Die Verstummten: Thriller (German Edition)
Papa, du und Rollschuh fahren? Na ja, jeder fängt mal an. Doch zum Anfangen kam es nie, denn am Eingang traf er jemanden, den er schon seit ewigen Zeiten auf später vertröstet hatte, und so saß er, während sie allein und enttäuscht ihre Runden drehte, in den Zuschauerreihen des Rollpalastes, ganz vertieft in das Gespräch.
Peter sog die Luft durch die Zähne. »Kollegen also. Das gibt dem Ganzen eine neue Richtung. Zwei ehemalige Beamte, einer von der GSG 9 und einer vom Bundesnachrichtendienst. Was wollten die hier?«
»Die Computer, nehme ich an«, sagte Vincent. »Wir haben keine gefunden, bis auf den zerstörten Laptop in dem Unfallauto, das ist für einen Architekten und eine Journalistin ungewöhnlich. Vielleicht hatten die beiden mutmaßlichen Täter die Geräte bereits verladen, als Enrico sie überraschte.« Vincent gab Peter einen USB -Stick. »Der Laptop gehörte laut Anmeldedaten Olivia Loos. Das wenige, was wir retten konnten, ist hier draufkopiert. Ich hab’s nur überflogen. Ein bisschen Korrespondenz mit den Redaktionen, für die sie schrieb, ein paar Bewerbungen, ein paar Fotos. Keine Artikel, also wissen wir nicht, ob sie etwas Brisantem auf der Spur war. Soweit ich es auf die Schnelle überblickt habe, jedenfalls nichts, was nicht auch im Netz zur Verfügung stünde. Aber sieh selbst.«
»Das ist es«, rief Peter. »Enrico wollte den Laptop seiner Mutter retten. Fragt sich nur, was da so Wichtiges drauf gewesen ist, dass er damit auf die Autobahn floh. Sehr gut.« Peter klatschte auf den Tisch.
Verena hob sofort erschrocken ihr Tablet an, nicht dass noch eine der Wasserflaschen umkippte.
»Endlich ein neuer Ansatz.« Er atmete laut ein und aus. »Angenommen, Enrico überrascht den Täter oder die Täter. Nein, er kommt nach Hause und findet seine Eltern bereits tot vor, aber die beiden Täter sind noch im Haus.«
»Und die Waffe?«, mischte sich Carina ein. »Die lag doch wie der Laptop bei Enrico im Auto.«
»Die Waffe haben sie dem toten Jakob in die Hand gedrückt, damit es wie Selbstmord aussieht, und Enrico glaubt zuerst, dass es wirklich so gewesen ist, bis er Geräusche hört.« Vincent demonstrierte es mit einer Banane aus dem Obstkorb.
»Dann hat Enrico die Täter im Haus gehört«, meldete sich Verena zu Wort. Wie in einer Mannschaft warfen sie sich die Bälle zu. »Womöglich im Keller, wo sie das Büro durchsuchten. Er packt die Waffe, läuft nach unten, schießt, verletzt diesen Sascha Lambert und flieht mit dem Auto in die Innenstadt.«
»Aber er kann sie nur endgültig abhängen, indem er als Geisterfahrer wendet«, ergänzte Vincent.
»Die Frage ist, nach was die beiden gesucht haben. Beziehungsweise was hat das mit dem kleinen Mädchen zu tun?«, sagte Verena.
Wie schon einmal fiel Carinas Blick auf den Stundenplan am Kühlschrank. » HSK , was ist das noch mal für ein Fach?« Ihre eigene Schulzeit war im hintersten Winkel ihres Gedächtnisses gelandet.
»Heimat- und Sachkunde«, erklärten Verena und Vincent wie aus einem Mund. »In der Grundschule«, ergänzte Verena. »Mein jüngerer Bruder ist in der vierten Klasse.«
Carina schob den Hundemagnet am Kühlschrank zur Seite. 3C kam zum Vorschein. »Dann ist das Floras Stundenplan, nicht Enricos, wie wir zuerst dachten.«
Peter sprang auf. »Gutes Stichwort. Kommt, lasst uns die frische Energie nutzen und weitermachen. Jede Familie hat ein Adressverzeichnis, eine Telefonliste, Fotoalben, Geheimverstecke.« Er riss die Küchenschranktür auf. »Oder zumindest Kindergeschirr. Es muss noch irgendwas geben, das übersehen oder vergessen wurde.«
Sie machten sich zu viert auf die Suche, durchforsteten erneut alles vom Keller bis zum ersten Stock.
»Neben einigen Erwachsenenrädern steht dort nur ein BMX -Rad, kein typisches Mädchenrad, es könnte also auch Enrico gehören.« Vincent kam aus der Garage zurück.
»Habt ihr eigentlich mit Enricos Fahrlehrer gesprochen?«, fragte Carina.
»Noch nicht«, sagte Peter. »Der ist mit seiner Frau gerade in Norwegen auf einer Hurtigruten-Reise, wir warten noch auf seinen Rückruf.«
Carina nahm sich eine Gabel aus einer Küchenschublade und ging noch mal nach oben.
»Was hast du vor?« Peter folgte ihr.
»Siehst du die helleren Umrisse an den Wänden?« Sie betrat das leere Zimmer. »Da hingen Bilder. Und hinter der Tür stand ein Schrank. Und das da.« Sie schob sich die Brille fest auf die Nase und musterte den grau verschmierten Türrahmen. »Hier ist radiert
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