Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
daran gelassen, dass sieso unverhohlen zur Schau gestellte Zuneigung als unter ihrer und Colonel Lord Pomfreys Würde empfindet.«
Sir Robert schüttelte den Kopf. »Ach Ginny. Und du hast ihr das auch noch abgenommen?«
»Natürlich. Warum denn nicht? Sie ist eine äußerst beherrschte und zurückhaltende Lady.«
Sie konnte Sir Roberts Lächeln nicht deuten. »Sie ist eine Lady, die sich die Haare rot färbt«, sagte er.
»Das habe ich auch gemacht«, gab Ginesse zu bedenken, auch wenn sie sich nicht sicher war, inwiefern das etwas mit Miss Whimpelhalls Charakter zu tun hatte.
»Genau.«
Sie wusste nicht recht, ob sie diesen rätselhaften Kommentar als Lob oder als Kritik verstehen sollte, und beschloss, ihn deshalb lieber zu ignorieren.
»Aber genug von Haji und Miss Whimpelhall und Colonel Lord Pomfrey«, entschied Sir Robert. »Wir sind jetzt weit genug von jedem offenen Fenster entfernt, dass wir endlich zum Punkt kommen können. Was geht da wirklich vor?«
»Was meinst du?«
»Zwischen dir und Tynesborough.«
Tynesborough?
Sie war verwirrt, bis sie begriff, dass ihr Urgroßvater James Owens gemeint haben musste. Da er ihn nie als, na ja, als Jim gekannt hatte, verwendete Sir Robert verständlicherweise seinen Nachnamen.
Ginesse zögerte. Sie war nicht sicher, ob ihr Geheimnis zu der Sorte gehörte, die man mit seinem Urgroßvater teilte. Andererseits fiel ihr jedoch niemand sonst ein, dessen Urteil sie mehr vertraute. Ihre Eltern standen ihr zu nahe, sie liebten sie zu sehr und waren zu geschickt darin, immer zu Ginesses Gunsten zu argumentieren. Merkwürdigerweise tendierten ihre Brüder da immer genau zum Gegenteil.
»Ich weiß nicht, was du damit meinst«, sagte sie endlich, obwohl ihr bewusst war, was für eine armselige Ausrede das war.
»Dieser junge Mann«, stellte Sir Robert entschieden fest, »ist in dich verliebt. Was hast du also vor?«
Ihr sank das Herz und sie seufzte schwer. Bis jetzt war ihr nicht einmal bewusst gewesen, wie sehr sie auf die Meinung ihres Urgroßvaters gezählt hatte. Doch welchen Wert hatte das noch, wenn er die Situation so grundlegend missverstanden hatte. Er war doch immer so scharfsichtig gewesen. Nun ja, vermutlich holte ihn das Alter nun doch allmählich ein.
»Da täuschst du dich, Urgroßvater. Mr Owens liebt mich nicht«, erklärte sie und fügte dann der Vollständigkeit halber noch hinzu: »Auch wenn er um meine Hand angehalten hat. Zweimal.«
»Ach wirklich?«, fragte Sir Robert und seine Augen weiteten sich interessiert.
»Ja, aber das hatte nichts mit Liebe zu tun.«
»Tatsächlich? Und woher weißt du das so genau?«
»Weil er bei keinem seiner Anträge Zuneigung als Grund genannt hat, warum er mich heiraten wollte. Genau genommen hat er überhaupt keine Gefühlsregung gezeigt und von Liebe hat er schon gar nicht gesprochen. Und als ColonelLord Pomfrey diese ...« Sie verstummte. Sie konnte Pomfreys grausame Beleidigungen nicht wiederholen, es würde ihren Urgroßvater nur zu überstürzten Handlungen verleiten. Doch dass Jim sie nicht verteidigt hatte, schmerzte genauso, wie seine Pflichtanträge.
»Was, Liebes?«, hakte Sir Robert nach.
»Gar nichts«, wich sie aus. »Er hat Mr Owens’ Antrag auch nicht gerade in ein besseres Licht gerückt.«
»Warum sollte er auch?«, fragte Sir Robert verwirrt. »Komm schon, Ginesse, du bist zugegebenermaßen nicht gerade das sachlichste Mitglied dieser Familie, aber als Schwester von fünf Brüdern muss doch sogar dir klar sein, dass Männer – und besonders Männer wie Mr Owens – nicht gerade geschickt darin sind, zu zeigen, was in ihrem Herz vorgeht.«
»Mr Owens hat gleich mehrere wohlüberlegte Erklärungen dafür abgeliefert, warum er mich heiraten möchte, und keine einzige davon hatte irgendetwas damit zu tun, was da in seinem Herzen vorgeht oder – in diesem Fall – eben
nicht
vorgeht.«
»Und was für Erklärungen waren das?«
Zu ihrem Entsetzen fühlte Ginesse, wie ihre Wangen heiß wurden, und sie betete, dass ihr Urgroßvater es in der Dunkelheit nicht bemerken würde. Leider hatte Sir Robert aber Augen wie eine Eule.
»Oh«, entfuhr es ihm und auch er errötete. »Ich verstehe.« Er räusperte sich. »Mr Owens glaubt, da du eine so lange Zeit unbeaufsichtigt in seiner Begleitung verbracht hast, wäre dein guter Ruf in Gefahr.«
Gott segne ihn. »Genau«, bestätigte sie erleichtert. »Genau das ist es.«
»Und du bist dir absolut sicher, dass nur sein ritterliches
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