Die verschwundene Frau
schloss die Tür nicht ganz. »Ich muss wieder nach unten, BB, man hat mich angepiepst. Das bedeutet, dass die Limousine von Lacey Dowell gerade die Auffahrt raufkommt, und Teddy braucht mich bei ihrer Ankunft. Sie ist seit dem Tod von Frenada ziemlich auffahrend; schließlich wollen wir nicht, dass sie sich in Scheißlaune mit einem Journalisten unterhält, oder?«
»Zum Beispiel mit Ryerson?« sagte Baladine.
»Ryerson ist immer schon ein Zeitungsmann gewesen. Ich hätte verhindern müssen, dass Teddy ihn auch ins Fernsehen lässt - da hat er sich deutlich übernommen. Allerdings haben wir immer noch niemanden, der sich um die Sendung >Hinter den Kulissen von Chicago< kümmern könnte. Aber Schluss mit dem Liebesgeturtel, jetzt beginnt wieder der Ernst des Lebens.«
»Möchtest du dich auf Video sehen, während du dich anziehst?«
»Du hast eine Kamera hierdrin? Mein Gott, und ich dachte, Teddy Trant ist völlig vernarrt in seinen Körper! Aber nicht mal der filmt sich selbst dabei.«
»Nein, nein, ich bin völlig vernarrt in deinen Körper. Ich habe uns dabei aufgenommen, damit ich ihn mir immer wieder anschauen kann.«
»Kann schon sein, BB, aber das Tape nehme lieber ich. Ich will mich nicht selbst im Internet sehen, und ich könnte mir vorstellen, dass du die Kassette so nutzt.«
Danach rangen sie ein paar Minuten miteinander; Baladine lachte zuerst und beschimpfte sie dann als verklemmte Zicke. Ich war ja nicht gerade ein Alex-Fan, hoffte aber, dass sie ihm die Kassette entwunden hatte. Schließlich hörte ich das Geräusch einer Hand, die auf Haut landete, und einen Wutausbruch von Alex. Ich spähte durch den Spalt in der Tür. Baladine hatte Alex den linken Arm nach hinten gedreht. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, und sie ließ das Tape fallen.
Baladine sagte lachend: »Ich hatte gedacht, du würdest das sehen wie ich, mein Schatz. Aber keine Sorge, ich werde dich nicht mit dem Internet teilen. Die Leute da draußen wissen dich nicht so zu würdigen wie ich.«
Sie beschimpfte ihn, ging aber schließlich, als Eleanor BB anrief, um ihm zu sagen, dass Lacey da sei und sie überall verzweifelt nach Alex suchten. Nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, wusch Baladine sich laut vor sich hin summend in dem kleinen Bad. Kurz darauf verschwand auch er.
Ich war inzwischen so aufgeregt, dass ich mit dem Gedanken spielte, den Raum ebenfalls zu verlassen - aber ich wusste nicht, ob sich mir je wieder eine solche Chance bieten würde. Also schaltete ich seine Videokamera erneut aus und wandte mich noch einmal dem Computer zu. Dass ich ihn abgewürgt hatte, ohne vorher alle Dateien zu schließen, hatte er mir übelgenommen; ich musste ungefähr fünf Minuten warten, wahrend er sämtliche Dateien überprüfte. Ich sah mich unterdessen nach dem Tape um, das Baladine soeben mit der Videokamera aufgenommen hatte. Er hatte es auf dem Waschbecken im Bad gelassen. Ich ließ es in meine Tasche gleiten.
Schließlich wandte ich mich wieder Baladines E-Mail-Server und seinem Posteingang zu. Im Juni, als ich in Georgia gewesen war, fand ich bei AOL einen Absender namens »Hai«, der über eine »erfolgreiche Lieferung« berichtete.
Dahinter stand: »Objekt nicht in der Stadt. 3 Packungen kolumbianisches Gold erfolgreich an Ort 1 deponiert, 4 weitere an Ort 2.«
Wieder einmal wurde mir flau im Magen, doch ich kopierte Baladines gesamte Korrespondenz mit »Hai«, ging aus dem Internet heraus und wandte mich erneut seinen Dateien zu, um dort nach irgendwelchen Informationen über mich oder »Hai« zu suchen. Ich fand seinen ausführlichen Bericht von LifeStory und weitere Berichte über die Überwachung meiner Wohnung. In diesen Dateien wurde »Hai« mit den Initialen »D.L.« identifiziert. Es lag auf der Hand, dass damit Douglas Lemour gemeint war.
Erst drei Tage zuvor war D.L. in meinem Viertel herumgefahren, um sicher zu sein, dass ich nicht wieder aufgetaucht war. Auch in Lottys Gegend hatte er mehrfach vorbeigeschaut. Ich sah mir rasch den Rest des Berichts an und kam dann zu dem Abschnitt »Ausgaben«. Fünftausend Dollar an D.L. für seine Arbeit im Sicherheitsdienst. Allzuviel schien mir das für die Qualen, die er mir bereitet hatte, nicht zu sein.
Ich wurde jetzt zu nervös, um mich weiter auf den Bildschirm konzentrieren zu können, also kopierte ich die Datei und fuhr den Computer herunter. Es war höchste Zeit, dass ich ging.
Auf einem Regal in dem Wandschrank, in dem ich mich versteckt hatte,
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