinnen waren ziemlich mürrisch und schlampig, was es noch schwieriger machte, sich keine Verletzungen einzuhandeln.
    Zwar konnte man sich weigern zu arbeiten, aber dann wurde man aufgeschrieben, und wenn man oft genug aufgeschrieben worden war, landete man in Einzelhaft. Sobald diese dann zu Ende war, wurde einem wieder neue Arbeit zugewiesen. In der Küche war die Fluktuation besonders groß, aber ich konnte mir einfach keine Zeit in Einzelhaft leisten, also biss ich die Zähne zusammen.
    »Das hier ist kein Ferienlager«, sagte der diensthabende Aufseher, wenn eine Frau sich über eine Verbrennung oder Rückenschmerzen beklagte. »Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du auf die schiefe Bahn gekommen bist. Du bist nicht hier, um dich zu pflegen, sondern um was zu lernen.«
    Ich hatte bereits herausgefunden, dass die rudimentäre medizinische Versorgung, die es in Coolis gab, gar nicht so leicht zu bekommen war. Als eine Frau sich mit heißem Fett den Arm verbrannte, rügte der Küchenaufseher sie, sie weine wegen nichts und wieder nichts. Am nächsten Tag erschien sie nicht zur Arbeit; von den anderen Frauen erfuhr ich, dass ihr Arm sich über Nacht entzündet hatte und voller Eiterpusteln war. Sie war vom »Hausarzt« behandelt worden, einem Aufseher, der eine einjährige Pflegerausbildung gemacht hatte, bevor er nach Coolis gekommen war.
    Der Gestank des zu lange gekochten Essens und der Anblick von Kakerlaken und Mäusekot raubten mir den Appetit; wenn die Frauen, für die ich die Briefe schrieb, mir kein frisches Obst gebracht hatten, hätte ich wahrscheinlich fast gar nichts mehr gegessen. Nach einer Woche in der Küche fiel es mir schwer, mich daran zu erinnern, warum ich beschlossen hatte, im Gefängnis zu bleiben. Am Freitag abend lag ich gerade auf meiner Pritsche und überlegte, ob ich Freeman anrufen und bitten sollte, mich am Montag herauszuholen, als Solina hereinkam und mir mitteilte, dass Miss Ruby mich sehen wolle.
    An

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