Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
jenen, die sie liebte, solchen Kummer machen und das sagte sie Magi, während sie über den Paradeplatz spazierten.
Ob Magi ihr das wirklich abnahm, war allerdings eine andere Sache.
»Was für ein herrliches Tier!«, rief Magi, als sie sich einem eingezäunten Rund vor den Stallungen näherten.
Am Zaun hatte sich bereits eine kleine Gruppe Männer versammelt, darunter auch Lord Tynesborough, um dabei zuzusehen, wie Jims grauer Hengst von einem ängstlich wirkenden Jungen aus dem Stall geführt wurde. DerGraue stampfte mit den Hufen und trat und schnappte immer wieder nach dem armen Stallknecht, der schwer damit beschäftigt war, diesen Scheinangriffen auszuweichen.
»Miss Braxton, Miss Elkamal«, rief Lord Tynesborough ihnen zu. »Was für ein schöner Morgen für eine erstklassige Vorführung.«
»Was könnte es wohl geben?«, fragte Magi.
»Der Stallmeister hat erklärt, Jims Pferd sei unkontrollierbar, und wenn Jim ihm nicht das Gegenteil beweisen kann, muss er ihn sofort von hier wegbringen. Jim ist ein hervorragender Pferdekenner«, erklärte Lord Tynesborough bewundernd. »Er hat diese Kunst von den Komantschen gelernt, die auf der Farm seines Großvaters als Cowboys gearbeitet haben.«
»Das klingt überaus interessant«, entgegnete Magi.
»Aber ich fürchte, ich muss mich jetzt darum kümmern, dass Sir Robert seinen morgendlichen Kräutertee bekommt. Bis später, Ginesse.« Sie neigte leicht den Kopf und entfernte sich gerade in dem Moment, als Jim aus dem Stall trat.
Er sah einfach umwerfend aus mit seinem zerzausten, goldenen Haar, den hochgerollten Hemdsärmeln, die seine muskulösen, gebräunten Unterarme zeigten, und dem offenen Kragen. Er sah zu der Menschentraube hinüber und runzelte die Stirn – offenbar hatte ihm niemand gesagt, dass er heute für die allgemeine Unterhaltung sorgen würde –, bevor sein Blick ihren traf und sie völlig in seinen Bann schlug. Es war, als wären sie plötzlich allein. Eskam ihr vor, als könnte sie seinen Herzschlag hören und den warmen Hauch seines Atems fühlen, obwohl eine solche Kälte in seinen Augen lag, dass die Luft zwischen ihnen zu Eis zu erstarren schien.
»Sie werden besser sehen können, wenn Sie sich auf die oberste Zaunlatte setzen«, schlug Lord Tynesborough, der sich der Spannung überhaupt nicht bewusst war, fröhlich vor. Sie sah sich um. Ein paar der anderen Frauen waren bereits auf den Zaun geklettert und hatten sich auf die oberste Latte gesetzt. »Es besteht absolut keine Gefahr«, versicherte er. »Das Pferd geht an einer Longe.«
Wenn die anderen Ladys da oben waren, sah Ginesse nicht ein, warum sie sich nicht dazugesellen sollte. Sie ergriff Lord Tynesboroughs hilfsbereit ausgestreckte Hand und kletterte auf den Zaun.
Lord Tynesborough lächelte zu ihr hinauf und in seinem Gesicht lag eine solche Wärme, dass sie einen Moment verwirrt war, bis ihr einfiel, dass er vermutlich hoffte, sie auf ihrer Suche nach Zerzura begleiten zu dürfen.
Seine folgenden Worte bestätigen diesen Verdacht eindeutig. »Ich muss Sie um Entschuldigung bitten, Miss Braxton. Nachdem Sie Ihre Stelle bei mir gekündigt hatten, konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass ich mich Ihnen gegenüber grob und abschätzig verhalten habe. Also bin ich den Spuren Ihrer Nachforschungen gefolgt, so gut ich konnte, und bin unvermeidlich zu dem Schluss gekommen, dass Sie Recht hatten. Dass da draußen wirklich eine Stadt darauf wartet, entdeckt zu werden.«
Sie hätte sich freuen sollen, sie hätte Genugtuung oder wenigstens einen nicht besonders edelmütigen Triumph empfinden müssen, doch alles, was sie fühlte, war eine milde Dankbarkeit.
Zum Teufel
mit Jim Owens.
»Vergeben Sie mir?«
»Ja. Natürlich«, sagte sie und hoffte, er würde endlich aufhören, sie so treuherzig anzuschauen wie ein Hundewelpe, vor dem man einen Knochen hinter dem Rücken versteckt hält. Nur das in seinem Fall natürlich Zerzura der Knochen war.
»Wie lange hat Mr Owens in Amerika gelebt?«, fragte sie auf der Suche nach einem anderen Gesprächsthema.
»Vierzehn Jahre«, antwortete er. »Zehn davon ohne eine Mutter. Soweit ich weiß, gab es in seiner Kindheit und Jugend nur sehr wenig weiblichen Einfluss. Was ihn vermutlich nicht sonderlich gut auf den Wandel in seinem Leben vorbereitet hat, als unsere Großmutter ihn nach dem Tod unseres Vaters von der Ranch seines Onkels wegholte.«
»Ich kann mir vorstellen, dass da ein ziemlich wilder Junge auf Ihrer Türschwelle
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