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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Fenster, Schrankwand und B…n entzifferte sie, in Kreideumrisse geschrieben. Quer durch die Umrisse verlief eine Schleifspur, als hätte jemand etwas Schweres über den Boden gezogen. Vielleicht war das eine 1:1-Bauzeichnung. Hatten die Brüder Loos hier etwas entworfen? Sie betrachtete das Ganze aus der Elsterperspektive, von oben unter der Decke schwebend und zugleich von ganz nah, sodass sie den Kreidestaub riechen konnte. Kamera I – IV , Beleuchtung stand da halb verwischt, und Tun , nein: Ton . Carina hätte fast ein paar breite Stufen übersehen, hinter denen der Raum tiefergelegt weiterlief. Sie fing sich noch rechtzeitig ab, stieß allerdings gegen ein paar Stühle, die in einer Reihe aufgestellt waren. Aus dem Halbdunkel blickte sie zurück – wie auf eine beleuchtete Bühne. Die Schauspieler konnten durch die Verbindungstür aus dem Nachbarhaus treten. Vielleicht hingen in dem wuchtigen Schrank drüben die Kostüme? Richard Loos’ Kabarettl verkündete eine gelbe Tafel mit schwarzer Schrift, ähnlich einem Ortsschild, oberhalb des Samtvorhangs, der sich über die Wände zog. An der vierten Wand hing ein großer leerer Bilderrahmen. In einer feuerfesten Kassette auf einem Stuhl lag ein Schnellhefter, er war mit VB beschriftet. Sie blätterte in den vielen Klarsichthüllen, die meisten waren leer, in einigen wenigen steckten kleine Zettel mit Notizen, viel war durchgestrichen oder ausradiert, manches mit Leuchtstift markiert. Auf einem hatte Richard verschiedene Titel für sein Programm ausprobiert:
    VB-Loos
    Richard Loos’sche Volksb u"hne ✓
    Bei Loos geht’s los
    Kabarett im Keller
    Kabarettl
    Aus tiefstem Grunde
    Weltenbu"hne Richard Loos
    Sezierplatz
    Weltbrettl ✓
    An seiner Kabarettkarriere musste Richard noch arbeiten, dachte sie, wenn er seinen großen Vorbildern nacheifern wollte. Witzig war er jedenfalls überhaupt nicht, aber das waren die wenigsten Kabarettisten privat. Karl Valentin, das hatte sie gelesen, verbot seiner Familie sogar, seine Vorstellungen zu besuchen; über ihren Vater sollten sie nicht lachen. In einer Ecke stand eine Musikanlage, deren Startknopf grün blinkte. Sie kletterte auf die Bühne und steckte die Stehlampe aus und in die Dreifachdose am CD -Spieler wieder ein. Dann suchte sie die Eject-Taste und drückte drauf. Legend: Eine Bob Marley– CD fuhr heraus. Hatte den Brüdern dieselbe Musik gefallen? Reggae war doch auch gelaufen, als sie Jakobs Haus das erste Mal betreten hatten. Neben der Anlage standen ein Besen und ein Eimer mit Scherben darin. Carina hob eine auf. Auf einer Seite waren die Glassplitter verspiegelt, und was sie für einen großen leeren Rahmen an der Wand gehalten hatte, entpuppte sich im Licht der Lampe als Fenster in einem Raum mit Kindermöbeln. Ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch, ein Regal. War das als Nebenbühne gedacht oder als Requisite? Aber warum dann das Spezialglas, wie man es in Vernehmungszimmern verwendete? Der Boden glitzerte, überall lagen noch winzige Spiegelscherben. Sie hielt inne, als sie von oben ein Niesen hörte. Die Katzenallergie. Richard. Sie war schon viel zu lange hier. Was, wenn er in den Keller kam? Sie lauschte, hörte aber nur ein fernes Rauschen, vermutlich von den Heizungsrohren oder der Wasserleitung. Sie stellte die Lampe so, dass sie alles ausleuchtete, und stieg in den Raum. Als sie die Bettdecke anhob, entdeckte sie angetrocknetes Blut, das am Fußende auf dem Laken klebte. Dabei stolperte sie über etwas Rundes, rutschte fast darauf aus und landete auf dem Bett. Eine Trinkflasche rollte über den Boden. Carinas Herz pochte heftig. Flora? Wurde das Mädchen hier gefangen gehalten? Wenn ja, wo war sie jetzt?
    Mit zitternden Fingern tippte Carina Mattes Handynummer. Die Mailbox sprang an. Sie probierte es auf dem Festnetz, vielleicht war er inzwischen zu Hause. Sie verwählte sich, versuchte es erneut.
    Endlich hob jemand ab. »Kyreleis.« Silvias Stimme.
    »Ich bin’s, Carina.« Sie flüsterte, doch ihre Worte kamen ihr in dieser Stille trotzdem zu laut vor. »Ist Papa da?«
    »Nein.« Eine Pause entstand. Silvia atmete schwer. Dann hörte Carina sie schluchzen. Auch das noch, das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen.
    Absurde Situation in einem fremden Keller, dachte sie. Am liebsten hätte sie aufgelegt. Aber sie rang sich zu einer Frage durch: »Was hast du?«
    »I-ich bin nur noch f-fertig mit den Nerven.« Nun heulte Silvia richtig.
    Carina presste das Handy fester ans Ohr, viel zu laut

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