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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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noch schlechter wie mir. Meine Mutter ist high, solang' ich denken kann, und meine Schwester hat acht Kinder - die weiß selbst nicht, wie sie über die Runden kommt. Meine Tante unten in Alabama würde sie nehmen, wenn ich sie ihr schicke, aber die Sozialarbeiterin will nichts von meiner Tante hören. Und wer gibt mir das Geld, damit ich die Kinder in den Bus setzen kann, wenn die Sozialarbeiterin gegen mich ist?«
    Ich lehnte mich gegen die Wand - natürlich hatten wir keinen Stuhl. »Du könntest ihr einen Brief schreiben, in dem du ihr sagst, dass du ein ordentliches Zuhause für sie hast und bereit bist, eine Entziehungskur zu machen.«
    Sie sah mich argwöhnisch an. »Was weißt du denn von Entziehungskuren und Abmachungen mit Sozialarbeitern? Und wie soll ich in ein Wiedereingliederungsprogramm kommen, wenn ich mir nicht mal 'nen Anwalt leisten kann? Meinst du denn, solche Sachen wachsen für Leute ohne Geld auf den Bäumen? Das einzige, was mir bleibt, ist, dass ich meine Strafe absitze.«
    Ich sagte ihr nicht, woher ich die Dinge wusste, die ich angedeutet hatte, sondern erklärte ihr, dass sie sich darauf konzentrieren müsse, sich über die wenigen vom Staat finanzierten Drogenprogramme zu informieren. Natürlich gibt es für die guten Programme lange Wartelisten. Ich fragte mich, ob Solina zu den Leuten gehörte, die bereit waren, sich auf eine Entziehungskur einzulassen, nur um aus dem Gefängnis herauszukommen, aber ohne ernsthaft an ein Leben ohne Drogen zu denken. In Coolis konnte man wie in vielen anderen Untersuchungshaftanstalten und Gefängnissen durchaus an Drogen herankommen, und die plötzlichen Stimmungsumschwünge, unter denen sie litt, sagten mir, dass Solina bereits einen Crack-Dealer im Gefängnis gefunden hatte. Aber wenn ich den Brief für sie formulierte, hatte ich wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung.
    Solina betrachtete den Brief, den ich für sie geschrieben hatte, voller Hochachtung. Wir durften keine Computer oder Schreibmaschinen benutzen, so dass ich ihn sorgfältig in Druckbuchstaben auf das linierte Papier schreiben musste. Sie las ihn immer wieder, nahm ihn mit in die Zelle, in der sie den größten Teil des Tages verbrachte, und zeigte ihn schließlich den Frauen vor dem Fernseher. Ein paar der Insassinnen beschäftigten sich in der Bibliothek mit juristischen Werken und reichten für sich selbst und ihre Freundinnen Beschwerden und Gesuche ein, aber die meisten in Coolis lasen und schrieben so schlecht, dass sie dazu nicht in der Lage waren.
    Dass ich den Brief geschrieben hatte und eine Menge über Gesetze wusste, sprach sich schnell herum: Bereits am Wochenende kamen mehrere Frauen in meine Zelle und baten mich, Briefe für sie zu formulieren - an die Staatsanwaltschaft oder den Pflichtverteidiger, den Arbeitgeber, den Mann oder Freund. Wenn ich diese Schreiben für sie verfasste, würden sie mir alles besorgen, was ich wollte -Zigaretten, Marihuana, Koks, Crack. Was, ich nahm keine Drogen? Dann vielleicht Alkohol, Schokolade oder Parfüm.
    Wenn ich mir nichts geben ließ, hielten sie mich wahrscheinlich für eine Hochstaplerin, also sagte ich, ich schriebe die Briefe für frisches Obst oder Gemüse - und das war in Coolis viel schwerer zu kriegen als Drogen.
    Die Briefe waren es letztlich, die mich in Coolis überleben ließen, denn die Frauen, denen ich auf diese Weise half, bildeten nun so etwas wie eine Wächterinnengruppe für mich und warnten mich, wenn irgendwo Probleme auftauchten.
    Und die Briefe ermöglichten es mir auch, Fragen über Nicola und die Näherei zu stellen.
    Gefangene in Block H
    Egal, ob U-Haft oder richtiges Gefängnis: Wer mehr als zwei Wochen in Coolis war, musste arbeiten. Lieutenant Dockery, eine Frau, die die meisten Insassinnen für streng, aber fair hielten, stellte die Arbeitspläne auf. Diejenigen, die noch nicht so lange da waren, wurden zum Küchen- und Putzdienst eingeteilt, weil es dafür am wenigsten Geld gab und diese Arbeiten deshalb am unbeliebtesten waren. Soweit ich das beurteilen konnte, war der Küchendienst der schlimmste, denn man musste die ganze Zeit in der Hitze mit Fett und schweren Töpfen hantieren, doch die Reinigung von Duschen und anderen Gemeinschaftsräumen war wahrscheinlich nicht viel besser.
    Zu den begehrtesten Tätigkeiten zählten die Bereiche Telemarketing und Hotelreservierung. Dort wurde man am besten bezahlt und brauchte keine schweren Dinge zu heben. Aber diese Art von Arbeit bekamen nur die

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