Die vertauschte Braut: Historischer Liebesroman (German Edition)
pflegte.
Aber gestern Morgen war ihnen das Essen ausgegangen und sie hatten den Tag unter einem provisorischen Hitzeschutz verbracht. Auch ihre Wasservorräte gingen zur Neige. Wenn sie es morgen nicht zum Fort schafften, würde er das Pferd erschießen müssen – ein besserer Tod als qualvolles Verdursten –, um weiterziehen zu können.
»Nicht mehr weit.« Er hatte sie noch nie zuvor belogen, aber er hatte ja auch noch nie einen Grund dazu gehabt.
»Oh.«
»Brauchst du etwas Wasser?« Zum Teufel mit all der Förmlichkeit.
»Nein. Es ist nur ... Die Sonne ist so heiß. Kommt es dir nicht auch heißer vor?«
»Wir machen eine Pause.« Es war noch früh am Tag und ein letzter Rest der Nachtkühle mäßigte die Hitze bisher noch. Wenn sie die Sonne jetzt schon kaum zu ertragen fand, würde sie es in ein paar Stunden nicht mehr aushalten können.
»Nein. Je länger wir rasten, desto länger dauert es noch. Wir müssen weiter.«
Er schüttelte den Kopf. »In ein paar Minuten müsste ich dich ans Kamel binden.«
Sie schenkte ihm ein schwaches, schiefes Lächeln. »Na ja, du kannst kaum behaupten, dass dir das nicht gefallen würde.«
Gott, das Mädchen war ganz schön dreist. Dreist und schelmisch und absolut bezaubernd. Er hatte noch nie eine Frau wie sie getroffen. Und das würde er auch niemals wieder. Er würde es nicht einmal versuchen. Er würde sich mit einer Erinnerung an eine dreiwöchige Höllentour durch die Wüste zufrieden geben, die er angetreten hatte, um die einzige Frau, die er jemals geliebt hatte, zu einem anderen zu bringen. Etwas in der Art musste auch die Sünder im Hades erwarten.
Sie hatten die unausgesprochene Übereinkunft getroffen, alle persönlichen Themen zu meiden, und besonders das,was im Zelt der Tuareg geschehen war. Und jetzt hatte sie diese Abmachung gebrochen.
Er hätte es nicht anders erwarten sollen, sie spielte nie nach den Regeln.
»Mir vielleicht schon«, gab er trocken zu. »Aber dir bestimmt nicht. Wir werden einfach eine kurze Pause machen.«
»Nein. Nein ... ich bin nur so müde. Vielleicht ... wenn du mich einfach ... vor dir im Sattel halten könntest? Dann könnte ich schlafen.«
Damit wagten sie sich auf gefährliches Terrain. Trotz der sorgfältig gewählten Förmlichkeit, mit der sie ihn behandelte, und der gewissenhaften Bemühungen, ihn nicht zu berühren, konnte sie nicht verleugnen, wie sehr ihr Körper auf seinen reagierte. Nachdem er begriffen hatte, dass sie Schmerzen haben musste, hatte er sie vor sich auf das Kamel gesetzt. Er hatte bemerkt, wie sie sich für den Bruchteil einer Sekunde an ihn schmiegte, wenn er sie hochhob. Er hatte bemerkt, wie ihre Augen aufleuchteten, wenn sein Blick auf ihren Mund fiel, und wie ihr Atem stockte, wenn er ihr eine Strähne aus den Augen strich.
Genau, wie ihr auch seine Reaktion auf sie nicht verborgen geblieben sein konnte. Sie hätte schon eine Rüstung tragen müssen, um es nicht zu bemerken. Also hatte sie nach zwei Tagen erklärt, dass sie jetzt wieder problemlos alleine reiten konnte. Was sich als zweischneidiges Schwert erwiesen hatte. Er war grenzenlos erleichtert gewesen und hatte das Gefühl ihres Körpers an seinem zugleich unendlich vermisst.
»Natürlich.« Sie zügelten ihre Tiere. Er stieg ab und band den Hengst hinter dem Kamel an, dann kletterte er hinter sie in den Sattel des Kamels. Ohne jedes Zögern lehnte sie sich an ihn. Unbeholfen legte er die Arme um ihre Taille und ergriff die Zügel. Sie legte die Wange an seine Brust und schloss die Augen. Ein schwaches, ironisches Lächeln spielte um ihre aufgesprungenen Lippen. »Keine Sorge, Jim. Ich verspreche dir, ich werde die Situation nicht ausnutzen«, murmelte sie.
»Schade«, raunte er.
Er hatte die Situation einmal ausgenutzt und würde es bei der leisesten Ermutigung wieder tun. Aber sie hörte ihn schon nicht mehr, sie war bereits eingeschlafen.
K APITEL 23
»Du dachtest, du könntest dich mit diesem armen, sanften Mädchen ein bisschen vergnügen, weil sie allein und schutzlos war, nicht wahr, du teuflischer Schweinehund?«
aus dem Tagebuch von Ginesse Braxton
C olonel Lord Hilliard Pomfrey stand, vor seinen Augen einen Feldstecher, auf dem Wachturm der Garnison. »Ich glaube, auf diesem Kamel sitzen sogar
zwei
Araber, Jones.«
Der noch junge Lieutenant neben ihm vollführte einige Feineinstellungen an dem im Boden verankerten Fernglas und sah dann wieder durch die Linsen zu den Gestalten hinüber, die noch etwa eine Meile
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