Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
Robert den Küchenmeister aufgetrieben und wie er ihn dazu gebracht hatte, sie auf ihrer »Rettungsmission« zu begleiten, war ihm ein Rätsel. Aber vielleicht doch kein so großes, räumte Haji ein, vermutlich hatte Sir Robert ihm ein Angebot gemacht, das er nicht hatte ablehnen können.
Sir Robert scheute auf dieser Reise keine Kosten. Sie saßen unter einem Zeltpavillon, dessen offene Seiten mit hauchdünnen Netzschleiern verhängt waren. Diese hielten die Insekten in Schach und wallten anmutig in der leichten Brise. Weiße Leinentücher lagen auf den Tischen, die mit in der Sonne funkelnden Kristallgläsern und Silberbesteck gedeckt waren. Unter silbernen Servierglocken ruhten die verschiedensten Speisen in Erwartung ihres Urteils, darunter auch traditionelle arabische Gerichte wie ein erfrischender Salat aus Tomaten mit Koriander und Minze, in Knoblauch, Zitronensaft und Olivenöl geschmorte Kichererbsen und gegrillte, mit Weinbeeren gefüllte Täubchen.
Dieser Luxus endete nicht etwa außerhalb des Speisepavillons. Jeden Tag errichteten zwei Dutzend Träger und Bedienstete am frühen Nachmittag eine wahre Zeltstadt, ausgestattet mit Matratzen, Kissen und gestreiften Sonnensegeln, die sich weit über Vorder- und Rückseite der Zelte erstreckten und jede noch so leichteBrise auffingen, um ihren Mittagsschlaf angenehmer zu machen. Sir Robert war sein Mittagsschlaf heilig.
Sobald die Sonne tief genug stand, packten die
Fellachen
alles wieder zusammen und sie stiegen auf ihre zänkischen Kamele, um noch drei bis vier Stunden zu reiten, bevor ihr
Reis
namens Zayed – noch ein Mann, den Sir Robert persönlich angeheuert hatte – den Tagesmarsch für beendet erklärte. Die
Fellachen
errichteten das Lager erneut, während ihr Koch eine letzte, leichte Mahlzeit zubereitete. Danach zogen sie sich in die Zelte zurück, um noch vor dem Morgengrauen mit Kaffee und Croissants geweckt zu werden. Alsdann brachen sie von Neuem auf und ritten so lange, bis Sir Robert fand, dass es zu heiß zum Weiterreisen sei.
Unnötig zu erwähnen, dass sie sich Fort Gordon nicht gerade im Eiltempo näherten.
Und das würde sich auch nicht ändern. Sir Robert hielt sich außergewöhnlich gut, doch er war immerhin
fünfundachtzig
. Trotz ihrer luxuriösen Unterkunft, exzellenten Essens und ihrer langsamen Marschgeschwindigkeit war es eine harte Reise und keiner von ihnen, besonders nicht Sir Robert, sollte an die Grenzen seiner Ausdauer stoßen.
Außer vielleicht ihr
Reis
, ein Beduine, der nur wenig Geduld für die vielen Pausen aufbrachte, die sein betagter Auftragsgeber anordnete.
Haji sah nach draußen, wo Zayed mit verschränkten Armen vor dem Zelt stand; alles an ihm strahlte Missbilligung aus. Er hatte keine Ahnung, wo Sir Robert einen Beduinen aufgetrieben hatte, der bereit war, sie zu führen. Doch Sir Robert verband eine lange Geschichte mit diesem Land und während all der Jahre hatte er sich unter den verschiedensten Bevölkerungsgruppen Respekt und Bewunderung verdient und darunter befanden sich auch einige nomadische Beduinen.
»Miss Whimpelhall?«, fragte Professor Tynesborough. »Ein wenig Rotwein vielleicht?«
»Ich glaube, lieber nicht«, lehnte sie ab.
»Es ist doch hoffentlich alles in Ordnung, meine Liebe?«, fragte Sir Robert voller Fürsorglichkeit. Die Jahre mochten vielleicht seine Durchhaltevermögen beeinträchtigt haben, nicht jedoch sein Selbstverständnis als Galan.
»Es ist nur das viele reichhaltige Essen«, gab sie zu. »Es ist mir äußerst unangenehm, doch ich würde alles für eine einfache Scheibe ungewürzten Fleisches und ein Stück Käse geben.
Kuhmilch
käse.«
»Macht Ihnen Ihr Magen wieder zu schaffen?«, fragte Magi. Sie saß direkt neben Sir Robert, von wo aus sie stets ein wachsames Auge auf ihn hatte.
»Ein wenig«, antwortete Miss Whimpelhall errötend. Noch nie hatte Haji eine Frau kennengelernt, der so schnell das Blut in die Wangen schoss. Jede noch so kleine Bemerkung über körperliches Befinden reichte schon aus, um ihr Gesicht bis unter den braunen Haaransatz leuchtend rot anlaufen zu lassen.
Haji hatte jene Miss Whimpelhall, die Ginesse Braxton zum Besten gegeben hatte, schon schlimm genug gefunden, doch die echte Miss Whimpelhall war sogar noch schlimmer. Jeden Abend erschien sie zu spät zumDinner und jedes Mal, wenn sie Magi und ihn erblickte, schossen ihre Augenbrauen in die Höhe. Sie hätte kaum deutlicher ausdrücken können, dass sie Magi und ihn eher unter den
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