Die Versuchung
zum Wagen ging, fiel ihr Charlies erste Reaktion ein. Konnte sie Riggs tatsächlich vertrauen?
Sie setzte sich ans Steuer des Honda. Sie hatte den Motor laufen lassen, weil sie keinen Schlüssel besaß und nicht über Riggs’ Fähigkeiten verfügte, die Zündung kurzzuschließen. Sie wollte gerade den Gang einlegen, als sie innehielt. Es war der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, aber plötzlich überkamen LuAnn so heftige Zweifel, daß die Hand ihr den Dienst verweigerte.
KAPITEL 51
Riggs ging langsam die Neunte Straße hinunter und gab sich den Anschein, als hätte er alle Zeit der Welt. Eine eiskalte Bö traf ihn. Er blieb stehen, zog vorsichtig den verletzten Arm aus der Schlinge und steckte ihn in den Mantelärmel. Dann knöpfte er den Mantel zu. Als der bitterkalte Wind weiterhin die Straße hinunterwehte, schlug er den Mantelkragen hoch und setzte eine Strickmütze mit dem weithin sichtbaren Abzeichen der Washington Redskins auf. Er zog die Mütze so tief ins Gesicht, daß nur der untere Teil seiner Wangen zu sehen waren, die der kalte Wind rot färbte. Dann betrat er ein Lebensmittelgeschäft an einer Straßenecke.
Die beiden Agententeams, die ihn beschatteten – eines zu Fuß, das andere in einem grauen Ford –, bezogen schnell Position. Ein Team behielt den Eingang des Ladens im Auge, das andere wartete am Hinterausgang. Die Männer wußten, daß Riggs ein erfahrener verdeckter Ermittler war, und wollten kein Risiko eingehen.
Riggs kam wieder aus dem Laden hervor, eine Zeitung unter dem Arm, und schlenderte ein Stück die Straße hinunter; dann winkte er ein Taxi heran. Rasch stiegen die Agenten in den Ford und folgten dem Taxi.
Kaum war der Ford verschwunden, erschien der echte Matthew Riggs. Er trug jetzt eine dunkle Pelzmütze und ging schnell in die andere Richtung. Der Schlüssel zum Erfolg war die bunte, auffällige Mütze gewesen. Seine Verfolger würden sich an die burgunderroten und goldenen Farben wie an ein Leuchtfeuer halten, um ihre Zielperson nicht zu verlieren. Dabei würden sie die leichten Unterschiede nicht bemerken, was den Mantel, die Hose und die Schuhe betraf.
Am Abend zuvor hatte Riggs einen alten Freund, der ihn längst für tot gehalten hatte, um diesen Gefallen gebeten. Nun beschattete das FBI den falschen Mann und folgte ihm bis zu seiner Kanzlei in der Nähe des Weißen Hauses. Er wohnte unweit des FBI -Gebäudes, so daß es ihm nicht schwer fallen würde, den Agenten zu erklären, was er in dieser Gegend zu suchen hatte. Außerdem trugen viele Washingtoner Bürger um diese Jahreszeit Strickmützen mit dem Emblem der Redskins. Und letztendlich konnte das FBI unmöglich von der Verbindung aus längst vergangenen Zeiten zwischen beiden Männern wissen. Die Agenten würden Riggs’ Freund kurz befragen, ihren Fehler bemerken, Masters und dem Direktor den Fehlschlag melden und sich als Dank für ihre Bemühungen eine Standpauke einhandeln, die sich gewaschen hatte.
Riggs stieg in ein Taxi und nannte dem Fahrer eine Adresse. Der Wagen fuhr los. Riggs war froh, das Täuschungsmanöver hinter sich zu haben, und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Zwar waren er und LuAnn noch lange nicht aus dem Schneider, doch es war ein gutes Gefühl zu wissen, daß er noch etwas draufhatte, zumindest ein bißchen. Als das Taxi vor einer roten Ampel hielt, schlug Riggs die Zeitung auf, die er im Laden gekauft hatte.
Von der Titelseite starrten ihn die Fotos zweier Gesichter an. Die eine Person kannte Riggs, die andere war ihm fremd. Er überflog den Artikel, betrachtete dann wieder die Fotos. Thomas Donovan sah verschlafen aus. Der Presseausweis baumelte um seinen Hals, und aus seiner Hemdtasche ragten Stift und Notizbuch hervor. Er sah aus, als wäre er soeben aus einem Flugzeug gestiegen, das ihn nach anstrengenden Recherchen über ein bedeutsames Ereignis vom anderen Ende der Welt nach Hause gebracht hatte.
Die Frau auf dem anderen Foto hätte keinen größeren Gegensatz zum leicht ramponierten Aussehen des Journalisten bilden können. Sie trug ein elegantes Kleid, und das Make-up und die Frisur waren makellos; offensichtlich das Werk eines Starfriseurs. Der Hintergrund des Bildes wirkte in seinem überschwenglichen Luxus beinahe surreal: Eine Wohltätigkeitsveranstaltung, auf der die Reichen und Prominenten sich versammelt hatten, um Geld für die weniger Glücklichen zu sammeln.
Roberta Reynolds nahm schon lange an derartigen Veranstaltungen teil. Der Verfasser des Artikels drückte
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