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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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beruhigen, als der Tritone zu sprechen begann. Seine Worte klangen fremd, und doch verstand Mythor auf Anhieb jedes von ihnen.
    »Ich bin Learges«, sprach das Wesen. »Und du solltest etwas freundlicher zu mir sein, Frau.«
    Als Mythor noch darüber rätselte, ob dies eine Drohung an Dorgeles Adresse war, redete Learges schon weiter. Mit der Rechten stieß er Gerrek kameradschaftlich vor die Brust.
    »Ich hörte dein Flötenspiel schon, als wir euch aus der toten Lumenia befreiten. Oh, du bist ein Meister des Spieles! Fahre fort! Meine Ohren…«
    »… müssen nicht ganz in Ordnung sein«, mischte sich Kalisse ein. »Du willst doch nicht sagen, daß dir das eben gefallen hat?«
    »Es war wunderschön!«
    Gerrek starrte den Tritonen an. Er schluckte. Er tippte mit dem Zeigefinger der freien Hand auf die Flöte, dann auf sich.
    »Schön?« fragte er.
    »Wunderschön.«
    Mythor wußte nicht, was er von allem zu halten hatte. Die erste Begegnung mit einem Tritonen hatte er sich wahrhaftig anders vorgestellt, dramatischer. Er hatte ein Geschöpf zu sehen erwartet, das kam, um seine Forderungen zu stellen, das die Menschen von oben herab behandelte, stolz und forsch.
    Statt dessen tauchte nun dieser Learges auf, wie er sich nannte. Verwirrt wandte Mythor sich an Dorgele, die schon wieder anklagend die Hand hob.
    »Warte«, flüsterte er ihr zu. Er drängte sich an ihre Seite.
    »Laß ihn. Wenn er die Wahrheit sagt, hat er mitgeholfen, uns aus der Lumenia zu retten. Wer ist er, Dorgele? Warum nennst du ihn einen Niederen?«
    »Er ist es nicht wert, daß wir auch nur ein Wort mit ihm reden!« zischte die Verfemte. »Sie ihn dir an, wie schwächlich er ist!«
    »Dann ist er nicht wie die anderen?«
    »Sicher hat er Menschenblut in den Adern! Es kommt vor, daß sich Menschen und Tritonen paaren!« Sie winkte ab. »Sein Name ist Learges. Das heißt, daß er der untersten Kaste angehört, dem Ersten Kreis. Er kann weder Entscheidungen treffen noch Weisungen erteilen. Du siehst, was ihn hierherlockte! Und es ist nicht gut, ihn im Tempel zu dulden. Wir beschwören den Zorn der Meermutter herauf!«
    Sie mußte laut sprechen, denn Gerrek gab eine Sondervorstellung für Learges, bis Scida die Geduld verlor und ihm die Flöte aus dem Drachenmaul riß.
    »Nein!« rief Learges. »Gib sie ihm zurück! Oder… kannst auch du wie er…?«
    Weiter kam er nicht. Das Wasser spritzte aus der Öffnung, und abermals hob sich daraus der Körper eines Tritonen. Dieses Geschöpf jedoch, das sich mit einem Satz über den Rand der Öffnung schwang, war größer als Learges und in Mythors Augen häßlich. Es strotzte vor Kraft. In der Rechten hielt es einen Dreizack.
    Scida riß die Schwerter aus den Scheiden. Kalisse wirbelte herum und hob die Eisenfaust. Für Augenblicke standen sich die Gefährten, Dorgele, Learges und der große Tritone gegenüber. Mythor spürte, daß der Spaß vorbei war. Von dem Tritonen ging etwas aus, das ihn schaudern machte. Große, kalte Augen waren auf Learges gerichtet, dann auf Dorgele, die unter ihrem Blick zu schrumpfen schien.
    »Ertach!« brachte sie leise hervor, und Ehrfurcht und Schrecken lagen in ihrer Stimme.
    »Ertach!« stieß der Tritone grollend hervor. Learges wich vor ihm zurück, doch blitzschnell zuckten des Großen Hände vor, packten ihn, rissen ihn herum und schoben ihn auf die Bodenöffnung zu. Noch als Learges mit beiden Armen um sein Gleichgewicht ruderte, erhielt er einen mächtigen Hieb vor die Brust und klatschte ins Wasser. So schnell, daß die Augen ihm kaum folgen vermochten, tauchte er unter und ward nicht mehr gesehen.
    »Was verschwendet ihr eure Zeit mit einem wie ihm?« fuhr Ertach die Menschen an. Mit ruckhaften Bewegungen wandte er sich jedem von ihnen zu, und wie erstarrt standen die Amazonen, als seine kalten Blicke sie trafen. »Kommt eurer Pflicht nach! Erfüllt eure Aufgabe!«
    Er blickte Dorgele an, die bis zur Wand zurückgewichen war. Gerade in dem Augenblick, in dem Mythor glaubte, er müßte sich auf die Tempeldienerin stürzen und sie mit sich in die Tiefe reißen, als seine Hand schon den Griff des Gläsernen Schwertes umklammerte, sprang er ins Wasser und tauchte weg.
    Dorgele zitterte. Mythor mußte sie stützen und fragte sich, von welchem Rang dieser Ertach sein mochte, daß er sich so wild gebärdete. Er wünschte sich, der Tritone möge wieder auftauchen, auf daß er ihm eine Lektion zu erteilen vermöchte.
    Doch das Wasser blieb still. Dorgele fing sich, richtete

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