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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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zwischen den Ausgeburten der Finsternis und den Tritonen entbrannte.

5.
    Tertish waren die Hände gebunden.
    Sie hatte Guduns und Gormas Nachricht erhalten, daß sie mit den an Land gegangenen Amazonen und Sosona zur Insel Ngore rudern wollten, wo sich eine Opferstätte der Göttin Anemona befinden sollte. Dort hofften sie, eine Spur von Zaem und Burra zu finden. Sie, Tertish, war gehalten, bis zum Abend zu warten und dann zu entscheiden, ob sie ihnen mit der Sturmbrecher zu Hilfe kommen sollte.
    Tertish murmelte eine Verwünschung und warf den Kopf in den Nacken.
    Gudun, Gorma und die anderen waren nicht bis zum Abend zurückgekehrt. Silberne Wolkenfetzen standen am Himmel. Es war schon Nacht, und die Flut würde bald ihren Höhepunkt erreicht haben.
    Ob die Gefährtinnen in Gefahr waren, ob sie etwas gefunden hatten und ob etwas sie daran hinderte, zum Schiff zurückzukommen, das vermochte Tertish nicht zu sagen.
    Was sie wußte, war, daß die Sturmbrecher die Bucht vor der Stadt Loma nicht würde verlassen können, ehe nicht die Entersegler abzogen.
    Sie kreisten in niedriger Höhe über dem Schiff, flogen ab und an Scheinangriffe oder tauchten ins Wasser ein. Jedoch hielten sie sich zurück. Es schien nicht ihre Absicht zu sein, die Sturmbrecher zu zerstören.
    Und sie könnten es! Eine einzige der riesigen Kreaturen war dazu imstande, und es gab keine Gegenwehr gegen sie.
    Manchmal glaubte Tertish fast, daß sie von einer Macht gelenkt wurden, deren Sinne verwirrt waren. Nur eines war klar erkennbar: Sie bewachten die Bucht und die Sturmbrecher. Ein Versuch, auszulaufen, hatte fast zur Katastrophe geführt.
    Es war zwecklos, ein Boot zu Wasser zu lassen, und noch sinnloser, mit den Ballonen einen Ausbruch zu versuchen. Sie würden keine fünfzig Schritt in die Höhe gestiegen sein, bevor sie zerfetzt waren von den Peitschenschwingen der Ungetüme.
    Tertish war keine, die lange zauderte, wenn es galt, Wege zu finden, auch schier ausweglos erscheinende Situationen zu meistern. Doch sie trug die Verantwortung für ihre Kriegerinnen. Alles in ihr schrie nach Handeln, und nur mit äußerster Willenskraft gelang es ihr, den Wunsch zu unterdrücken, sich in die Fluten zu stürzen und schwimmend, mit wenigen Gefährtinnen, den Enterseglern zu entfliehen.
    Sie mußte warten, bis sie fort waren. In welcher Gefahr Zaem und Burra und nun möglicherweise Gudun, Gorma und Sosona auch schwebten – Tote vermochten ihnen nicht zu helfen.
    Eine Amazone hatte gelernt, wann es Zeit war zum Kampf. Noch war es nicht soweit.
    Sie fluchte und kehrte in ihre Unterkunft zurück.
    Zaem! rief sie in Gedanken ihre Zaubermutter an. Gib uns ein Zeichen!
*
    Auch jene, denen Tertishs bange Gedanken galten, hatten lange Zeit darauf warten müssen, daß die Entersegler abzogen. Bis zum späten Abend waren sie über Mnora-Pas gekreist, auf die Ebene hinabgestoßen, überall zugleich gewesen. Erst dann konnten die Kriegerinnen und Sosona den Stollen verlassen.
    Sie umgingen diesmal die Erdspalten und fanden die beiden Boote dort, wo sie sie zurückgelassen hatten. Die Flut hatte sie lediglich ein Stück weiter an Land geworfen. All ihre Kraft mußten die Dienerinnen der Zaem aufbieten, um die Boote aufs Meer hinauszubringen, gegen die anrennende Flut.
    Nun, als der Mond am Himmel stand, lag Mnora-Pas weit hinter ihnen, und sie hielten bereits Ausschau nach Ngore. Von Enterseglern war weit und breit nichts zu sehen, wenngleich manchmal unheimliche Geräusche die Nacht erfüllten und die Kriegerinnen erschauern ließen.
    »Nur Yacub kann sie abgezogen haben«, sagte Sosona. »Vermutlich hat er sie alle an einer Stelle des Nassen Grabes gesammelt, dort, wo er weiteren Nachwuchs zur Welt bringt.«
    »Wir hofften, daß er sie mit sich nehmen würde, als er floh«, erinnerte sie Gorma.
    »Vielleicht wollte er ganz sichergehen«, meinte Gudun. »Er war schwächer denn je, und jene Entersegler, die er zurückließ, sollten verhindern, daß wir ihm allzubald folgen konnten.«
    »Das hat er erreicht«, sagte Gorma finster. »Die Frage ist: Wohin hat er sich gewandt?«
    »Ich glaube nicht, daß dies unsere größte Sorge sein sollte!« Sosona richtete sich auf und stand im Bug des Bootes. Ein leichter, für diese Breiten etwas zu kalter Wind griff in ihren gelben Umhang und ließ ihr Haar flattern. »Nicht, bevor wir Zaem und Burra gefunden haben!«
    Gorma nickte grimmig. Schweigend ruderten die Kriegerinnen. Keine drei Körperlängen trennten die Boote

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