Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Versteckte Stadt: Thriller

Die Versteckte Stadt: Thriller

Titel: Die Versteckte Stadt: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
Vom Netzwerk:
jemand seine Decke berührte. Er öffnete die Augen. Neben seinem Bett stand Max. Er trug seinen hellblauen Schlafanzug, hatte sich zu Till heruntergebeugt, die Hand auf ihn gelegt. „Schläfst du?“, wisperte er.
    Till schüttelte den Kopf. Er war zu verunsichert, als dass er es gewagt hätte, etwas zu sagen.
    „Kann ich mich kurz hinsetzen?“
    „Klar.“ Till rückte mit der Decke ein wenig von der Bettkante ab zur Wand. Als Max sich auf die Matratze setzte, gab sie fast nicht nach. Er ist leicht, er muss aufpassen, dass er nicht plötzlich wegfliegt, musste Till denken. Er schüttelte sich. Wie spät war es denn?
    Max stellte die Beine ebenfalls auf die Matratze und schlang die Arme um die Knie.
    „Willst du nicht lieber in dein Zimmer gehen? Wenn er dich hier sieht, gibt’s doch nochmal Ärger.“
    Max legte das Kinn auf die beiden Kniescheiben.
    „Was hat er denn noch gesagt?“
    Aber Max schüttelte nur den Kopf.
    Nachdem Till in sein Zimmer gerannt und Max schreien gehört hatte, hatte er fieberhaft überlegt, was er tun sollte. Zurück zu Max, sich auf den Vater stürzen? Es war nicht in Frage gekommen. Das ging ihn doch nichts an, hatte Till versucht, sich zu sagen. Ärger zwischen Vätern und Söhnen, das hatte es doch schon immer gegeben - er kannte das nur nicht. Der Gedanke, dass er sich womöglich nur deshalb nicht eingemischt hatte, weil er fürchtete, das Haus dann verlassen zu müssen, war Till jedoch nicht aus dem Kopf gegangen.
    „Was war denn noch?“, versuchte er es noch einmal. „Hat er noch etwas gesagt?“
    Max zog das Kinn auf die Brust und legte die Stirn auf die Knie. Till hörte, wie er die Nase hochzog.
    „Hast du ihm gesagt, dass wir zusammen im Gartenhaus waren?“
    Er spürte es mehr, als dass er es sah, wie Max den Kopf schüttelte.
    „Hast du gesagt, du warst allein?“
    Ruckartig wandte sich Max ihm zu. „Mein Vater hat keine Frau dort. Es ist was anderes.“ Er schluckte und hauchte die letzten Worte nur. „Viel schlimmer.“
    ‚Viel schlimmer.‘ Was könnte schlimmer sein, dachte Till - und spürte zugleich doch im Bauch, dass es stimmte. Es war schlimmer. Viel schlimmer.
    „Ich weiß nicht genau, was es ist, Till, aber als du vorhin aus meinem Zimmer raus bist, als ich mit ihm allein war - da habe ich es gespürt.“
    Till sah Max an. Er wirkte noch ein wenig dünner als sonst, die kurzgeschnittenen Haare standen von seinem Kopf ab, die Handgelenke, die aus dem Pyjamaärmel hervorschauten, kamen Till vor wie aus Strohhalmen gemacht. Als könnte er sie mit einem festen Druck glatt durchbrechen.
    „Er hat mich nicht angefasst, aber er war wütend. Das konnte ich förmlich riechen. So wütend hab ich ihn noch nie erlebt. Er hat nicht gewollt, dass wir sie sehen, die Frau dort unten. Er hat nicht damit gerechnet, dass ich eindringe in sein Gebiet. Er hatte sich sicher gefühlt, allmächtig, und plötzlich ist ihm klar geworden, dass ich mich darüber hinweggesetzt habe. Aber er ist nicht erschrocken. Er ist wütend geworden. So wütend, dass er mich am liebsten … “
    Max brach ab, den Blick starr auf Till gerichtet.
    Der muckte sich nicht. Es war, als würde er körperlich den Sturm spüren, der in Max tobte. Als würde die Aufregung, die Kränkung, die Verwirrung von Max auf ihn überspringen.
    „ … dass er mich am liebsten gepackt und gegen die Mauer geschleudert hätte.“
    Till merkte, wie er schneller atmete.
    Max‘ Stimme war leise jetzt, fast flüsterte er, den Kopf zu Till gedreht, die Arme noch immer um die hochgezogenen Beine geschlungen. „Er ist ein Killer, Till - das ist es. Mein Vater bringt Frauen um. Deshalb war sie dort unten. Er vergräbt sie unter dem Haus. Er tötet sie. Er dreht ihnen den Hals um, er reißt ihnen den Kopf ab. Er schreckt vor nichts zurück. Er kennt keine Grenze, kein Erbarmen, kein Stoppschild. Er kennt nur eins: Seinen Willen. Vielleicht ist er ihm selbst unterworfen. Er kann nicht aufhören - wenn es ihn einmal gepackt hat, schleift es ihn hinter sich her. Er ermordet die Frauen und dann begräbt er sie im Keller unter dem Keller.“
    Die wispernde Stimme verflog in der Dunkelheit. „Vielleicht hat er dich deshalb zu uns eingeladen, Till. Weil er dich umbringen will. Weiß jemand, dass du hier bist? Bist du schon angemeldet? Er glaubt, dass du ihm gehörst, dass er mit dir machen kann, was er will.“
    NEIN, dachte Till. NEIN, das stimmt nicht.
    „Wir müssen aufpassen, bevor es zu spät ist“, flüsterte Max.

Weitere Kostenlose Bücher