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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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und schrieb sich etwas auf. War ihm als Sprachforscher etwas aufgefallen? Carina spähte auf das Notierte, konnte aber seine Bleistiftschrift auf dem gelblichen Papier nicht lesen, ohne sich den Hals zu verrenken.
    Richard schaute zur Zimmerdecke, lauschte. »Sie schlafen. Endlich.« Er atmete auf und lehnte sich zurück. »Der kleine Mann hält uns ganz schön auf Trab. Er ist erst sieben Wochen alt, schreit aber wie ein großer. Und meine Frau hat sich noch nicht ganz von der schweren Geburt erholt – und jetzt das alles. Schrecklich.« Er unterdrückte ein Niesen, holte sich eine Fusselrolle aus einer Schublade des Wohnzimmerschranks, fuhr über das bestickte Kissen, das Peter weggelegt hatte und an dem kurze weiße Haare hingen. »Ich habe eine Katzenallergie. Dieses Viech von der Nachbarin lauert immer direkt auf unserem Fußabstreifer und flitzt rein, wenn man die Tür aufmacht.«
    »Bingo?«, sagte Carina.
    »Äh, was?«
    »Der Kater heißt so.«
    »Kann sein.« Er zog den Klebestreifen der Fusselrolle ab, knüllte ihn zusammen und stopfte ihn in die Tasse mit dem Stilltee seiner Frau. »Ja, also, was kann ich tun? Ich hatte so gehofft, dass Flora in Italien dem allen hier noch etwas auskommen würde.«
    Peter notierte sich wieder etwas. »Herr Loos, warum haben Sie uns gegenüber Ihre Nichte nie erwähnt?«
    »Wie, ich verstehe nicht. Was meinen Sie?« Er blinzelte, als müsste er Tränen unterdrücken. Carina hatte das Gefühl, einen Mann am Limit zu sehen. Wie stark musste man sein, um so viel Leid zu verkraften? »Sie wollen doch nicht behaupten, dass die Polizei von ihrer Existenz nichts wusste?«
    Jetzt wurde es peinlich, dachte Carina. Wie kam Peter da heraus, ohne zu lügen? Kriminalrat Schirmer hatte ihn vielleicht absichtlich hergeschickt, damit er das Dilemma ausbaden musste. Peter nahm sich einen weiteren Keks, steckte ihn diesmal ganz in den Mund und kaute, was eine Weile dauerte.
    Richard wandte sich an Carina. »Wie heißen Sie noch mal?«
    »Carina Kyreleis.«
    »Ein ungewöhnlicher Nachname. Sind Sie vielleicht mit dieser Hebamme verwandt?«
    »Silvia Kyreleis ist meine … Adoptivmutter.« Zum ersten Mal sprach Carina das aus.
    »Ach ja?« Er fixierte sie, als wollte er in ihr Innerstes eindringen. Carina verschränkte die Arme und verkrampfte die Beine; von einem Psychotherapeuten wollte sie nun wirklich nicht durchleuchtet werden.
    »Und Sie arbeiten bei der Polizei?«, fragte Richard.
    »Ich bin Rechtsmedizinerin.«
    »Da begleiten Sie die Polizei bei Vernehmungen? Gibt es nicht genügend Obduktionen bei Ihnen?«
    Woher wusste er das? Hatte davon bereits etwas in der Zeitung gestanden, oder sagte er das nur so dahin?
    »Herr Loos.« Peter musste mit seinem Keks fertig sein. Er räusperte sich, trank einen Schluck. »Warum haben Sie nicht versucht, Ihre Nichte zu erreichen, als Sie vom Tod Ihres Bruders und Ihrer Schwägerin erfuhren?«
    »Wie denn? Ich wusste doch, dass die Eltern ihrer Freundin ohne Internet oder Handy zwei Wochen verreisen wollten, das hat mir Olivia erzählt. Und ich wollte erst abwarten, wie es Enrico geht. Wie hätte ich ihr das denn alles beibringen sollen?«
    Carina hätte auch keine Worte gefunden, um einer Neunjährigen all die fürchterlichen Neuigkeiten mitzuteilen.
    »Wie geht es Ihrem Neffen denn?«, fragte Peter.
    »Unverändert, leider. Die Ärzte sagen nicht wirklich was. Ich wollte eigentlich gleich wieder in die Klinik, aber jetzt, nachdem Flora … « Richard stand auf und trug die Teetasse in die Küche.
    »Von Ihrer Nichte gibt es keine Spuren im Haus drüben, kein Spielzeug, keine Möbel, keine Kleidung. Haben Sie dafür eine Erklärung?«, bohrte Peter weiter.
    »Was?« Richard Loos blieb in der Küchentür stehen. Seine Kopfhaltung und auch die Frisur ähnelten nun dem Mann auf dem großen Porträt an der Wand. Jeder brauchte eben ein Idol, dachte Carina. Sie hatte auch eine Frida-Kahlo-Briefmarke im Geldbeutel.
    »Hat Flora ein eigenes Zimmer in ihrem Elternhaus?«
    »Natürlich. Das zwischen Enrico und dem Elternschlafzimmer.« Richard setzte sich wieder. »Sie hat neue Möbel bekommen, letzte Woche war doch ihr Geburtstag. Stehen die noch gar nicht drin? Die Lieferung sollte, sowieso verspätet, an diesem Morgen kommen. Mein Bruder und ich, wir haben extra alles zusammen ausgeräumt.«
    »Wann?« Peter verharrte mit dem Bleistift in der Luft.
    »Am Freitagmorgen, kurz nach acht, gleich als Flora aus dem Haus war. Danach musste ich sofort los zum

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