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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sie sich keine Kapitulation vor werfen. Ihm gefiel, was ihr gefiel, und sie empfand das als ein Zeichen. Wenn sie im Sommer zusammen ausgingen, trug sie oft ein weites pastellgrünes Kleid, das sie auf einer Reise nach Guatemala gekauft hatte. Sie wusste, dass es mädchenhaft aussah, und sie musste über sich selbst lächeln. Doch Eric schien es zu gefallen. Diejenige zu sein, die Michael sich gewünscht hatte, erforderte, in eine Art Abgrund zu springen, die Stimme zu ignorieren, die sie warnte, seinen Wünschen nachzukommen, und sich über die Kante zu stürzen. Frauen, denen es ein dringendes, unreflektiertes Bedürfnis war, mit ihrer Kleidung Männern sexuellen Appetit zu machen, verachtete sie insgeheim. Das war wie eine instinktive Abneigung gegen eine Schwäche oder Verwundbarkeit. Doch wann immer sie ein Restaurant betrat, wo Michael sie an der Bar erwartete, schien seine Aufmerksamkeit sie im freien Fall aufzufangen. Sein Blick hielt sie auf ganz andere Weise fest, als es Erics später tun würde. Eric vergötterte sie. Michael bewunderte sie. Sie war sein Besitz, und die Absätze der Stiefel, die sie für ihn ausgesucht hatte, brachten sie durch den Raum zu ihrem Besitzer. Die Stiefel waren wie ein Rahmen oder Podest, das er für das Foto oder die Skulptur in seiner Galerie nutzte. Er hat seine eigene Vorstellung davon, wie sie am besten zur Geltung käme.
    Bis sie sich zum Essen an den Tisch setzten, war ihre Fantasie schon in Aufruhr, doch sie schaffte es, zwar lebhaft, aber vollkommen gelassen zu wirken. In der Unterhaltung und in ihrer Körpersprache blieb sie also beherrscht, aber wenn sein Atem oder eine Hand sie streifte oder selbst ohne jeglichen Kontakt, konnte sie vor Verlangen so außer sich geraten, dass es sie fast wütend machte. »Wenn du mich nicht sofort anfasst, werde ich schreien«, drängte sie ihn leise. »Bitte, mein Gott, fass mich sofort an. Bitte, mein Gott, hier muss auf der Stelle etwas passieren.«
    Wenn das Abendessen endlich vorüber war und sie zusammen im Bett waren, kam sie schnell und mehrmals. Sie hatte die Gewissheit, zu kommen, es war wie eine Garantie; sie brauchte sich keine Sorgen machen. Nie störten irgendwelche quälenden Gedanken. Von Anfang an war der Abend darauf zugesteuert.
    Die Wirkung, die Michael auf sie hatte, wurde noch dadurch verstärkt, wie sie ihren eigenen Körper sah. Mit sieben Jahren hatte sie als Blumenmädchen bei einer sommerlichen Hochzeit ein pinkfarbenes Kleid mit Volants und Spitzenbesatz, eine Schärpe und ein Kränzchen aus Rosen und Schleierkraut getragen. Sie war überglücklich: Noch nie hatte sie so etwas Schönes angehabt. Doch der Zauber des märchenhaften Kleids war verflogen, als sie neben sich das zweite Blumenmädchen in den gleichen Volants und Spitzen sah, das nur halb so breit wirkte wie Isabel. Erst staunte sie, dann war sie verzweifelt, dass zwei Siebenjährige in identischen Outfits so ungleich aussehen konnten. Fortan hatte sie sich selbst immer wie von einer überschüssigen Schicht umgeben gefühlt, die mal dicker, mal dünner war. Sie bekämpfte dieses Volumen mit Diäten oder ignorierte es, vergessen konnte sie es nie. Und obwohl sie sich als Erwachsene sagte, dass sie schon seit Jahren niemand mehr zu Recht als füllig hätte bezeichnen können, gab es in ihrer Wahrnehmung immer noch dieses Polster, das sie depri mierte. Unter Michaels Augen hatte sie sich wie abge speckt gefühlt. Sein strenger Blick hatte ihrem Körper irgend wie eine bessere Figur verliehen. Eric war dazu nicht in der Lage. Er war nur sanft, während Michael gentlemanlike auftrat. Eric zeigte sich mitfühlend, Michael dagegen war umsorgend und fordernd zugleich. Michaels Bewunderung hatte sie von ihrer eigenen Anziehungskraft überzeugt. Wenn Eric ihr sagte, wie schön sie sei, hatte das nicht dieselbe Wirkung.
    Die Beziehung zu Michael endete nur, weil ihr klar wurde, dass er sich nie ganz zu ihr bekennen, sie heiraten oder auch nur mit ihr zusammenziehen würde. Aber die Trennung war kein sauberer Schnitt. Monate danach trafen sie sich zum Abendessen. Anschließend stellte er ihr draußen den Kragen ihrer Jacke hoch, winkte ein Taxi für sie heran und schickte ihr fünf Minuten später eine SMS , die lautete: »Ich folge dir.« Kurz darauf ließ sie ihn in ihre Wohnung. Es gab mehrere Rückfälle dieser Art. Das

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