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Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)

Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)

Titel: Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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stand«, sagte sie und musste trotz allem lächeln bei der Vorstellung eines jungen Jims, der die biederen Dienstboten eines modrigen, alten Herrenhauses peinigte. »Ein richtiger Barbar«, fügte sie noch hinzu, den Blick auf Jim gerichtet.
    Er ließ die Longe durchhängen und wartete geduldig darauf, dass sich der Araber ihm näherte. Gelegentlich ließ er das ausgefranste Ende der Longe über den Bodenschleifen, um dem Hengst keinen Grund zu geben, bei einer plötzlichen Bewegung zu scheuen.
    »Kaum. Jedenfalls nicht im Haus«, entgegnete Tynesborough. »Allerdings hat wohl jeder in der Schule, auf die man ihn geschickt hatte, eindrücklich vorgeführt bekommen, zu was Jim fähig war, wenn man ihn provozierte. Und leider muss ich sagen, dass dort viele ganz versessen darauf waren, einen Außenseiter einzuschüchtern. Sie haben einen fremden Akzent und abweichende Manieren für Dummheit und«, sein Blick huschte zu Ginesse, »Barbarismus gehalten.«
    Röte stieg ihr in die Wangen.
    Er berührte leicht ihre Hand auf dem Zaun und sah sie verständnisvoll an. »Ich weiß, dass Sie es nicht so gemeint haben, aber es gab viele, die noch weit schlimmere Ausdrücke gewählt haben und die auch genauso dachten. Der Dung-Duke und Lord Trottel waren noch die netteren Titel, die sie ihm verpasst haben – wenn auch kaum mehr als einmal in seiner Gegenwart. Er war schon damals ein kräftiger Junge.
    Aber in Avandale Hall, in der Gegenwart unserer Großmutter, hat er sich stets umsichtig, ja sogar höfisch benommen, auch wenn dieses Wort vielleicht merkwürdig klingt. Leider hatte er jedoch auch dort kein leichtes Leben.«
    Lord Tynesboroughs Worte skizzierten das traurige Bild eines verwaisten Jungen, den man der britischen Gesellschaft zum Fraß vorgeworfen hatte. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie grausam Kinder manchmal waren. Nur allzu gut konnte sie sich die Abscheulichkeitdieser Schulhofbegegnungen vorstellen: den Spott und das Hohngelächter; die Hitze, die einem ins Gesicht stieg; diese schreckliche Machtlosigkeit; die Tränen, die einem die Kehle zuschnürten, die aber nicht fallen konnten, nicht fallen
durften
, weil die Sticheleien sich dann in Triumphgeheul verwandeln würden.
    Auch sie hatte mit schlimmen Beinamen zu kämpfen gehabt. Zum Glück waren Miss Timwell und ihre Lehrerinnen immer schnell zur Stelle gewesen, um sich die tyrannischsten unter den Schülerinnen vorzuknöpfen. Doch diese guten Damen konnten nicht überall sein und Ginesse war einfach ein passendes Opfer für Sticheleien gewesen: ein dünnes, allzu aufbrausendes Mädchen mit einer großen Nase. Doch wenigstens hatte sie Eltern und Geschwister gehabt, die sie liebten.
    Wo hatte Jim Zuflucht gesucht?
    »Sicher hat Ihre Großmutter getan, was sie konnte, um ihn vor diesen Beleidigungen zu schützen?«, fragte sie.
    Tynesborough antwortete nicht gleich. Er fühlte sich sichtlich unwohl und versuchte anscheinend, eine möglichst diplomatische Antwort zu finden. Mittlerweile hatte den Hengst die Neugierde übermannt und er näherte sich Jim vorsichtig.
    »Jim hatte absolut keine Erfahrung mit Frauen. Er zeigte ihnen gegenüber beinahe so etwas wie Ehrfurcht. Und er hatte höchste Achtung vor ihnen.« Tynesborough lächelte traurig. »Er musste lernen, dass Doppelzüngigkeit und Grausamkeit nicht nur Männern vorbehalten ist.«
    Ginesse zog die Stirn kraus, beunruhigt von dem, was Tynesborough da andeutete.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie.
    »Ich sollte das vielleicht nicht sagen, doch Ihre Beziehung zu meinem Bruder scheint mir angespannt zu sein. Ich verstehe das. Er kann sehr kühl, distanziert und ernst sein. Denn einst musste er es.«
    Ihr Blick verfinsterte sich noch weiter.
    »Unsere Großmutter war entschieden dagegen, dass ihr Sohn Jims Mutter heiratete. Es beleidigte sie, dass die Ahnentafel der Avandales verunreinigt werden sollte.«
    »Warum hat er sie denn dann doch geheiratet?«
    »Weil der alte Duke genauso dickköpfig war wie seine Frau. Avandale rutschte nach und nach in den finanziellen Ruin ab. Die Familie von Jims Mutter war zu jener Zeit enorm reich. Sie hat dieses Geld mit in die Ehe gebracht und, um die Wahrheit zu sagen, hat sie das Herzogtum damit vor dem Untergang gerettet. Außerdem hat sie dem alten Duke ein ausgedehntes Stück Land übereignet.«
    »Aber warum hat sie das getan?«
    »Wer weiß das schon? Vielleicht hat sie wirklich geglaubt, mein Vater würde sie lieben? Vielleicht gefiel auch ihrem Vater die

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