Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
nächsten Morgen herbringen würde, damit sie die Couch repariere, natürlich gratis. Ich war zu müde und zu wütend, um noch etwas anderes zu tun, als mit dem Kopf zu nicken. Dann lehnte ich mich mit verschränkten Armen gegen die Wand, bis alle Beamten draußen waren. Hinterher verbarrikadierte ich die Tür von innen und setzte mich aufs Sofa. Jetzt herrschte ein so großes Chaos in dem Raum, dass ich mir nicht vorstellen konnte, jemals wieder dann zu arbeiten.

Geschöpfe der Nacht
    Mr. Contreras riss mich durch seinen Anruf aus meiner Benommenheit. Er klang besorgt, denn ich hatte ihm um halb fünf versprochen, eine Stunde später zum Essen zurück zu sein, und mittlerweile war es fast acht. Als ich ihm erzählte, was passiert war, bestand er darauf, mit dem Taxi zu mir ins Büro zu kommen. Nichts konnte ihn davon abbringen; ich muss allerdings gestehen, dass ich auch nicht allzu heftig widersprach. Fünfzehn Minuten später klopfte er an die Tür, und ich erschreckte uns beide, indem ich in Tränen ausbrach.
    »Das ist ja schrecklich. Schätzchen. Wer kann so etwas bloß tun? Dieser Bulle, der Sie letzte Woche schon festnehmen wollte? Und er hat Sie geschlagen? Das dürfen Sie sich nicht gefallen lassen. Sie müssen sich beschweren. Rufen Sie den Lieutenant an, Detective Finchley.«
    Ich schneuzte mich. »Ja, vielleicht mache ich das. Aber zuerst hätte ich gern ein stärkeres Schloss für die Tür. Derjenige, der hier eingedrungen ist, hat den Nummerncode geknackt. Natürlich kann man ein Schloss auch aufbrechen, aber das macht mehr Lärm, und vielleicht kriegen dann die Leute auf der Straße was davon mit.«
    Nicht weit von meinem Büro entfernt befand sich ein Baumarkt, der rund um die Uhr geöffnet hatte. Der alte Mann fuhr mit mir hinüber und half mir, Werkzeug und Schloss auszusuchen. Als wir wieder zurückkamen, war ich immer noch so durcheinander, dass ich darauf bestand, mein Büro und Tessas Atelier genau zu inspizieren, um sicher zu sein, dass in meiner Abwesenheit nicht von neuem jemand eingedrungen war.
    Während Mr. Contreras sich daran machte, das neue Schloss anzubringen, unternahm ich einen halbherzigen Versuch, das Durcheinander aufzuräumen. Das Gemälde von lsabel Bishop steckte ich, nachdem ich ein paar Latex-Handschuhe übergezogen hatte, in einen Plastikbeutel, den ich am Montag Mary Louise geben würde. Sie sollte es auf Fingerabdrücke untersuchen lassen. Außerdem, dachte ich, war es vermutlich das Beste, wenn ich sie dafür bezahlte, die Papiere wieder zu ordnen, denn sie war nicht nur viel organisierter als ich, sondern emotional auch längst nicht so involviert.
    Ich selbst brachte das Sofa einigermaßen in Ordnung, drehte die Glühbirnen wieder in die Fassung, die die Polizeibeamten herausgenommen hatten, sammelte den Abfall auf und beseitigte den Kaffeefleck auf dem Teppich. Der Holzschnitt von den Uffizien, den ich von meiner Mutter geerbt hatte, war umgefallen und das Glas gesprungen. Den Tränen nahe steckte ich ihn zu dem Gemälde von lsabel Bishop in den Plastikbeutel, Nein, ich würde mich nicht kleinkriegen lassen von Lemour. Schließlich war der Holzschnitt selbst nicht kaputt, und das Glas ließ sich ersetzen.
    Aus der Druckerkartusche, die Lemour auf den Boden hatte fallen lassen, rieselte noch immer Toner. Ich warf sie weg, reinigte den Drucker und legte eine frische Kartusche ein. Dann druckte ich ein paar Testseiten aus, die so gut wie immer wurden. Gott sei Dank -wenigstens etwas gerettet aus dem Chaos.
    Irgendwann teilte Mr. Contreras mir mit, dass er das neue Schloss angebracht hatte und nun niemand mehr so schnell in mein Büro kommen würde, doch darin sah es immer noch aus wie auf der Titanic, nachdem sie den Eisberg gerammt hatte. Wer hätte gedacht, dass dieser alte Raum soviel Papier beherbergte?
    Mr. Contreras lobte mich, dass ich innerhalb so kurzer Zeit schon so viel aufgeräumt hatte, und ich lobte ihn meinerseits für die Anbringung des Schlosses. Er hatte es geschafft, mit einer Handvoll Werkzeug ein ziemlich stabiles Schloss zustande zu bringen. Natürlich kann man jeden Widerstand überwinden, wenn man will, aber bei dem hier hätten potentielle Eindringlinge so lange zu tun, dass Elton oder sonst jemand irgendwann auf sie aufmerksam werden würde. Ich rief Tessas Mutter an, um ihr das neue Sicherungssystem zu erklären und ihr zu sagen, dass ich ihr einen Ersatzschlüssel vorbeibringen würde, bevor Tessa von ihrem Segelausflug zurückkehrte.
    Als

Weitere Kostenlose Bücher