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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Weg zu mir macht. Ich möchte eine Kassette mit allen meinen Bildern und Informationen zusammenstellen und ein paar hieb- und stichfeste Dias produzieren - mit Bildern kann man fast jeden überzeugen. Außerdem brauche ich einen Videorecorder, damit ich mir die Videos aus Baladines Büro ansehen kann. Er hat sich gestern beim Sex mit Alex Fisher aufgenommen. Ich hab' s merkwürdig gefunden, dass er die alten Tapes aus den Überwachungskameras aufhebt, also habe ich drei mitgehen lassen.«
    Vater Lou sah mich angeekelt an. »Der Mann nimmt sich selbst beim Geschlechtsverkehr auf? Hat das Mädchen das gewusst?«
    »Sie hat versucht, ihm das Tape abzunehmen, aber er hat's nicht zugelassen.« Ich erklärte ihm lieber nicht, dass ich die Kassette jetzt hatte. Ich war mir selbst nicht im klaren darüber, was ich damit anfangen wollte.
    »Wir haben in der Schule einen Videorecorder, den können Sie benutzen«, sagte der Priester. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Sie das Richtige tun, und auch nicht, ob ich Ihnen helfen soll, nachdem Sie die Kassetten gestohlen haben, aber dieser Baladine scheint allen möglichen Leuten zu schaden. Ich richte Ihnen den Videorecorder her, und hinterher habe ich einen Termin mit den Mitgliedern des Gemeinderats. Außerdem kommen ein paar von den Kindern her und machen die Krypta sauber, bevor morgen die Schule wieder losgeht. Und heute nachmittag findet das Gemeindepicknick statt. Ich habe jede Menge zu tun.«
    Ich lief in mein Zimmer und holte die Kassetten, die ich tags zuvor aus Baladines Schrank genommen hatte. Dann gingen wir zu dritt durch die Kirche zu einer Tür, die zur Schule führte. Der dunkle Raum war voller Leben, weil hinter dem Altar ein paar Jungen herumliefen und einander Scherze zuriefen.
    Vater Lou unterbrach sie mit einer gutmütigen Bemerkung, schob den Riegel zurück und führte uns in einen weiteren langen, dunklen Flur. Trotz der Finsternis ging er ziemlich schnell. Morrell und ich hingegen stolperten immer wieder über lose Fliesen, während wir versuchten, mit ihm Schritt zu halten. Vater Lou leitete uns über eine Treppe in die alte Schulbibliothek. Dort brauchte auch er etwas Licht und schaltete eine Schreibtischlampe mit ziemlich schwacher Birne ein.
    Als er merkte, dass Morrell und ich wussten, wie wir den Videorecorder bedienen mussten, ging er wieder nach unten, um nach den Jungen zu sehen. Ich begann milder Kassette aus der Woche, in der Frenada gestorben war.
    Wir sahen ein paar Aufnahmen von Rosario, die Utah und Madison aufweckte, von Eleanor, die mit ihren Kindern das Training im Pool anfing und die Kamera ausschaltete. Dann plötzlich war Frenada zusammen mit Trant und Baladine am Pool. Auf dem Bild war in der Ecke in roter Schrift das Datum vermerkt, der sechsundzwanzigste Juni, also der Tag, an dem Frenada ertrunken war. Trant sagte, soweit er wisse, erzähle Frenada herum, dass er, Trant, ein T-Shirt gestohlen habe, und er wolle sich das nicht mehr länger gefallen lassen. Offenbar hatte Baladine die Kamera in diesem Augenblick ausgeschaltet, denn als nächstes sahen wir wieder Rosario mit den Kindern, und zwar am folgenden Tag.
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. »Kein Beweis, aber höchst interessant«, sagte ich zu Morrell. »Machen wir ein paar Kopien davon, bevor wir es den Baladines zurückschicken.«
    Morrell brummte zustimmend, meinte aber auch, dass das noch nicht ausreiche, um Baladine verhaften oder gar verurteilen zu lassen. Ich pflichtete ihm bei und legte das erste von den Bändern mit Nicola ein, um zu sehen, ob sich darauf etwas Konkreteres befand.
    Das Tape war auf einen Tag ungefähr sechs Monate vor Nicolas Festnahme datiert. Wir sahen Nicola dabei zu, wie sie Utah und Madison weckte, wie eine völlig verschlafene Utah sich an ihr Kindermädchen klammerte, während Madison lebhaft von den Dingen erzählte, die sie in der Schule besser konnte als alle anderen. Dann beobachteten wir Eleanor und BB bei einem kurzen Kuss, bevor er ins Büro ging und sagte: »Ich weiß noch nicht genau, wann ich wiederkomme, Schatz.« Hinterher folgte eine Szene mit Eleanor im Kinderzimmer, die Nicola ermahnte, Utah nicht wie ein Kleinkin d zu behandeln. »Sie ist fast drei. Es wird Zeit, dass Sie aufhören, Sie überall herumzutragen.« Als Nicola in gebrochenem Englisch sagte, sie verstehe sie nicht, erklärte Eleanor ihr, sie solle sich nicht dumm stellen, und riss Utah so heftig aus Nicolas Armen, dass das kleine Mädchen auf den

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