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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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könnt?« rief sie anklagend aus. »Daß ihr nicht wißt, daß auch ihr nun Verlorene seid! Warum habt ihr uns nicht hier sterben lassen? Es wäre ein gnädigerer Tod gewesen als der, der uns von den Tritonen bestimmt ist!«
*
    Bestürzt blickten die Gefährten sich an. Gerrek schüttelte sich und begab sich in die Nähe des Ausgangs. Unwillkürlich sah Mythor sich um. Auch dieses Gewölbe hatte keinerlei Einrichtung. Die Wände waren glattgehauen wie aus rohem Fels. An einer Stelle glaubte er die Umrisse einer Felstür zu sehen, wie auch schon unter der Tempelruine.
    Er ging davon aus, daß sie sich auf der Höhe der Versunkenen Stadt befanden, auf dem Meeresboden – im Reich der Meermutter und der Anemona.
    »Ihr sollt ihr geopfert werden?« fragte er schnell. »Der Göttin?«
    Sie nickte finster. Andere schoben sich nun an ihre Seite vor. Mythor sah keine Dankbarkeit in ihren verschmutzten Gesichtern. Wenn das stimmte, was die Ausgestoßene ihm sagte, konnte er das auch nicht erwarten. Aber eine gewisse Hoffnung sah er, Hoffnung von Menschen, die alle Brücken hinter sich abgebrochen wußten.
    »Nur das Auftauchen der Entersegler bewahrte uns bislang davor, der Bestien und eines noch furchtbareren Ungeheuers, das diese Stätten heimsuchte und die Tritonen in Angst und Schrecken versetzten.«
    »Yacub«, murmelte Scida.
    »Das mag sein Name sein«, sagte die Verfemte tonlos. »Er ist verschwunden, doch draußen zwischen den Ruinen der versunkenen Stadt wüteten die Entersegler. Auch sie konnten vertrieben oder getötet werden. Als dann die Tritonen erschienen, um uns zu holen, drangen aus dem Schacht die Bestien ein. Wieder zogen die Tritonen sich zurück und riefen uns zu, daß sie wiederkommen würden, wenn auch diese Gefahr gebannt war. Sie oder die Meermutter errichteten einen magischen Schutzwall zwischen den Bestien und uns, doch bald zeigte sich, daß er schwächer wurde. Als er die Bestien nicht länger zurückhalten konnte, da kamt ihr.«
    »Und wir werden euch hier herausbringen«, knurrte Mythor. Er wies auf den Gang. »Durch den Turm.«
    Die Ausgestoßene lachte rauh.
    »Welche Narren seid ihr, daß ihr glaubt, die Inselbewohner würden euch wieder ans Licht der Welt lassen! Wer einmal in die Gehege gebracht wurde, hat sein Leben verwirkt.«
    »Sie brauchen uns noch«, sagte Mythor. »Allein deshalb werden sie den Schachtdeckel wieder öffnen. Aber dann… haben sie euch hierhergebracht? Die Inselbewohner haben euch in den Turm gestoßen, ihresgleichen?«
    Sie nickte verbittert.
    »Aber warum?« Mythor sah nur Verfemte, die bereits grünliche Haut hatten, und andere, Schiffbrüchige vielleicht, aber doch Bewohner des Nassen Grabes.
    Er erhielt keine Antwort.
    »Weil die Anemona nach Opfern schreit«, sagte Kalisse für die Ausgestoßene. »Was Learges und die Verbannten ein Gehege nennen, ist nichts anderes als ein Unterwasserpferch, Honga, in den Menschen gesperrt werden, bis die Tritonen sie holen und opfern! Dies ist die bittere Wahrheit! Und wir wurden dazu mißbraucht, das Gehege von Yacubs Brut zu säubern, damit sie sich ihre Opfer holen können. Wir sollten verhindern, daß diese Menschen von den Bestien zerrissen wurden, auf daß die Anemona bekommt, wonach sie verlangt!«
    Mythor wußte, daß es so war, und wieder ergriff ihn ein Zorn, der ihn vor sich selbst erschrecken ließ.
    »Es wird nicht dazu kommen!« stieß er heftig hervor. »Ihr bleibt beieinander und folgt uns zum Stollen!«
    Es war zu spät. Er sah es in den Augen der Frau, deren Blick sich in Entsetzen auf etwas in seinem Rücken richtete. Gleichzeitig hörte er den Aufschrei aus vielen Kehlen und ein Mahlen wie von schwerem Stein auf Stein.
    Er wirbelte herum. Alton leuchtete in seiner Rechten.
    Die Felstür, deren Umrisse er gesehen hatte, war aufgestoßen worden. Mehrere mit Dreizacken und Sägezahnschwertern bewaffnete Tritonen drangen durch sie ein.
    Sie voneinander zu unterscheiden, war etwa so, als wollte Mythor einen Fisch unter anderen herausfinden. Doch zweifelte er keinen Augenblick daran, daß jener, der an der Spitze der Meerbewohner stand und nun fünf, sechs von ihnen zum Ausgang schickte, Ertach war.
    Blitzschnell verständigte er sich durch Blicke mit den Amazonen und Gerrek.
    Mit erhobenem Schwert trat er Ertach entgegen.
    »Geh aus dem Weg, Mensch!« grollte die Stimme des Tritonen durch das Gewölbe. »Ihr habt eure Aufgabe erfüllt und könnt an die Oberwelt zurückkehren, wo weitere Aufgaben eurer harren!

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