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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Blumenstrauß aussieht, nur ohne Farben.« Wo gab es hier einen Strauß?, fragte sich Carina und ließ sich weiterziehen. Sie liefen quer über den Spielplatz – so würde sie Clemens nie finden. Sandro stoppte an einem achteckigen Haus mit einem ähnlichen Dach wie das des Chinesischen Turms. An der weit geöffneten Tür hingen Luftballons in allen Formen und Farben, und im Inneren verbarg sich ein altes Karussell. In zwei Kreisen drehten sich zwischen Schlitten, Kutschen und Wagen auch einige Holztiere. Pferde, eine Giraffe und tatsächlich ein Strauß, auf den Sandro sofort zustürzte. Carina spendierte ihm eine Fahrt und stellte sich an den Rand, um zuzuschauen.
    »Lust auf was Süßes?« Bepackt mit Rucksack und Buggy, stand Clemens plötzlich neben ihr und hielt ihr rosa Zuckerwatte vor die Nase. Zu nostalgisch klingender Musik aus einer Walzenorgel setzte sich das Karussell langsam in Bewegung. Carina winkte ihrem Neffen, der die Zügel des Straußes hielt, als säße er auf einem Streitross. Auch Clemens winkte jemandem – einem kleinen Mädchen mit abstehenden kurzen Zöpfen, das zwischen den zwei Höckern eines Kamels klemmte. Das musste Becky sein.
    »Ich wusste gar nicht, dass du … «, sagte Clemens.
    »Ich auch nicht«, unterbrach ihn Carina. Dass er verheiratet war und eine Tochter hatte, hätte er ihr vielleicht nie gesagt, wenn sie es nicht selbst herausgefunden hätte. Er verstummte, zupfte an der Zuckerwatte herum, bis die Kinder auf sie zugelaufen kamen. Becky quengelte herum: Alles war doof, außerdem hatte sie Hunger und Durst, und die Füße taten ihr weh. Clemens drückte ihr die Zuckerwatte in die Hand und hob sie hoch. Draußen ließ sie die Zuckerwatte fallen und plärrte, weil sie nun voller Dreck war.
    Sandro rannte zum Spielplatz und eroberte sich eine große, runde Schaukel, indem er ein kleineres Kind überholte, Arme und Beine auf dem Schaukelteller ausbreitete und nach Carina rief. »Und der Tierarzt darf auch mitschaukeln«, erlaubte er. Carina wusste erst nicht, wie sie mit dem Kleid da oben sitzen sollte. Kleider war sie nicht gewohnt, meist trug sie lange Hosen, die waren unkomplizierter. Doch irgendwie ging es, und bald kauerten sie zu viert zwischen den dicken Seilen und schwangen hin und her.
    »Da haben wir uns also beide was verschwiegen.« Clemens,mit seiner schluchzenden Tochter im Arm, fing nocheinmal davon an. »Die Kinder müssten gleich alt sein, oder?«
    Er glaubte, Sandro wäre Carinas Sohn; egal, das konnte sie immer noch aufklären.
    »Ich bin halb sieben.« Sandro schlug sich auf die Brust. »Und die?«
    Becky schniefte, strich sich die verklebten Haarsträhnen aus dem Gesicht und hielt vier Finger hoch.
    »Traut die sich da hoch?« Sandro zeigte auf das Klettergerüst.
    »Nimm sie doch mit«, schlug Carina vor. Aber Becky kroch allein von der Schaukel und lief voraus.
    Als seine Tochter fort war, streckte sich Clemens, lehnte wie zufällig seine nackten haarigen Beine in den Shorts an ihre. Sie zog das Kleid über die Knie, schob den Stoff zwischen seine und ihre Haut. Bei der Berührung kribbelte es kaum noch, auch nicht, wenn sie ihn ansah. Seine Augen klebten ohnehin an seiner Tochter, die quietschend über die Hängebrücke raste. Plötzlich spürte sie die Kluft zwischen ihnen. Wenn sie wirklich einen Sohn hätte, dann könnten sie jetzt über Erziehung diskutieren. Vielleicht sollte sie fragen, wie es den Kühen und Schweinen oder dem Papagei im Veterinäramt ging, wo er arbeitete. Oder von dem Fall erzählen und davon, dass es aufregend war, im Team der Mordkommission mit dabei zu sein. Doch mehr, als er vermutlich schon in der Sonntagszeitung gelesen hatte, durfte sie ohnehin nicht verraten.
    Außer Atem kam Sandro angerannt und wühlte in Carinas Umhängetasche. Sie glaubte, er hätte Durst, aber er zog das Federmäppchen heraus. »Darf ich den?«
    Carina erlaubte es, und Sandro zischte mit einem wasserfesten Folienstift wieder ab.
    »Kann Becky auch schon ihren Namen schreiben?«, fragte sie.
    Clemens sprang auf. Becky war nicht mehr auf dem Klettergerüst. Carina erhob sich ebenfalls aus der Schaukel und folgte ihm, als er suchend über den Spielplatz eilte. Siefanden die Kleine auf einer Bank neben einer Schlafenden. Becky kaute an irgendetwas Bröseligem, das sie aus einer Tüte stibitzt hatte. Die Frau hatte den Kopf zurückgelegt und döste mit offenem Mund in der Sonne. Hinter der Rückenlehne kroch Sandro hervor und setzte ihr einen weißen

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