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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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daraus wird. Zumindest hält es mich davon ab, durchzudrehen und Amok zu laufen, während ich auf die dämlichen Prüfungsergebnisse warte.“
    „Als ob du durchfallen würdest – im Leben nicht!“ Abfällig zieht Valerie die Nase kraus.
    „Der Teufel ist manchmal ein Eichhörnchen“, gebe ich schulterzuckend zurück. Tatsächlich kann man das ja nie so genau wissen. Man kann natürlich Vermutungen und Prognosen anstellen, aber das sind und bleiben eben auch Vermutungen und Prognosen. Und das wiederum ist ungewiss genug, um mich in den Wahnsinn zu treiben, wenn ich nichts zu tun habe.
    Zum Glück bin ich meistens ausreichend beschäftigt, um abgelenkt zu sein. Und wenn nichts zu tun ist und niemand da ist, der mich ablenken kann, dann stürze ich mich eben in die Schreiberei.

Kapitel 25
     
    „Ich bin froh, dass du morgen dabei sein wirst. Das beruhigt mich und es gibt mir Kraft.“ John beugt sich über mich, um mich zu küssen und ich kann selbst spüren, wie ich mich in seinen Armen plötzlich verkrampfe.
    Ich versuche mich aufzurichten und ein ungutes Gefühl ergreift immer mehr von mir Besitz.
    „Hope?“ Jonathan hat sich jetzt ebenfalls aufgerichtet. „Du kommst doch morgen, oder?“
    Bevor ich antworten kann, muss ich mehrfach schlucken, damit der Kloß aus meinem Hals wieder verschwindet.
    „Ich kann nicht.“
    „Du kannst nicht?“
    „Ich habe meinen Eltern versprochen, bei meinem Bruder zu bleiben …“
    Ich habe einfach nicht an das Konzert gedacht. Oh verdammt!
    „Du hast bitte was?“ Johns Stimme klingt jetzt schneidend scharf.
    „Sie fliegen morgen zum Geburtstag meiner Tante, ich habe schon vor Wochen zugesagt … Ich … Oh verdammt, es tut mir so leid! Mike kann doch nicht allein bleiben und …“
    „Hope, dein Bruder ist vierundzwanzig Jahre alt. Er kann ein Telefon bedienen, wenn er etwas hat. Er muss nicht den ganzen Tag bewacht werden. Im Übrigen gibt es für so etwas ambulante Pflegekräfte. Oder Babysitter …“ Mittlerweile sitzt er auf dem Bett und funkelt mich böse an.
    „Du weißt doch auch, dass es ihm immer schlechter geht …“ Meine Stimme ist tonlos, kaum mehr als Flüstern. Ganz im Gegensatz zu Johns.
    „Seit acht Wochen steht der Termin für das Konzert fest. Seit acht verdammten Wochen, Hope! Und genauso lang bitte ich dich darum, mich dorthin zu begleiten. Mir beizustehen, zu einem Termin, der mir verdammt wichtig ist. Bei dem ich dich brauche! Verstehst du? Ich brauche dich dort! Ich verstehe nicht, warum es dir unmöglich ist, deinen Eltern gegenüber auch mal Nein zu sagen. Und warum es nicht möglich ist, Mike mal für vier Stunden tagsüber allein zu lassen. Er ist doch kein verdammtes Baby mehr. Er ist erwachsen. Und für dich gibt es immer nur deine Familie. Die kommt immer zuerst, Scheiße noch mal. Immer!“ Mit beiden Händen fährt er sich durch die Haare. „Ich bin dein Mann, Hope! Wir sind verheiratet! Ich habe ja eine Menge Verständnis, aber langsam habe ich wirklich die Schnauze voll. Ich habe keine Lust, immer die zweite Geige zu spielen.“ Er sieht mich an und ich erkenne seine Wut und seine Verletztheit. In meinen Augen sammeln sich erste Tränen, die ich energisch wegblinzle.
    „Es ist meine Familie, John!“
    „Ja, deine Familie. Und die ist dir immer mehr wert. Und mich behandelst du wie irgendeinen dahergelaufenen Clown! Ich sollte auch deine Familie sein, wir sind immerhin verheiratet! Das war der einzige Termin, Hope! Das erste Mal, das ich dich gebeten habe, mich zu begleiten.“ Er rauft sich wieder die Haare und der Kloß in meinem Hals wird immer größer. Wie ferngesteuert stehe ich langsam vom Bett auf.
    „Ich muss jetzt gehen …“
    John lacht bitter. „Ja, geh du nur! Aber irgendwann wirst du dich mal entscheiden müssen, ob du auf Dauer sie wählst, oder vielleicht doch auch mal mich!“
    Ich wende mich ab, will ihn jetzt nicht ansehen müssen. Den Schmerz, den ich in seiner Stimme höre, nicht auch noch in seinem Gesicht sehen müssen. Zwischen uns breitet sich ein Schweigen aus, eine Kälte, die mir beinah körperliche Schmerzen bereitet.
    Als ich die Tür schon fast hinter mir geschlossen habe, setzt er noch einmal zum Sprechen an. „Du wirst nicht einmal versuchen, ihnen zu sagen, dass du nicht kannst, stimmt’s?“
    Ich erwidere nichts auf diese Frage. Ich kann einfach nicht.
    „Bis übermorgen“, flüstere ich heiser und schließe dann leise die Tür hinter mir.
    All die negativen Gefühle schlucke ich in

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