Die Versuchung der Hoffnung
wieder in ein heulendes Häufchen Elend.
„Hope will dich nicht sehen, John!“, höre ich Valeries energische Stimme durch die Tür.
„Ich muss sie sprechen.“
„Sie will nicht!“ Dann scheint es so was wie ein kurzes Handgemenge zu geben und ich höre John kurz aufheulen.
„Sei froh, dass es nur dein Schienbein und nicht deine Eier waren! Glaub mir, ich würde dir gern und mit einem Lächeln in deine Kronjuwelen treten. Und wenn du noch einmal versuchst, dich an mir vorbeizudrängen, rufe ich die Bullen.“
„Ach Scheiße. Val …“ John klingt jetzt so verzweifelt, dass ich am liebsten zu ihm laufen würde. „Ich … Ach verdammt. Sag mir wenigstens, ob es ihr gut geht!“
„Was glaubst du denn, John? Sie hat gestern ihren Ehemann mit einer anderen erwischt. Übrigens war es nicht nur irgendeine andere, sondern ihre Erzfeindin, wenn du so willst. Und es geht ihr beschissen.“
Nachdem sich die Haustür geschlossen hat, kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich nehme meine schmerzende Hand von meinem Mund weg und bemerke erst jetzt, dass ich mir die Fingerknöchel blutig gebissen habe. Hemmungslos fange ich an zu weinen und werfe mich voller Verzweiflung und Schmerz in Vals Arme, als sie in mein Zimmer kommt.
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Nachdem Valerie ihn an der Tür abgewimmelt hat, bleibt John eine Weile unschlüssig vor Hopes Elternhaus stehen. Selbst durch die geschlossenen Fenster hindurch kann er sie jetzt weinen hören, verzweifelt, voller Trauer und Schmerz.
Als er ihr haltloses Schluchzen hört, wird ihm auf einmal klar, dass er größeren Mist gebaut hat, als er bis jetzt realisiert hat. Viel größeren. So großen Mist, dass er sich nicht sicher ist, ob er das je wieder wird in Ordnung bringen können.
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Kapitel 28
Die nächsten Tage verbringe ich wie in Trance.
Ich mag nichts essen und ich kann nicht schlafen. Vermutlich müsste ich traurig sein, aber ich fühle nichts außer einem dumpfen Gefühl von … Emotionslosigkeit. Auch wenn man die objektiv gesehen natürlich gar nicht fühlen kann.
Meine Mutter verhält sich zum ersten Mal, seit ich älter als vierzehn bin, so, wie ich es mir von ihr wünsche. Sie ist da, aber sie sagt nichts. Sie hält mich fest, wenn ich wieder mal einen Heulkrampf bekomme, sie versucht mich zaghaft zum Essen zu überreden, aber ansonsten sagt sie nichts. Macht mir keine Vorwürfe, stellt keine neugierigen Fragen. Mike scheint sie wohl in groben Zügen darüber informiert zu haben, was passiert ist und ich rechne es ihr hoch an, dass sie jetzt nicht alles noch schlimmer oder mir gar Vorwürfe macht. Und mein Vater, der ist eben mein Vater und hört brav auf das, was meine Mutter ihm sagt.
Zum ersten Mal seit Jahren weiß ich tatsächlich zu schätzen, eine Familie zu haben, bei der man sich verkriechen kann, wenn es einem nicht gut geht.
John kommt mehrfach vorbei, aber irgendwer wimmelt ihn immer für mich ab. Mein Handy habe ich einfach abgeschaltet. Ich will nicht mit ihm reden. Ich will einfach nicht.
Valerie kommt mich jeden Tag besuchen, sitzt einfach bei mir und sieht mit mir fern oder erzählt mir lauter Belanglosigkeiten, um mich auf andere Gedanken zu bringen.
Als sie heute in mein Zimmer kommt, hat sie eine strenge Miene aufgesetzt.
„So geht das nicht weiter, Hope. Du kannst dich nicht für den Rest deines Lebens in deinem Zimmer vergraben!“
„Solange meine Eltern mich nicht rauswerfen, sehe ich nicht, wo da das Problem liegen sollte. Du siehst doch, dass ich es kann“, brumme ich, während ich mir die Decke fast bis über den Kopf ziehe und ihr den Rücken zudrehe.
„Mir ist das jetzt zu doof, Hope. Du wirst jetzt aufstehen und eine heiße Dusche nehmen. Du fängst nämlich langsam, aber sicher an zu müffeln. Dann ziehst du dir etwas an, das keine Ähnlichkeit mit einem Schlafanzug hat. Und danach wirst du rausgehen und mit John reden. Er steht nämlich schon wieder mit seinem Auto vor der Haustür und wartet darauf, dass du rauskommt, um mit ihm zu sprechen.“
Entsetzt richte ich mich in meinem Bett auf.
„Das werde ich ganz bestimmt nicht tun!“ Ich versuche mich an meiner Bettdecke festzuhalten, aber Valerie ist schneller und zieht sie mir erbarmungslos weg.
Verräterisches Miststück von einer besten Freundin!
„Oh doch, du wirst. Und wenn ich dich eigenhändig unter die Dusche und anschließend auf die Straße zerren muss!“ Sie stemmt die Hände in die Hüften und ich stehe langsam auf, weil ich mir ziemlich sicher
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