Die Versuchung der Hoffnung
roten, verheulten Flecken zu sehen sind!“
„Du bist ein Schatz, Val!“
„Hope ist auch so die schönste Braut der Welt“, wirft John von der Seite aus ein.
„Klappe halten!“, erwidert Valerie barsch. „Von so etwas haben Männer keine Ahnung. Dreh dich um und schau erst wieder hin, wenn ich es dir erlaube. Wenn sie schon kein überraschendes Brautkleid trägt, dann gönn ihr wenigstens das hier.“
Grinsend verschränkt John die Arme vor der Brust, traut sich aber anscheinend nicht, noch weitere Widerworte zu geben. Er kehrt uns brav den Rücken zu und tritt an das Geländer, das das Flachdach umgibt, um das nächtliche Panorama der Stadt zu betrachten.
Val drückt mich zurück auf die Bank und macht sich an die Arbeit. Geduldig schließe ich auf Kommando Augen und Mund, öffne sie auf ihren Befehl hin wieder und halte still, bis sie irgendwann in die Hände klatscht.
„Fertig!“, sagt sie triumphierend und hält mir einen kleinen Spiegel vor mein Gesicht, den sie aus ihrer Tasche gezaubert hat.
Und sie hat wirklich wahre Wunder vollbracht. Meine Augen wirken ausdrucksvoll und strahlend, mein Mund rosa, voll und glänzend. Meine blonden Locken hat sie mir an der linken Seite locker zurückgesteckt und sie so gekämmt, dass der Rest üppig über meine rechte Schulter fällt. Zusätzlich hat sie mir drei der Rosen dicht nebeneinander ins Haar gesteckt, die schöner sind, als es jeder Schleier oder andere Kopfschmuck hätte sein können.
Ich will schon zu Jonathan gehen, aber sie hält mich zurück.
„Warte kurz.“ In ihrer Tasche wühlend bringt sie mehrere Gegenstände zum Vorschein.
„Die Ohrringe …“, triumphierend hält sie ein paar Ohrringe in die Luft, an denen an einem dünnen Silberkettchen je eine Perle baumelt. „Die Ohrringe passen zu deiner Perlenkette. Ich wusste genau, dass du die heute trägst. Sie sind mein Hochzeitsgeschenk für dich. Und etwas Neues. Die Kette von deiner Granny ist etwas Altes.“ Dann schiebt sie mir ein spitzenbesetztes Taschentuch in die Jacke meines Mantels. „Das will ich später wieder haben. Damit hast du etwas Geborgtes. Und hier ist etwas Blaues.“ Mit einer Sicherheitsnadel befestigt sie eine kleine, hellblaue Schleife an der Innenseite meines Mantels. „das muss zur Abschreckung der bösen Geister reichen, ansonsten vertreibe ich sie.“ Sie küsst mich auf die Wange.
„Und jetzt …“ Suchend schaut sie sich um, dann geht sie zu den Blumen, die ich auf der Treppe eingesammelt habe. Mit einer passenden, cremefarbenen Schleife, die sie ebenfalls aus ihrem Rucksack zieht, bindet sie die Rosen zusammen, bevor sie sie mir in dem Arm legt. Musternd tritt sie einen Schritt zurück und begutachtet mich von Kopf bis Fuß.
„Perfekt!“, sagt sie schließlich und ich kann sehen, dass in ihren Augen Tränen glitzern. „Jetzt bist du wirklich die schönste Braut der Welt.“
Beinah im selben Moment öffnet sich die Tür zum Dach erneut und Frank kommt heraus, im Schlepptau zwei mir unbekannte Leute, die wohl der Friedensrichter und der Fotograf sein müssen.
Und dann kann ich auch schon John an meiner Seite spüren. „Du siehst einfach umwerfend aus, meine Schöne“, flüstert er andächtig in mein Ohr und greift gleichzeitig nach meiner Hand.
Mein Herz schlägt mir plötzlich bis zum Hals.
Wir werden jetzt heiraten!
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so aufgeregt gewesen bin, wie in diesem Moment. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich noch nie so aufgeregt gewesen bin, wie in eben diesem Moment. Jonathans Hand ruht warm und fest in meiner und sanft drückt er meine Finger. Und in diesem Moment fällt mir auf: Ich war auch noch nie so unglaublich, sagenhaft glücklich.
Kapitel 23
Die Trauzeremonie rauscht an mir vorbei und ich bekomme nicht einmal die Hälfte davon bewusst mit. Stattdessen höre ich Valerie hinter mir stehen, die sich permanent die Nase putzt. Ich spüre die Wärme von Johns Hand, die die meine festhält. Ich sehe das Panorama der Stadt unter uns, die vielen Lichter, die in der Dunkelheit glitzern, genau wie die Tausenden von Sternen, die den Himmel zu erleuchten scheinen. Und ich sehe John. Er steht neben mir, sicher, strahlend und in sich ruhend, ohne einen Hauch von Nervosität. Ich habe nur Augen für ihn in diesem Moment und beinah verpasse ich es, am richtigen Zeitpunkt wieder zuzuhören. Zum Glück bekomme ich es gerade noch rechtzeitig wieder hin, meine Aufmerksamkeit auf den
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