Die Versuchung
Dunkelheit. Erneut breitete sich Erstaunen auf ihrem Gesicht aus. »Aber wie haben Sie das geschafft?«
»Dauernd fragen mich die Leute: Wie haben Sie das geschafft?« Jackson schaute amüsiert drein und sagte mit gedämpfter Stimme: »Mir ist praktisch nichts unmöglich, LuAnn. Das müßten Sie inzwischen doch wissen. Macht es Ihnen angst? Nein? Sollte es aber. Sogar mir selbst macht es manchmal angst.«
»Der Mann hat gesagt, daß jemand ihn zum Wohnwagen geschickt hat, um mich zu töten.«
»Ach?«
»Aber dann wurde der Auftrag zurückgezogen.«
»Wie seltsam.«
»Und dann habe ich nachgedacht. Der Mann wurde gleich nach meinem Anruf bei Ihnen zurückgepfiffen.«
»Das Leben ist voller Zufälle, nicht wahr?« sagte Jackson spöttisch.
LuAnns Züge wurden entschlossen. »Wenn jemand mich beißt, beiße ich zurück, und zwar kräftig. Nur damit wir uns verstehen, Mr. Jackson.«
»Ich glaube, wir verstehen uns genau, LuAnn.« Sie hörte Papier in der Dunkelheit rascheln. »Aber was Sie mir da erzählt haben, macht die Sache leider ein wenig komplizierter. Als Sie Ihren Namen ändern wollten, dachte ich, wir könnten alles auf legale Weise über die Bühne bringen.«
»Was meinen Sie damit?«
»Steuern, LuAnn. Das leidige Thema Steuern.«
»Aber ich dachte, ich kann das ganze Geld behalten. Die Regierung kommt nicht heran. So steht es immer in den Anzeigen.«
»Das ist nicht ganz zutreffend, LuAnn. Diese Anzeigen sind irreführend. Seltsam, daß der Regierung eine solche Täuschung erlaubt ist. Das Kapital ist nicht steuerfrei. Die Steuer ist nur aufgeschoben – und auch nur für das erste Jahr.«
»Du lieber Himmel. Was soll das heißen?«
»Das heißt, daß der Gewinner im ersten Jahr keine Steuern zahlt. Die Steuersumme wird lediglich ins nächste Jahr geschoben. Die fällige Steuer ist dann genauso zu zahlen, nur der Zeitpunkt ist geändert. Selbstverständlich werden keine Geldbußen oder Zinsen berechnet, solange die Zahlung während des nächsten Steuerjahres pünktlich eingeht. Das Gesetz besagt, daß die Steuer binnen zehn Jahren in gleichen Raten bezahlt werden muß. Bei einhundert Millionen Dollar, zum Beispiel, schulden Sie Vater Staat etwa fünfzig Millionen Dollar Steuergelder, also die Hälfte der Gesamtsumme. Daß Sie jetzt in der höchsten Steuerklasse sind, dürfte Ihnen wohl klar sein. Auf zehn Jahre verteilt beträgt die jährliche Steuerschuld fünf Millionen. Steuerpflichtig sind ferner alle Gelder aus etwaigen Zinserträgen, ohne Abschreibung und ohne Ausnahme.
Und noch etwas, LuAnn. Ich habe Pläne, was das Kapital angeht. Ziemlich große Pläne. Sie werden in den kommenden Jahren noch viel mehr Geld verdienen – doch jeder Cent wird steuerpflichtig sein. Das gilt auch für Dividenden, Kapitalerträge, Zinserträge aus Staatsanleihen und so weiter und so fort. Normalerweise ist das für gesetzestreue Bürger kein Problem, sofern sie nicht auf der Flucht vor der Polizei sind oder unter angenommenem Namen ihre Steuererklärungen abgeben. Diese Leute bezahlen ihre Steuern und leben trotzdem aus dem Vollen. Sie, LuAnn, können das nicht mehr. Wenn meine Mitarbeiter Ihre Steuererklärung unter dem Namen LuAnn Tyler mit Ihrer derzeitigen Adresse und anderen persönlichen Daten einreichen, würde die Polizei bestimmt gleich an Ihre Tür klopfen, nicht wahr?«
»Ja … aber kann ich die Steuer nicht unter meinem neuen Namen bezahlen?«
»Im Prinzip eine brillante Lösung, aber die Steuerbehörde pflegt ziemlich neugierig zu sein, wenn jemand, der gerade erst zwanzig ist, seine erste Steuererklärung gleich mit so vielen Nullen abgibt. Bestimmt würde man sich fragen, was Sie vorher gemacht haben und weshalb Sie plötzlich reicher als Rockefeller sind. Wieder würde es mit der Polizei enden – das heißt, wahrscheinlich würde das FBI an Ihre Tür klopfen. Nein, so geht das nicht.«
»Und was tun wir?«
Als Jackson weitersprach, erschauerte LuAnn bei seinem Tonfall und schloß unwillkürlich Lisa fest in die Arme.
»Sie werden genau das tun, was ich Ihnen sage, LuAnn. Sie haben ein Ticket für eine Maschine, die Sie außer Landes bringt. Sie werden niemals in die Vereinigten Staaten zurückkehren. Diese kleine Schweinerei in Georgia hat Ihnen ein unstetes Leben in der Fremde beschert. Für immer, fürchte ich.«
»Aber …«
»Es gibt kein Aber, LuAnn. Es wird so gemacht, wie ich es gesagt habe, verstanden?«
LuAnn setzte sich aufrecht. »Ich habe jetzt genug Geld, um auch
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