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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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hervor. Sie kam ihm ganz nahe, und er mußte den Kopf zur Seite wenden, weil er ihren Blick nicht länger ertrug. »Yacubs Namen kennst du also von den… anderen Bestientötern? Beschreibe sie uns!«
    Learges erkannte bestürzt, welchen Fehler er gemacht hatte. Er begann zu zittern, als die Schwertspitze sich in seine Haut drückte, direkt unter dem kurzen Hals. Er hatte sie doch nicht verraten wollen! Nicht seine neuen Freunde!
    »Wie sehen sie aus?« Die Amazone kannte kein Erbarmen. »Wie wir? Sind sie wie wir?«
    »Nein!« rief Learges klagend aus.
    »Ist ein Mann bei ihnen?«
    »Ich glaube… ja!«
    Damit konnte er ihnen nicht zuviel verraten, dachte er. Woher sollte er auch wissen, daß es auf der Sturmbrecher keine Männer gab?
    »Und ein Geschöpf, das aussieht wie eine zu groß geratene Ratte? Einer, der sich selbst einen Beuteldrachen nennt?«
    »Nein, nein!« rief Learges schnell – zu schnell –, als er an den Flötenspieler dachte.
    Gorma aber wußte genug. Nicht Tertish und einige andere hatten sich auf die Suche nach den zu lange Ausgebliebenen gemacht. Kein anderer als Honga hatte den Untergang der Lumenia überlebt und den Weg ins Nasse Grab gefunden!
    »Honga, die beiden Amazonen und der Mandaler!« entfuhr es Gudun. Sie lächelte grimmig. »So wird Burra am Ende doch noch seiner habhaft werden! Die Amazonen gehören uns, der Mandaler mag im Meer ersaufen! Honga aber wird Burra für alles entschädigen, das ihr hier widerfahren ist!«
    »Dazu müssen wir sie erst finden«, kam es von Sosona.
    Learges, entsetzt und verzweifelt über seinen Verrat, sah, wie die harten Gesichter der Kriegerinnen sich für ganz kurz jener anderen im gelben Umhang zuwandten, und nutzte diesen Augenblick. Er mußte die Freunde warnen!
    Learges stieß sich vom Bootsrand ab und tauchte schnell unter, doch nicht schnell genug für die Pfeile der Amazonen.
    Sirrend schnellten sie von den Sehnen und fuhren ins Wasser. Ein Dutzend mochten es sein, und einer traf sein Ziel.
    Die Kriegerinnen warteten vergeblich darauf, daß Learges wieder auftauchte, tot oder schwer verwundet.
    Wenn Blut das Wasser trübte, so sahen sie es im fahlen Mondlicht nicht. Learges blieb verschwunden.
    Zornig fuhr Gorma herum und starrte Sosona an.
    »Deine Magie hat versagt!« warf sie ihr hitzig vor. »Du vermochtest ihn weder zu halten noch zum Reden zu bringen!«
    »Aber nur«, entgegnete die Hexe gedankenversunken, »weil es eine andere, stärkere Magie gibt, dort unten in den Tiefen des Nassen Grabes, die die Tritonen schützt.«
    Etwas in ihrer Stimme ließ Gorma schaudern. Wieder sah sie die düsteren Bilder vor ihrem geistigen Auge, die Sosona gemalt hatte von einem einst mächtigen Reich Singara, das im Meer versunken war zur Strafe für alle Frevel, die seine Bewohner begangen hatten.
    »Es ist versunken«, murmelte Sosona, als hätten sich ihr Gormas Gedanken offenbart, »doch lebt etwas von der Macht in den Tiefen weiter, welche Singara einst gelenkt und ins Verderben gestürzt hat.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken.
    »Sucht nicht länger nach dem Tritonen! Vergeßt auch Honga und seine Begleiter, bis wir unser wichtigstes Ziel erreicht haben! Nach Ngore! Geht wieder an die Ruder!«
    Fluchend gehorchte Gorma. Die Gefährtinnen folgten ihrem Beispiel, und bald sahen sie die südlichste Insel des Nassen Grabes in der Ferne vor sich.
    Sie sahen nicht das Eiland selbst, sondern nur eine mächtige Wolke, die im Mondschein silbrigweiß leuchtete. Sie bewegte sich nicht, und hinter ihr verborgen konnte nur Ngore liegen.
    Es war ein unheimlicher Anblick, einer, der dunkle Ahnungen heraufbeschwor. Die Amazonen spürten es, daß sie sich dem Ende ihres Irrwegs näherten, daß hinter dieser Wolke eine Entscheidung fallen würde.
    Es war, als hätten die Mächte der Finsternis oder der Tiefe die Wolke erschaffen, um durch sie zu verbergen, was keines Fremden Auge schauen durfte.
    Unheimlich war auch die plötzlich eingetretene Stille. Der Regen hatte aufgehört. Die Wolken am Himmel hatten sich weiter verzogen. Silbrig schien der Mond, und in silbriges Licht waren die zerfetzten Wolkenränder getaucht.
    Das Nasse Grab lag friedlich wie sonst nie. Doch alle, die in den Booten saßen, spürten das Trügerische dieser Stille.
    »Rudert!« rief Sosona, und ihre Stimme war wie der Schrei eines Vogels in einsamer Nacht.

6.
    Immer tiefer ging es hinab. Immer schrecklicher wurde das Schreien der Menschen, das Heulen und Kreischen der Dämonenbrut. Nur

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